Drei Pilger berichten

So geht Wallfahrt trotz Corona

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Nein, große Gemeinschaftsaktionen werden die Wallfahrten auch in diesem Jahr nicht. Weil aber trotzdem das Herz vieler daran hängt, sollen sie auch nicht ganz ausfallen. Drei Wallfahrer erzählen, wie sie es machen.

Eine Familie sitzt auf Fahrrädern.
Statt mit Bus und Gemeinde fährt Familie Maier stellvertretend für die Gemeinde mit dem Rad zur Gnadenmadonna nach Ettal. 

Die Fußwallfahrt zur Gnadenmadonna in Ettal

Josef Maier (47) aus dem mittelschwäbischen Ziemetshausen engagiert sich im benachbarten Wallfahrtsort Maria Vesperbild seit Jahrzehnten unter anderem als Messdiener. 2020 hat er mit seinen Kindern Josef, Theresa und Luisa (damals 17, 15 und 14) trotz Corona eine alte Pilgertradition seines Heimatortes aufrechterhalten:

„Bei uns in Ziemetshausen gibt es seit dem Dreißigjährigen Krieg eine Fußwallfahrt zur Gnadenmadonna in Ettal in Oberbayern. Sie entstand zum Dank für die Befreiung von der Pest. Diese Tour ist ein fester Bestandteil unserer Familie. Ich habe sie schon 26 Mal gemacht – 2020 aber anders als sonst. Denn wegen Corona musste die traditionelle Wallfahrt mit rund 250 Leuten ausfallen. Drei meiner Kinder und ich haben dann spontan zu Fronleichnam entschieden: Wir lassen den Brauch nicht sterben, wir pilgern, und zwar einfach mal per Rad! 

Am Feiertag waren wir dann noch in Maria Vesperbild in der Frühmesse, danach sind wir zwei Tage lang rund 120 Kilometer gen Süden gestrampelt. Im Gepäck hatten wir etwas Proviant, Segenswünsche des Pfarrers und fürs ganze Dorf die Bitte um Gesundheit. Gerade in der Pandemie musste doch die alte Pest-Pilgerreise fortbestehen!

Unterwegs haben wir immer wieder an Bildstöcken angehalten und Gebete gesprochen. Auch haben wir zigfach für Gespräche gestoppt. Viele Menschen waren sehr bewegt, als sie vom Grund unserer Tour erfahren haben. Das hat uns ebenso glücklich gemacht wie das Genießen der herrlichen Schöpfung Gottes, durch die wir geradelt sind. Das war buchstäblich eine Glaubenser-fahr-ung! Zurück haben wir die dann mit dem Zug unternommen. Und in diesem Jahr wiederholen wir das Ganze.“ (Christopher Beschnitt)

Die Wallfahrt zum Kreuzberg in der Rhön

Korbinian Klinger (63) ist Guardian im Franziskanerkloster auf dem Kreuzberg in der Rhön. Der heilige Berg der Franken war ein beliebtes Wallfahrtsziel – vor der Pandemie.


Korbinian Klinger 

„Bisher kamen immer große Wallfahrten auf den Kreuzberg, etwa die traditionsreiche aus Würzburg mit mehr als 400 Pilgern. Das ist alles ausgefallen. Wie es dieses Jahr wird, ist unklar. Ich glaube nicht, dass es so schnell wieder so große Wallfahrten geben wird. Es werden sich eher kleinere Gruppen auf den Weg machen. Wir als Kloster wollen ihnen aber dasselbe Programm wie bei den großen bieten, also Begrüßung, Gottesdienst, Beichtgelegenheit und auch eine Verabschiedung. Die Anliegen der Menschen nehmen wir auch ohne Wallfahrten mit in unser Gebet auf.

Neben einem Zettelkasten gibt es einen Kummerkasten per E-Mail oder WhatsApp. Da kommt viel zusammen. Außer den üblichen Bitten wie Hilfe bei medizinischen Eingriffen und Familienangelegenheiten wird nun die Angst vor Corona und dem Verlust des Arbeitsplatzes thematisiert. 

In der Fastenzeit haben wir mit der Pfarrei Bischofsheim einen Kreuzweg im Freien für Kinder gestaltet. Danach gab es viele Zettel mit Kinderschrift. Es ging viel um Einsamkeit und die fehlenden Treffen mit Oma und Opa.

Über Facebook fragen aber auch viele Menschen nach, wann endlich unsere Brauereigaststätte wieder öffnet. Das ist ein wichtiger Anlaufpunkt, das gehört zum Kreuzberg dazu: das Religiöse, die Gastlichkeit und die Natur. Viele Besucher, Wanderer und Radfahrer, kommen vorbei. Und sie gehen meistens auch in die Kirche. Ihnen wollen wir das Religiöse mit niedrigschwelligen Angeboten vermitteln. Wir haben unter Berücksichtigung der Hygiene-Auflagen 42 Plätze in der Kirche. Der Rest ist mit Absperrband abgegrenzt. Wir haben da kleine Zettelchen mit Impulsen hingehängt, in der Hoffnung, dass die Absperrungen auch Führungsbänder zu Gott sein können.“ (Christian Wölfel)

Die Wallfahrt nach Altötting

Dieter Spöttl (58) ist Diakon der Erzdiözese München und Freising und seit 1985 Pilgerleiter der Wallfahrt von Eichenried (Landkreis Erding) nach Altötting. An Pfingsten wird er sich zum zweiten Mal allein auf den Weg in das Herz Bayerns machen:

„Fast 100 Jahre lang gibt es bald schon unsere Wallfahrt, mit bis zu 200 Gläubigen, jedes Jahr am Pfingstsamstag. 2020 war dies nicht erlaubt. Ganz verzichten wollte ich aber doch nicht. So habe ich mich allein auf den Weg zu gemacht und jenen, die daheimblieben, das Angebot gemacht, ihre Anliegen in einem Rucksack zur Schwarzen Madonna zu tragen.


Dieter Spöttl 

Sobald mein Plan die Runde gemacht hatte, gingen bei mir per E-Mail und in verschlossenen Kuverts die Sorgen und Nöte der Menschen ein. Mitten in der Corona-Krise wurde die Gottesmutter gebeten, für wirksame Medikamente und einen Impfstoff zu sorgen. Vor allem aber war der Wunsch nach Schutz von Familien und Freunden zu lesen sowie die Bitte um Hilfe bei Krankheiten und darum, dass sich alles zum Guten wendet. 

Am meisten hat mich das Anliegen einer Frau berührt, die angesichts einer schweren Krebserkrankung um den Beistand Marias mit den Worten bat: ‚Wie immer es auch ausgehen mag.‘ Tatsächlich starb sie wenige Wochen darauf.

Alle Schriftstücke hatte ich in einem Ordner gesammelt und diesen vor Ort einem Kapuziner übergeben. Der legte ihn eine Nacht über in der Gnadenkapelle zu Füßen der Gottesmutter und des heiligen Bruder Konrad. Die Anliegen wurden in den gestreamten Gottesdienst am nächsten Tag, der zu dieser Zeit nur ohne Gläubige stattfinden durfte, hineingenommen, die Zettel anschließend vernichtet. 

Eigentlich wollten wir im Herbst mit der Gemeinde die Wallfahrt nachholen. Doch daraus wurde nichts. Und weil die Pandemie immer noch anhält, werde ich mich auch an diesem Pfingstfest stellvertretend für die sonst so große Pilgerschar auf den Weg machen.“ (Barbara Just)