Gefallenendenkmale – Totenklage, in Stein gemeißelt
„Niemand soll vergessen sein“
Gefallenendenkmale – kulturelle Zeugnisse der Kriegserinnerung – sind für historische Spurensuche und forschendes Lernen besonders geeignet. In Nordhessen wurde das thematisiert und dokumentiert.
Kriegerdenkmale gibt es in den kleinsten Orten. Ihre Formen, ihre Symbole und ihre Sprache erscheinen heute eher fremd. „Ich habe den Eindruck, die Menschen gehen da einfach dran vorbei.“ So äußert sich Dietfrid Krause-Vilmar, der gemeinsam mit Susanne Schneider als Herausgeber für ein Buch die Kriegerdenkmale im nordhessischen Kirchenkreis Wolfhagen sichtete. „Die wenigsten wissen von den Motiven, die dazu geführt haben, oder von der konzeptionellen Rahmung eines solchen Denkmals. Das ist zum Teil unzulänglich politisiert, auch unzulänglich – würde ich sagen – mit christlichen Symbolen versehen worden. Da ist sehr viel passiert, was man heute nie mehr so machen würde.“
Gottgefälligkeit des Kampfs?
Krause-Vilmar war von 1975 bis 2005 Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Kassel und ist Mitgründer der Gedenkstätte Breitenau in Guxhagen/Schwalm-Eder-Kreis. Die Historikerin Susanne Schneider arbeitet seit 2002 bei kassel university press. Als Grundlage für das Buch verwendeten beide eine Ausstellung von 2018 in Merxhausen, die Jürgen Damm erarbeitete – Ehrenvorsitzender des Landesverbands Hessen im Volksbund Deutsche Gräberfürsorge. Die Fotografien lieferte Stephan von Borstel.
Die Absicht aller in Stein gemeißelten Mitteilungen an die Nachwelt: „Keiner soll vergessen sein, der für das staatliche Gemeinwesen sein Leben gab.“ So formuliert es Dietfrid Krause-Vilmar. Doch verzerren insbesondere die Denkmale des Ersten Weltkriegs nicht auch die Geschichte durch zeitbedingte Überhöhungen und Deutungen des heldenhaften Soldaten sowie der Gottgefälligkeit des Kampfes?
Jedes Denkmal ist ein Ausdruck der Totenklage
Laut Krause-Vilmar ist eine historisch-kritische Auseinandersetzung mit den Ehrenmonumenten wichtig, die natürlich in verschiedenster Hinsicht instrumentalisiert werden konnten. Aber angesichts der Vielzahl der Gefallenen „haben wir auch immer Respekt vor diesem Denkmal, weil das ein Ausdruck der Totenklage ist“.
Auf die Friedensthematik, die verstärkt nach dem Zweiten Weltkrieg auftauche, treffe man bei den Denkmalen aus dem Ers-ten Weltkrieg selten, erklärt er. Doch seien alle diese Monumente Teil der Geschichte eines Ortes und der in ihr beheimateten Menschen. Das Herausgeberteam Krause-Vilmar und Schneider formuliert als ein Ergebnis der Arbeit:
Friedenshoffnung in den Gemeinden
„Wir sehen in den Gemeinden eine deutliche Friedenshoffnung und Friedensforderung für die Zukunft, eine umfassende Einbeziehung der zivilen Toten, eine strikte Verurteilung jeder Gewaltherrschaft im Innern und im Äußeren und die Absage jeder Form nationaler und völkischer Überhöhung.“
Buchtipp: Dietfrid Krause-Vilmar, Susanne Schneider (Hg.): Zeitzeichen. Eine Sichtung der Kriegerdenkmale im Kirchenkreis Wolfhagen; Fotografien Stephan von Borstel, Schüren Verlag, Marburg, 128 Seiten, 15 Euro
Von Evelyn Schwab