Ausstellung in Nordhorn

Packen für das Jenseits

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Wenn es möglich wäre, einen Koffer für das Jenseits zu packen – was würden Sie mitnehmen? Bücher, Fotos oder auch gar nichts? Die Frage nach der letzten Reise stellt sich den Besuchern einer Ausstellung, die ab 15. Oktober in der Nordhorner St.-Augustinus-Kirche zu sehen ist.


Ein Koffer ist schon gepackt: Gerhard Naber und Birgitt Wernicke zeigen, wie der Inhalt eines Koffers aussehen könnte. Foto: Petra Diek-Münchow

Lange hat Gerhard Naber darüber nachgedacht, was er in seinen Koffer für das Jenseits mitnehmen würde. Und dann ist der Nordhorner Lehrer in seinem Bücherschrank fündig geworden. „Ich packe mir Ernst Bloch ein“, sagt er lächelnd und hebt drei Bände hoch. „Das Prinzip Hoffnung“, so heißt das Hauptwerk des deutschen Philosophen, 1700 Seiten geballte Literatur. Naber hat die Bücher nicht neu gekauft, sie stammen aus seinem Studium in den 70er Jahren. Aber bisher hatte er immer nur einzelne Kapitel daraus gelesen, „vielleicht schaffe ich das im Himmel mal ganz“, sagt er und lächelt ein wenig. Außerdem würde er mehrere Fotos mitnehmen: von seiner Frau und von seiner Tochter mit ihrem Freund.

Gerhard Naber sitzt im Vorstand der Hospizhilfe Grafschaft Bentheim, die die Wanderausstellung „Ein Koffer für die letzte Reise“ zusammen mit der Stadtpfarrei in der Kirche St. Augustinus zeigt. Über 60 Koffer werden dort zu sehen sein. Frauen und Männer, Alte und Junge, Künstler und Handwerker, Prominente und Nichtprominente haben sie in den vergangenen Jahren gepackt – mit all jenen Gegenständen, die ihnen wichtig sind und die sie auf der Reise aus diesem Leben begleiten könnten.

Manchmal sind in den Koffern persönliche Erinnerungen wie Familienfotos, manchmal symbolische Gegenstände wie eine Rose, manchmal ist der Koffer leer. Wie bei dem Journalisten Franz Alt. „Wer glaubt, etwas mitnehmen zu können, wird sich wahrscheinlich wundern“, schreibt er in dem Begleitbrief. Auch zehn Menschen aus der Grafschaft Bentheim haben extra für die Ausstellung einen Koffer gepackt.

Die Idee und das Konzept zu der Wanderausstellung stammen von dem Bestatter und Trauerbegleiter Fritz Roth aus Bergisch Gladbach. Seit 2006 wird diese an unterschiedlichen Orten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Russland und sogar Mexiko gezeigt. Roth wollte mit diesem Projekt die Endlichkeit des Lebens thematisieren und den jeweils eigenen Umgang mit dem Tod dokumentieren. Der Blick in die Koffer offenbart, was Menschen in ihrem Leben wirklich wichtig und nahe ist – und was sie über das Jenseits denken.

Ein Foto der Kinder und eine Kreuzkette


Bestatter mit einer Idee: Fritz Roth aus Bergisch
Gladbach war Initiator der Kunstausstellung, in der
ein Koffer eine zentrale Rolle spielt. Er starb
2012. Foto: Roth

„Dieser Blick in den Koffer wird uns herausfordern“, sagt Birgitt Wernicke. Die Gemeindereferentin aus der Stadtpfarrei St. Augustinus findet die Idee der Ausstellung sehr interessant. „Es ist ein bisschen wie einmal Jenseits und Zurück“, meint sie. Denn jeder, der mitmacht und zuschaut, lässt sich ihrer Ansicht nach auf mehrere Fragen ein. Wie stelle ich mir den Übergang vor? Wie verändert sich meine Sicht auf das Leben? Welche Hoffnungen habe ich? Und was ist für mich wertvoll? Auch Gerhard Naber glaubt, dass die Ausstellung vor allem eine Rückfrage an das Leben ist und „was man davon aufgehoben wissen möchte“.

Besonders genau werden die Besucher sicher bei den Koffern hingucken, die Menschen aus der Region gepackt haben. Wie der evangelische Pastor Friedrich Behmenburg aus Brandlecht, der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers, die Trauerbegleiterin Gisela Mom-Schüürmann, eine neunte Klasse des Gymnasiums Nordhorn und eine Gruppe der Altenpflegeschule. Und auch Barbara Feilmeier, die Rektorin der Nordhorner Marienschule, zählt dazu.

Barbara Feilmeier nimmt auf jeden Fall ein Foto ihrer Kinder und ihre Kreuzkette mit: Alles Zeichen ihres Lebens und dessen, was sie im Herzen mitnehmen würde, sagt sie. „Meine Kinder sind mir das Wichtigste im Leben. Sie sollen aber auch für alle Menschen stehen, die mein Leben ausmachen“, fügt sie hinzu. Das Kreuz stehe als Zeichen ihres Glaubens. „Für das Gefühl, stets begleitet und gehalten zu sein. Diese Gewissheit, das Vertrauen darauf, nehme ich mit.“ Außerdem wird ein mp3-Player für digitale Musik im Koffer liegen. Warum? „Musik, das ist ein Geschenk. Ganz einfach“, sagt Barbara Feilmeier.

Petra Diek-Münchow


Zur Sache

Die Ausstellung wird am Montag, 15. Oktober, um 18 Uhr in der Nordhorner St.-Augustinus-Kirche (Burgstraße) eröffnet. Dazu kommt auch David Roth aus der Trauerakademie Roth in Bergisch Gladbach, die diese Wanderausstellung konzipiert hat. Die Koffer sind bis 5. November täglich von 9 bis 17 Uhr zu sehen, außer während der Gottesdienste. Dazu gibt es ein Rahmenprogramm.

Mittwoch, 17. Oktober, 15 bis 17 Uhr, St. Augustinus: „Die Kofferausstellung – religionspädagogisch begleitet“. Eine Führung für Lehrkräfte und Interessierte

Montag, 22. Oktober, 19.30 Uhr, St. Augustinus: „Heutige Entwicklungen in der Bestattungskultur“, Vortrag mit Gerold Eppler vom Museum für Sepulkralkultur in Kassel

Montag, 29. Oktober, 19.30 Uhr, Kloster Frenswegen: Filmabend „Utbüxen kann keeneen – Weglaufen kann keiner“

Montag, 5. November, 19.30 Uhr, St. Augustinus: „Schattenspiele – eine Lesereise ins Jenseits der Schriftsteller“, Texte und Musik mit Maria Wester und Gerhard Naber.

Größere Gruppen sollten sich wegen einer Terminabsprache anmelden. Kontakt unter Telefon 0 59 21/7 54 00.