St. Jakoubushaus in Gosar ist geschlossen
Schluss nach über 60 Jahren
Über 60 Jahre war das St. Jakobushaus in Goslar die Akademie des Bistums Hildesheim, viele Jahre diente es zudem als Heimvolkshochschule. Seit Anfang August ist das Geschichte. Das Haus wurde geschlossen, im Januar kommenden Jahres soll die neu aufgestellte Akademie der Diözese ihre Arbeit in Hannover aufnehmen.
Mitte Juli fand ein letztes Vor-Ort-Seminar in dem Bildungshaus statt. Zehn Männer und Frauen beschäftigten sich mit „Kalligrafie – Mehr als nur schön schreiben“. Danach tagte ein letztes Mal der Förderkreis des St. Jakobushauses in dem Gebäude, dann wurde der Schlüssel umgedreht – noch nicht endgültig, aber fast. Akademiedirektorin Ruth Bendels und einige weitere Mitarbeiter sind derzeit noch im Haus, kümmern sich um Restarbeiten, erstellen Abrechnungen, pflegen die Räume. Die ersten Umzugskartons sind bereits gepackt, weitere warten darauf, befüllt zu werden. Das Haus soll verkauft werden, vor endgültigen Entscheidungen muss die Zustimmung der zuständigen Gremien eingeholt werden.
Kaum noch Präsenz-Veranstaltungen
Ende November 2020 war im Zuge der Neuordnung der Bildungsarbeit im Bistum Hildesheim das Aus für das Jakobushaus verkündet worden. „Leider konnten seitdem kaum noch Präsenz-Veranstaltungen stattfinden, wir haben das Haus in diesem Jahr erst im Juni wieder aufgemacht“, bedauert Bendels. So konnten diverse, oft hochkarätig besetzte Veranstaltungen nur digital abgehalten werden. Darunter fiel die Eröffnung der Misereor-Fastenaktion mit Bischof Heiner Wilmer und Staatssekretärin Maria Flachsbarth ebenso wie ein Seminar zur Akademischen Philosophie im Dienste des Staates.
Beeindruckender Bau aus der Kaiserzeit
Das St. Jakobushaus, nördlich der Goslarer Altstadt am Georgenberg gelegen, wurde 1901 als Fabrikantenvilla errichtet und ist ein imposanter Bau im eklektizistischen Stil des späten Kaiserreichs. „Auch viele junge Menschen haben sich von dem Gebäude beeindrucken lassen, wir sind dankbar für die intensive Zeit und die Begegnungen in dem Haus. Da gibt es einen spürbaren Abschiedsschmerz“, sagt Bendels. Jörg-Dieter Wächter, Leiter der Hauptabteilung Bildung im Bischöflichen Generalvikariat und Vorsitzender des Kuratoriums des Jakobushauses, sieht das ähnlich: „Wir geben diese schöne Immobilie mit einem weinenden Auge auf.“ Er sieht allerdings keine Alternative zur Schließung: „Das Jakobushaus hat das Bistum zuletzt 800 000 Euro im Jahr gekostet. Das ist sehr viel Geld, das wir besser ausgeben können. Der Standort ist für eine Akademie nicht optimal, außerdem müssen wir die Bildungsarbeit dezentralisieren.“
Die neue Akademie in Hannover solle städtisch ausgerichtet sein, zugleich aber ins ganze Bistum hineinwirken, erläutert Bendels. Veranstaltungen sollen an unterschiedlichen Orten stattfinden, ebenso sollen die digitalen Möglichkeiten stärker genutzt werden. Auch inhaltlich soll es eine Weiterentwicklung geben. „Es geht um die Erneuerung des Gesprächs zwischen Kirche und Gesellschaft. Wir brauchen offene Diskussionen zu gesellschaftlich relevanten Themen, wir müssen Akteure unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen zusammenbringen und uns der Stadtgesellschaft öffnen“, meint sie.
Hochkarätige Gesprächspartner
Fortgeführt und intensiviert werden soll zu diesem Zweck unter anderem der Bereich der politischen Bildung. Dazu passt eine Diskussionsrunde, die noch vor der offiziellen Eröffnung der neuen Akademie im November in Hannover stattfinden soll: Ministerpräsident Stephan Weil, Bischof Heiner Wilmer, der Theologe und Politiker Rainer Eppelmann und die Schriftstellerin Helga Schubert werden über Kirche und Demokratie diskutieren. Auch für den Februar 2022 gibt es schon Pläne: Die Akademie wird den bekannten Soziologen Heinz Bude und Bischof Wilmer ins Gespräch bringen.
Lösungen für Mitarbeiter gesucht
Von den ehemals rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jakobushauses werden drei nach Hannover wechseln. Andere haben Stellen im Bistum angenommen, sind in Ruhestand gegangen oder haben Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft bekommen, außerdem sind Verträge ausgelaufen. Für alle Festangestellten, die bislang keinen neuen Job gefunden haben, gilt eine Vertragsgarantie bis Juli 2022, so wurde es im letzten Jahr mit der Mitarbeitervertretung des Hauses vereinbart. Die Versuche von örtlichen Kräften, das Haus in Eigeneregie zu übernehmen, sind gescheitert.
Matthias Bode