Die neue Serie in Ihrer Kirchenzeitung
Provokationen für ein frisches Glauben
Provokationen. Sie können wachrütteln, fordern zum Widerspruch auf. In der Kirchenzeitung gibt es jetzt alle 14 Tage eine davon: damit der Glaube lebt und die Kirche dient. Ein Zwischenruf jeweils mitten ins getaufte Herz in pastoralen Prozessen und lokaler Kirchenentwicklung. Dieses ist die erste. Von Johannes Becher.
„Weck’ die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit“: So tönt es in einem alten Kirchenlied. Glaube ist stets gefährdet. Dass wir ihn in guter Absicht vergraben – wie der ängstliche Diener seine Talente im biblischen Gleichnis. Doch unter der Asche glimmt die Glut. Jesu Botschaft ist nicht totzukriegen.
Die Gestalt der Kirche ist immer zweitrangig
Die Kirche ist dabei im Wortsinn zweitrangig. Sie hat dem Glauben zu dienen und darf ihm nicht machtvoll in den Wegen stehen. Es geht ums Evangelium. Zuallererst und zu guter Letzt.
Deshalb sind all die Strategiedebatten um Strukturen, um Pfarreigrößen und Denkgrenzen, um Synoden und Statuten nicht unwichtig, aber nachrangig. Sicher ist: Kirche wird anders. Oder frei nach dem Philosophen Ernst Bloch: Sie ist. Aber sie hat sich nicht. Darum wird sie erst. – Wandel ist überlebenswichtig, lebensnotwendig. Kirche gibt es nur in der Zeit, in der Welt. Dazu hat Johannes XXIII. ihre Fenster weit aufgerissen und das Zweite Vatikanische Konzil fordert, sie solle sich „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute“ zu eigen machen.
Es geht nicht darum, ihre heutige Sozialgestalt zu zementieren, sondern ihr ein neues Gesicht unter den Menschen zu ermöglichen. Was dazu nötig ist? Gewiss nicht Fassadenpflege. Glaube geht vor Recht. Doch welches Eigenleben hat das Kirchenrecht entwickelt? Nächstenliebe ist Aufgabe aller Getauften. Doch wie professionell ist sie hin zur Caritas delegiert worden? Aus dem allen geltenden Stets-bereit-zum-Zeugnis sind professionelle Verkündiger geworden … „Die Kirche ist aus dem Alltagsleben der Menschen ausgetreten“, brachte es gerade der Theologe Rudolf Vögele auf den Punkt.
Der Benediktiner Martin Werlen schreibt Bücher. Sie inspirieren, weil sie irritieren. Gerade frisch: „Zu spät. Eine Provokation für die Kirche. Hoffnung für alle“ (Herder, 18 Euro). Sein Tenor: Zum Glück ist es an vielen Orten schon fünf nach zwölf in der Kirche. Denn um fünf vor zwölf würden sich viele noch um die erloschene Glut kümmern.
Papst Franziskus hat verstanden. Wie sagte er jetzt: „Der Ort des Bischofs ist die Straße.“ Viele seiner Sätze aus den ersten fünf Jahren rauen den Glauben auf und hinterfragen Strukturen, die leblos kalt geworden sind. Klar, auch er provoziert: „Der Karneval ist vorbei.“ Jetzt geht es um „Unterscheidung“: zwischen Tradition und Traditionen, Communio- und Volk Gottes- Theologie . Wir beginnen auf dem Weg nach Emmaus …