„Sie sind jetzt hier. Alles ist gut“

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Drei Menschen im Gespräch
Nachweis

Foto: Andreas Hüser 

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Gut, wenn jemand deine Sprache spricht. Steffi Belaroussi vermittelt Sprachvermittler bei der Schweriner Caritas. 

Oft hapert es an der Sprache. Menschen aus anderen Ländern kommen in Deutschland erst einmal nicht ohne Dolmetscher zurecht. Die Caritas vermittelt nun Landsleute, die bei Behörden- oder Arztterminen begleiten und übersetzen.

Hört man das Wort „Spuk“, denkt man erst einmal an etwas Gruseliges. Schreibt man es aber anders, nämlich „SPuK“, wandelt sich der Begriff gleich um in eine positive und hilfreiche Sache, die man in und um Schwerin finden kann. SPuK steht für „Sprach- und Kommunikationsmittlung“ und ist eine Dienstleistung, mit der die  Caritas in Schwerin und darüber hinaus seit 2013 Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse unterstützt.

Mittlerweile gibt es etwa 60 Sprachmittlerinnen und Sprachmittler, die auf Honorarbasis arbeiten. Vermittelt werden sie von Steffi Belaroussi und ihrem Mann Salim. Das Prinzip ist immer das gleiche: Eine Schule, ein Krankenhaus oder eine Behörde wie das Jugendamt fragt bei der Caritas einen Sprachmittler an und die SPuK schickt jemanden zur gewünschten Zeit in dieser Institution. Hier begleiten die Sprachmittler dann Menschen bei ihren Terminen und übersetzen dort unmittelbar in beide Richtungen, vermitteln also zwischen Deutsch und einer anderen Sprache. Welche Sprache? Das ist total unterschiedlich. Das Angebot reicht von Arabisch über Russisch und Litauisch bis zu Französisch.

Die Sprachmittler sind fast alle Muttersprachler in einer Fremdsprache und haben ein sehr gutes Sprachniveau im Deutschen. Immerhin sind die Situationen und Begriffe, die sie übersetzen müssen, bei den Terminen häufig speziell – etwa wenn im Krankenhaus eine komplizierte Diagnose übersetzt werden muss.

Das kennt Antanina Frischat nur zu gut. „Ich habe durch meine Tätigkeit als Sprachmittlerin viele russische Wörter neu gelernt, die ich selbst noch nicht kannte“, sagt sie, die als Sprachmittlerin für die russische Sprache arbeitet. Frischat hat vor ihrer Tätigkeit als Sprachmittlerin für die Caritas jahrelang schon ihren Landsleuten und Bekannten beim Übersetzen geholfen, bis sie angefangen hat, es nebenberuflich für die SPuK zu machen.

Für Liubov Goldmann war ihre Tätigkeit als Sprachmittlerin der Start in ein neues Berufsleben. Salim Belaroussi, der die Sprachmittler von der Caritas vermittelt, hat sie eines Tages auf der Straße angesprochen, weil er mitbekam, dass sie Litauisch und Deutsch spricht. Die Aufgabe fand sie interessant und sie hat schnell festgestellt, dass ihr die Tätigkeit liegt. „Das hat richtig Spaß gemacht“, sagt sie heute. Deshalb hat sie sich dazu entschlossen, nebenberuflich als Sprachmittlerin bei der Caritas tätig zu sein und sich auch hauptberuflich im Bereich der Übersetzung zu orientieren.

Wenn Liubov Goldmann und Antanina Frischat Menschen bei Behördengängen oder Terminen im Krankenhaus als Übersetzerinnen begleiten, ist es oft nicht einfach, ihre Tätigkeit von einer weitergehenden Begleitung abzugrenzen. Goldmann sagt: „Wir sind oft auch Pädagogen.“ Es sei aber wichtig, Grenzen für die Klienten aufzuzeigen, damit diese nicht zu viel Zeit und Kapazität der Sprachmittlerinnen in Anspruch nehmen. 

Diese Grenzen zu ziehen und aufzuzeigen, sei aber gerade dann nicht einfach, wenn man die Schicksale der Menschen hört oder dabei ist, wenn ihnen im Krankenhaus eine schlimme Diagnose übermittelt wird. Gerade dann sei ein guter Rückhalt von der Caritas wichtig. 

Hier können die Sprachmittler auf Unterstützung zählen, Schulungen besuchen und Supervision in Anspruch nehmen, also eine Beratung für ihre Tätigkeit. Frischat und Goldmann sind mit dieser Begleitung durch die Caritas sehr zufrieden, man verstehe sich sehr gut mit den anderen Sprachmittlern und Mitarbeitern der Caritas und es sei „ein richtiges Team geworden“, so Goldmann.

Erfolgserlebnisse sind garantiert

In der Regel werden die Kosten von dem Auftraggeber übernommen, der Sprachmittler anfordert. Mit Krankenhäusern, Jobcentern oder Behörden hat SpuK oft bereits einen Vertrag. „Für die Schulen beispielsweise übernimmt das Bildungsministerium die Kosten für die Sprachmittler, häufig wissen das die Lehrer aber gar nicht und sind dann sehr dankbar, dass es diese Hilfe gibt“, sagt Vermittlerin Steffi Belaroussi.

Egal welche Situation – Erfolgserlebnisse erleben Liubov Goldmann und Antanina Frischat bei fast jedem ihrer Übersetzungstermine. Man könne den Leuten Ruhe und Sicherheit vermitteln und ihnen zeigen: „Sie sind jetzt hier, alles ist gut“, sagt Goldmann. Damit nehme man den Menschen ihre Anspannung. Durch die wichtige Hilfe, die sie durch ihre Übersetzung leisten, baue man auch ein Vertrauen zu den Menschen auf. Auch das ist für Frischat immer wieder ein Erfolgserlebnis: „Wenn die Leute mir vertrauen und möchten, dass ich sie weiter begleite.“ Dankbarkeit erfahren die Sprachmittlerinnen nicht nur von ihren Klienten, gerade das ärztliche Personal in den Krankenhäusern sei oft froh, dass es sprachliche Hilfen gibt und sie so mit ihren Patienten kommunizieren können.

Ob es auch mal Schwierigkeiten gibt? „Im Gegenteil, die Menschen sind unglaublich dankbar“, sagt Liubov Goldmann. Die Klienten wollen häufig etwas von der Hilfe, die sie durch die Übersetzer bekommen, zurückgeben. Nur zu Beginn des Ukraine-Krieges war es nicht immer einfach. Dabei wurden die Übersetzer, die Russisch oder Ukrainisch können, besonders dringend gebraucht, aber nicht immer gerne gesehen. Es herrschte eine Skepsis zwischen Ukrainern und Russen. Jetzt sei das Vertrauen aber eigentlich schon wieder da und es gebe keine Probleme mehr, so berichtet Antanina Frischat.

Zum Glück ist zumindest dieser Spuk vorüber.

Melanie Giering