Statement von Bischof Peter Kohlgraf
Seelsorge nahe an Menschen
Über die letzten Jahre kann man deutlich wahrnehmen, dass die Zahl der Kirchenmitglieder stetig sinkt. Einen wesentlichen Anteil daran haben die Menschen, die ihren Kirchenaustritt erklären.
Die Gründe für eine derartige Entscheidung sind vielfältig, daher gibt es auch nicht die Lösung schlechthin. Bei vielen liegt vor einem solchen Schritt eine lange Zeit der inneren Entfremdung, so dass irgendwann der Austritt der konsequente letzte Schritt ist. Skandale sind offenbar ein entscheidender Auslöser. Menschen entscheiden sich, die Kirche zu verlassen, weil sie massiv enttäuscht sind, und die Vertreter der Kirche nicht mehr als glaubwürdige Zeugen annehmen können. Gerade im Hinblick auf die Verbrechen gegen Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene hat die Kirche ihre Glaubwürdigkeit verloren. Traditionelle theologische Argumente in den sogenannten Reizthemen wie Frauenordination, Homosexualität oder Zölibat überzeugen viele Menschen nicht. Daneben berichten Menschen auch von sehr persönlichen Enttäuschungen, die ihnen besonders Amtsträger der Kirche bereitet haben, etwa im Zusammenhang mit einem Trauerfall. Selbst Katholiken suchen mittlerweile Trauerbegleitung bei freien Anbietern.
Was kann die Kirche dagegen tun? In den großen und schwierigen Themen etwa des Missbrauchs muss die Kirche zeigen, dass sie alles tut, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Das wird ein langer Weg werden. Vertrauen kann sich die Kirche nur schenken lassen. Die persönlichen Enttäuschungen ermahnen alle in der Kirche Tätigen, ihren Auftrag wirklich als Dienst zu verstehen.
Die Anfragen theologischer Art müssen ernst genommen werden, wobei hier Unterscheidungsprozesse zu gestalten sind, die nicht nur Schwarz-/Weiß-Lösungen hervorbringen werden. Das beste Mittel wird immer darin bestehen, eine Seelsorge nahe an den Themen der Menschen anzubieten. Es ist zu hoffen, dass die Kirche und ihre Angebote weiterhin Orte sind, die Menschen als lebensdienlich erfahren.
Bischof Peter Kohlgraf, Mainz