Fünf Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen

Raus aus der Kohle!

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Vor fünf Jahren ist das Pariser Klimaabkommen verabschiedet worden. Damals hofften viele, nun sei der Durchbruch im Kampf gegen die Erderhitzung geschafft. Doch die CO2-Emissionen stiegen. Klimaökonom Ottmar Edenhofer sagt, was jetzt zu tun ist.

Ein Demonstrant hält bei einer Klimademonstration ein Plakat hoch. "Keine Macht der Kohle" steht darauf.
Wichtige Botschaft: Ein Plakat bei einer Fridays-for-Future-Demonstration 2019 in Berlin.

Von Andreas Lesch 

Warum nur hat das Pariser Klimaabkommen so wenig gebracht? 196 Staaten beschlossen doch im Dezember 2015 in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag, die Erderwärmung zu begrenzen – auf deutlich unter zwei Grad, besser 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Trotzdem steigen die globalen CO2-Emissionen weiter, und die Erde nähert sich Kipppunkten, an denen die Erhitzung unumkehrbar wird. 

Ottmar Edenhofer, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sagt: „Das Kernproblem des Abkommens ist, dass die Beiträge der Nationalstaaten zum Klimaschutz für die anderen Länder nicht transparent sind.“ Weil ein Land nicht klar erkennen kann, wie sehr andere Länder sich anstrengen, strengt es sich selbst also im Zweifel auch nicht so sehr an. Das müsse sich ändern, sagt Edenhofer, am besten durch die Einführung von CO2-Preisen. An diesen Preisen ließe sich für jeden ablesen, wie stark sich ein Land für den Klimaschutz einsetzt: je höher der Preis pro Tonne, desto größer das Engagement.

In manchen Ländern passiert aber das Gegenteil von dem, was passieren müsste. In Asien sind etliche neue Kohlekraftwerke geplant – in China und Indien, Vietnam, Indonesien und Bangladesch. Der Klimaökonom Edenhofer sagt, wenn all diese Kraftwerke gebaut würden, „dann ist die Tür zum 1,5-Grad-Ziel und zum 2-Grad-Ziel wohl unwiderruflich zugeschlagen“. Dann könnten wir uns in Europa noch so sehr anstrengen und würden die Klimaziele trotzdem verfehlen: „Der globale Kohleausstieg duldet keinen Aufschub mehr, er muss wirklich Priorität haben.“ Reichere Länder wie EU-Staaten oder die USA könnten nun ärmeren Ländern zinsverbilligte Kredite geben – unter der Bedingung, dass diese Länder einen CO2-Preis einführen und aus der Kohle aussteigen.

Die EU will bis 2050 klimaneutral werden, und Edenhofer lobt, dieser Green Deal sei „eine große Sache“. Er betont aber: „Europa sollte keine Insel des Klimaschutzes werden, sondern wir sollten alles dafür tun, dass viele andere mitmachen.“ Heißt: Wir sollten den Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft sozial gerecht und effizient gestalten: „Die Welt wird uns das nur nachmachen, wenn es einigermaßen bezahlbar bleibt.“

Drei Grad mehr würden die Welt in Verwerfungen stürzen

Das Ergebnis der US-Wahl könnte auf dem Weg zu den Klimazielen helfen, glaubt Edenhofer: „Joe Bidens Wahl ist eine große Chance für den Klimaschutz.“ Weil er für internationale Zusammenarbeit steht, die bei einem globalen Problem unverzichtbar ist: „Die Klimapolitik könnte eines der wenigen Felder werden, auf denen Europa, China und die USA miteinander kooperieren.“

Natürlich funktionieren die großen, außenpolitischen Lösungen nicht ohne die vielen kleinen Beiträge, die jeder Einzelne leisten kann. Jeder sollte weniger fliegen, Auto fahren, Fleisch essen. „Es bleibt keinem von uns erspart, seinen Beitrag zu erbringen“, sagt Edenhofer. „Aber Klimaschutz lässt sich nicht hauptsächlich durch individuellen Verzicht bewerkstelligen.“ Dazu ist das Problem zu groß. „Wir steuern im Augenblick auf eine drei bis vier Grad heißere Welt zu“, sagt Edenhofer. „Eine Erwärmung um drei Grad würde die Welt schon in sehr, sehr große Verwerfungen stürzen.“