Pro und Contra

Schunkeln daheim?

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Rosenmontagszüge fallen aus, Karnevalssitzungen sind abgesagt. Aber soll man deshalb das närrische Treiben ganz bleiben lassen? Soll man während der tollen Tage zu Hause Trübsal blasen oder doch lieber die Wohnung mit Luftballons und Luftschlangen schmücken und zur Musik aus dem Radio schunkeln? Ein Pro und Contra von Evelyn Schwab und Hans-Joachim Stoehr.



Helau und Humba-Täterä in den eigenen vier Wänden. Wem macht das Spaß?


PRO

Der Rosenmontag steht fest im Kalender. In etlichen Branchen ist es üblich, den Arbeitnehmern einen halben oder ganzen Tag bezahlt freizugeben für das karnevalistische Brauchtum. Erneut gibt es aber 2022 wenig Spektakuläres rund um die fünfte Jahreszeit. Wir leben weiterhin mit Corona-Kontaktbeschränkungen und wollen vorsichtig sein.
Muss deshalb der Spaß komplett auf der Strecke bleiben? Ich meine, nein. Klar kann die Fastnacht dieses Jahr einmal mehr kein ausgelassenes Straßenfest sein. Für die eigene gute oder schlechte Laune brauche ich aber weder den Umzug noch eine große Halle. Das ist eher eine Sache der Einstellung. Insofern kann eben auch der Rosenmontag zum Datum werden, das Leben zuhause zu feiern.
Dazu gehört, sich selbst und andere nicht allzu ernst zu nehmen. Lasst uns die persönlichen Lieblings-Gute-Laune-Songs hören. Das müssen gar nicht die typischen alten Faschingsschlager sein. Daheim kann man zum Glück die eigene Musikauswahl treffen. Vor allem Kinder lieben es, sich zu schminken und zu verkleiden. Völlig okay, wenn den Großen ein Lippenstift-Herz auf der Wange und eine lustige Kopfbedeckung aus der alten Hutkiste genügt. Eine Girlande ist schnell aufgehängt. Kindern etwas Bewegung verschaffen mit dem Werfen von Luftschlangen oder dem Aufsammeln von Bonbons – warum nicht? Konfetti wäre wiederum nichts für mich – zu aufwendiges Saubermachen hinterher ...
Was prima geht, sind verschiedene Spiele in der Familienrunde: auf dem Brett, mit Karten oder als Rate-Pantomime. Zur Stärkung gibt es die traditionellen Karnevals-Köstlichkeiten, süß wie herzhaft. Wer mag, baut sich eine kleine Cocktailbar auf zum Mixen eigener Kreationen – auch alkoholfrei.
Und was spricht eigentlich gegen einen verabredeten Video-Chat mit Freunden, bei dem man sich gegenseitig vorstellt, was so an Lustigem passiert ist an diesem Rosenmontag daheim. Wir können dem traditionellen Brauchtum eine neue Note geben: klein und kreativ. Lasst die Fastnacht leben! Gerade in den härtesten Zeiten sind die Narren und der Frohsinn wichtig.

Evelyn Schwab, Redakteurin der Kirchenzeitung

CONTRA
Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit.“ Das wusste schon der alltestamentliche Prediger (Kohelet 3,1). Und dazu gehört „eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz“. Im Moment ist vielen Menschen weniger zum Lachen und Tanzen zumute.
In der momentanen Lage von Corona brauche ich daher keine Narretei. Das auf die eigenen vier Wände zu beschränken, ist zwar allemal besser als öffentliche Menschenansammlungen einschließlich Frohsinn auf Kommando. Aber warum es Schunkeln und eine Dekoration mit Luftschlangen im eigenen Wohnzimmer geben soll, kann ich nicht nachvollziehen.
Mir ist klar, dass die Pandemie seit zwei Jahren vieles aushebelt, was im Jahresverlauf für Entspannung und Spaß gesorgt hat, ob das nun beim Lockdown die Kneipen- oder Kinobesuche waren oder für Kinder ein Besuch in der Fuldaer Kinder-Akademie mit ihrer auf die Jüngeren zugeschnittenen Ausstellung.
Die Fastnachts- oder Karnevalszeit lebt vom gemeinsamen Feiern – im Freien oder bei gemeinsamen Veranstaltungen. Zuhause zu den Klängen von „Rucki-Zucki“ oder „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ zu schunkeln oder zu „Die Karawane zieht weiter“ eine Polonaise durch das Wohnzimmer anzutreten, ist für mich deplatziert. Genauso wie die Ausstrahlung von Fernsehsitzungen aus den Vorjahren – sozusagen närrische Konserven. Auf eines muss bei alledem jedoch niemand verzichten: auf den Humor. Denn wie heißt es doch so treffend: Humor ist, wenn man trotzdem lacht, also auch wenn einem nicht nach Lachen zumute ist. Das aber ist etwas anderes als das Fröhlichsein auf Kommando an einem bestimmten Datum – und dann auch noch, wenn einem gar nicht danach zumute ist. Da, finde ich, lässt man es besser ganz. Ich bin zuversichtlich: Es kommt auch wieder die Zeit, in der das gemeinsame Lachen und Tanzen uns Menschen erfreut.
Hans-Joachim Stoehr, Redakteur Kirchenzeitung