Initiative Maria 2.0 ruft zu einer Demo in Hildesheim auf
„Nur weiter so“ geht nicht!
Bischof Heiner startet in wenigen Tagen zur Vollversammlung der Bischofskonferenz nach Mainz – versehen mit Marschgepäck, Unterschriftenlisten und Reisesegen.
Über 200 Frauen und Männer haben sich in der Hildesheimer Fußgängerzone versammelt, sind dem Aufruf der Initiative Maria 2.0 und anderen katholischen Verbänden und Gruppen gefolgt. Sie wollen darauf aufmerksam machen, dass es in der katholischen Kirche bereits „fünf nach zwölf“ ist und Änderungen dringend nötig sind. Auf Transparenten und Schildern sowie in Reden machen sie ihrem Ärger Luft. Sie fordern Gleichberechtigung für Frauen in der katholischen Kirche, so wie es im Grundgesetz und in der UN-Menschenrechtskonvention verbrieft ist. „Doch seit 70 Jahren tauschen Katholikinnen und Katholiken ihr Recht auf Gleichberechtigung mit dem Zeitpunkt der Taufe gegen ihr Katholisch-Sein ein“, ruft Gitta Matthes von Maria 2.0 der Menge zu und ergänzt: „Ein schlechter Deal: Katholisch-Sein gegen Menschenrecht!“
Veränderung, im Denken, Glauben und Handeln
Theresa Wuitschick, Diözesanvorsitzende des BDKJ sagt, dass sie in der katholischen Jugend eine Glaubensheimat gefunden hat. Und sie betont, dass im BDKJ-Vorstand „junge Frauen eine wesentliche und gewollte Rolle als Entscheiderinnen und Gestalterinnen haben“. In der Institution Kirche habe sie eher das Gegenteil kennengelernt. Die 28-Jährige fordert: „Es braucht Veränderung, im Denken, im Glauben und im Handeln.“
In einer Demonstration geht es durch die Stadt zum Bischofshaus am Domhof. Dort wartet bereits Bischof Heiner Wilmer. Noch einmal werden Kritik und Forderungen postuliert. Mechthild Exner-Herforth engagiert sich ebenfalls bei Maria 2.0, sie lehnt die Reduktion der Frauen auf eine Rolle, die sie von den Weiheämtern ausschließt, und auf das althergebrachte Frauenbild, das Papst Franziskus im nachsynodalen Schreiben zur Amazonas-Synode nochmals bestätigt hat, ab. Dort heißt es: ‚Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben.‘ „Dieses völlig veraltete Frauenbild spricht hier niemanden mehr an. Ganz im Gegenteil: Es schreckt ab“, betont Exner-Herforth.
Schützenhilfe bekommen die Frauen auch von vielen Männern, darunter Winfried Wingert. „Ich bin kein Exot hier bei Maria 2.0. Bei unserer Solidaritätsaktion haben ein Drittel Männer unterschrieben.“ Der ehemalige Pastoralreferent ist enttäuscht von seiner Kirche: „Weil ich mich entschieden habe, nicht zölibatär zu leben, wurde ich zu einem Seelsorger zweiter Klasse. Und katholische Frauen können kein Amt in der Kirche ausüben aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit. Im Ergebnis beide Male: Zweitrangigkeit, Zweitklassigkeit.“ Dabei habe er im Team mit evangelischen Pastorinnen „unglaublich inspirierend erlebt“, wie bereichernd die seelsorgliche Tätigkeit im Miteinander von Frau und Mann sein kann.
Lass sie die Zeichen der Zeit erkennen
Die verschiedenen Gruppen geben Bischof Heiner gute Wünsche, ihre Bitten und Anliegen mit auf den Weg zur Bischofskonferenz, aber auch für den weiteren Synodalen Weg. So formuliert Martina Manegold-Strobach vom Frauenkirchort St. Magdalenen: „Es muss für unsere Kirche Aufgabe sein, die gesellschaftsprägende Gleichberechtigung von Frau und Mann in Sendung und Dienst neu zu denken und ihr auf neue Weise Ausdruck zu verleihen.“
Anschließend spricht Rebecca Niehoff, eine Jugendliche aus Bad Salzdetfurth, ein Segensgebet für Bischof Heiner. Darin heißt es: „Lass alle Entscheidungsträger die Zeichen der Zeit erkennen. Schenke den Mut, neue Wege zu denken und zu beschreiten.“
Konzentriert hört Bischof Heiner den Rednerinnen und Rednern zu. Am Ende der Veranstaltung ergreift er das Wort. „Die Kirche muss sich verändern. Für mich persönlich wäre ein ‚nur weiter so‘ Verrat am Evangelium“, sagt der Bischof und erntet dafür Applaus und Bravorufe. Wilmer ist sich sicher, dass der Mut der Menschen in der Initiative Maria 2.0 und in anderen Gruppen, „ihr Mut, unser Mut, den Wandel einleiten wird“.
Mit Blick auf den Synodalen Weg betont Wilmer, dass er nicht allein aus Hildesheim auf dem Weg ist, sondern zusammen mit anderen. „Gemeinsam nachzusinnen und gemeinsam zu beten und nicht bange zu sein, Dinge anzudenken, die früher nicht so waren, weil sich Zeiten, Kulturen und die ganz konkrete Inkulturation des Evangeliums verändern.“
Für den Synodalen Weg wünscht er allen Mut, Geduld und Durchhaltevermögen. „Wir werden weiter vorangehen, munter bleiben und uns nicht unterkriegen lassen“, versichert Bischof Heiner, den verschiedene Medien – darunter „Die Zeit“ und „Spiegel online“ – in diesen Tagen als möglichen Nachfolger von Kardinal Marx im Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz nennen.
Edmund Deppe