Fronleichnam kreativ

Segen von Schiff und Fernsehturm

Image

Statt Prozessionen lieber Freiluft-Gottesdienst mit Mundschutz: Wie die Corona-Krise das Fronleichnamsfest verändert.

Foto: kna/Simon Koy
Seltene Prozession: Mit Mundschutz und Sicherheitsabstand durften Katholiken zu Pfinsten im Wallfahrtsort Maria Vesperbild eine Prozession organisieren. Foto: kna/Simon Koy


Fahnen, Weihrauch, goldene Monstranz: Fronleichnamsprozessionen sind für die katholische Kirche das, was Mai-Demonstrationen für die Gewerkschaften und Ostermärsche für die Friedensbewegung sind. Raus aus den Kirchen, hinein in die Öffentlichkeit: Lange Zeit waren Fronleichnamsprozessionen selbstbewusste Demonstrationen katholischer Frömmigkeit.

Umso schwerer fällt es vielen Katholiken, in Corona-Zeiten auf diese Prozessionen zu verzichten. Von Osnabrück bis Passau und von Berlin bis München haben fast alle katholischen Bistümer die traditionsreichen Züge abgesagt und ihren Gemeinden stattdessen Freiluft-Gottesdienste empfohlen. Auch besondere Traditionen wie die Seeprozession auf dem Staffelsee beim oberbayerischen Seehausen oder die seit dem 14. Jahrhundert überlieferte «Mülheimer Gottestracht» auf dem Rhein in Köln sind gestrichen.

Wenige Bistümer halten sich ein Türchen offen: Das Erzbistum Köln schließt Fronleichnamsprozessionen "nicht kategorisch aus". Vorausgesetzt, es wird mit den örtlichen Behörden ein Sicherheitskonzept abgestimmt - samt Mundschutz, Mindestabstand und Teilnehmerbegrenzung. Auch im Bistum Trier sind Fronleichnamsprozessionen in den Gemeinden unter diesen Voraussetzungen "grundsätzlich" möglich. Das Bistum Essen überlässt die Entscheidung den Verantwortlichen vor Ort, geht aber davon aus, dass Prozessionen nicht stattfinden.

Dass nach Ostern und Pfingsten ein weiteres kirchliches Hochfest unter der Pandemie leidet, erweckt bei vielen Katholiken Unbehagen. Um so mehr, weil mittlerweile Zehntausende Menschen an Demonstrationen teilnehmen - und das häufig ohne Einhaltung von Schutzmaßnahmen.

Das Erzbistum Berlin etwa hat die zentrale Fronleichnamsprozession durch Berlin-Mitte abgesagt, an der zuletzt rund 6.000 Katholiken teilnahmen. Zur Anti-Rassismus-Demo am Alexanderplatz aber waren am Samstag rund 15.000 Menschen gekommen - Abstand halten war da illusorisch.

Mancher Katholik ist empört. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat sein Unbehagen öffentlich gemacht. Er wolle einerseits "große Ansteckungswellen" bei Gottesdiensten verhindern, schrieb er auf seiner Facebookseite. Daher habe man im Bistum Mainz auch die Fronleichnamsprozession abgesetzt. Andererseits sehe er Demonstrationen auch in Mainz gegen Rassismus "von mehr als 2.500 Menschen (ohne Anmeldung und Namenslisten)". Er werde bisweilen angesprochen, wie sich das mit den kirchlichen Vorgaben verhalte, fügte Kohlgraf hinzu. "Und mir gehen nach und nach die überzeugenden Argumente aus."

 

Kein kompletter Verzicht auf den feierlichen Charakter

Ganz auf den besonders feierlichen Charakter des Fronleichnamsfestes wollen die Katholiken auf jeden Fall nicht verzichten. In vielen Städten sollen am Donnerstag Freiluftmessen auf zentralen Plätzen stattfinden. Vielerorts sollen alle Kirchenglocken geläutet werden.

In München etwa will Kardinal Reinhard Marx nach dem Pontifikalamt, das im Internet übertragen wird, in einer kleinen Sakramentsprozession vor die Domportale treten und die Stadt segnen. In Würzburg findet eine Freiluftmesse auf dem Residenzplatz statt, dem Wohnzimmer der Stadt. Die Behörden erteilten eine Sondergenehmigung: Statt der sonst vorgeschrieben 50 Personen dürfen bis zu 350 Gläubige teilnehmen.

In Köln wird nur eine kleine Gruppe stellvertretend für alle Katholiken den Prozessionsweg gehen. Kardinal Rainer Maria Woelki feiert eine festliche Messe auf dem Roncalliplatz vor dem Dom. Anschließend werden er und Vertreter aus Kirche und Stadt die Monstranz mit dem Allerheiligste durch die Straßen tragen.

In Saarbrücken laden die katholischen Innenstadtkirchen zu einer etwas anderen Prozession ans Ufer der Saar ein. Mit einem Schiff fahren drei Priester eine rund 1,5 Kilometer lange Strecke durch das Stadtgebiet und segnen die Mitfeiernden am Ufer. Ein Bläserensemble begleitet das Schiff, ebenso weitere Tretboote mit Jugendlichen.

In Düsseldorf will der künftige Stadtdechant Frank Heidkamp den traditionellen Segen zu Fronleichnam aus luftiger Höhe von 168 Metern spenden. Der Gottesdienst findet in kleiner Besetzung auf der Aussichtsplattform des Fernsehturms neben dem Landtag statt.

kna