Was uns diese Woche bewegt
Scheitern als Schritt zum Erfolg
Simone Biles, Ausnahme-Kunstturnerin aus den USA, feierte bei den Olympischen Spielen in Paris ihr Comeback. Ich habe am Bildschirm mitgefiebert. Schon vor drei Jahren in Tokio sollte es Goldmedaillen regnen. Doch es kam anders. Tokio wurde für die Turnerin zum Albtraum. Gleich im ersten Wettkampf, dem Teammehrkampf, misslang ihr ein Sprung; sie merkte sofort, dass etwas nicht stimmte und stieg mitten im Wettbewerb aus. Dafür wurde sie verspottet und hart kritisiert. Leute, die selbst nicht mal einen Handstand machen können, nannten sie eine Versagerin.
Scheitern gehört zu unserem Alltag. Menschen fallen durch Prüfungen, setzen berufliche Projekte in den Sand oder patzen bei Sportwettbewerben. Wir sind schließlich keine Maschinen. Doch es fällt uns schwer, offen darüber zu sprechen. Weil Scheitern mit Versagen gleichgesetzt wird. Schnell ist das Selbstwertgefühl angeknackst.
Doch wer sich zu Misserfolgen bekennt, zeigt Stärke. In einer sehenswerten Dokumentation erzählt Simone Biles von ihrem Scheitern. Sie habe, so erklärt sie es, ihren Geist nicht mehr mit ihrem Körper synchronisieren können. Oder anders gesagt: Der Körper machte nicht das, was der Kopf wollte. Und das kann für eine Top-Athletin durchaus gefährlich werden – wenn sie bei ihren spektakulären Sprüngen die Orientierung verliert.
Nach einer langen Therapie hat Simone Biles aus ihrem Tief herausgefunden. Sie lernte zum Beispiel, dass sie Dinge nicht mehr in sich hineinfressen darf. Ihre mentalen Probleme waren auch die Folge sexuellen Missbrauchs durch einen Sportfunktionär. Außerdem arbeitete sie Methoden aus, um besser mit Druck und Nervosität umzugehen.
Misserfolge, Krisen, Niederlagen – sie können auch Positives mit sich bringen: die Chance, daran zu wachsen und es beim nächsten Mal wieder mutig anzupacken.
Vielleicht würde es helfen, den Umgang mit dem Scheitern schon in der Schule zu lernen, zum Beispiel in einem Fach zur psychischen Gesundheit. Einige Ansätze gibt es dazu in Deutschland schon. Scheitern kann ein wichtiger Schritt zum Erfolg sein. Die US-Turnerin Simone Biles macht es gerade vor: Sie ist zurück: strahlender und selbstbewusster denn je.