Teil 2 unserer Credo-Serie

So ist Gott - glauben wir

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Unsere Serie zum Apostolischen Glaubensbekenntnis beschäftigt sich mit den Grundpfeilern des christlichen Glaubens. Diesmal geht es um Beinamen und Eigenschaften, die wir Gott zuweisen. Die zu bekennen, ist gar nicht so einfach.

	Eine Person schreibt das Wort Gott mit einer Feder auf weißem Papier.
Woran glauben wir eigentlich, wenn wir bekennen: "Ich glaube an Gott"? 

Von Susanne Haverkamp 

Immer schon haben sich die Menschen nicht nur Gedanken darüber gemacht, ob Gott ist, sondern auch, wie er ist. Im ersten Teil des Apostolischen Glaubensbekenntnisses entdecken wir dabei viel von dem, was das Judentum über Gott gedacht hat. Der Dogmatiker Theodor Schneider sagt, dass wir „gewissermaßen mit den Augen des irdischen Jesus“ auf die Gotteserfahrung des Volkes Israel schauen. Was im Apostolischen Glaubensbekenntnis über Gottvater gesagt wird, speist sich aus der Glaubenserfahrung des Volkes Israel. Im eigentlichen Sinne typisch christlich wird es erst später.

Ich glaube an ... den Vater

So auch bei dem Bekenntnis, dass Gott unser Vater ist. Denn im Alten Testament gibt es durchaus diese Vorstellung. „Von Jugend an hat er mich wie ein Vater großgezogen“, sagt Ijob über Gott (31,18). Und in den Psalmen heißt es: „Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über alle, die ihn fürchten.“ (103,13). Jesus hat dieses Gottesbild intensiviert: „Abba“, „Papa“ – so vertraut sprach er Gott an. 

Die Gefahr dieser sehr menschlichen Bilder ist immer, dass sie stimmen – und auch nicht stimmen. Denn erstens ist Gott, anders als ein menschlicher Vater, kein Mann; deshalb spricht die Bibel Gott auch mütterliche Züge zu. „Wie einen Mann, den seine Mutter tröstet, so tröste ich euch“, sagt Gott beim Propheten Jesaja zu seinem Volk (Jes 66,13). „Vater“ ist also zumindest keine vollständige Beschreibung der Beziehung Gottes zu uns Menschen. Und zweitens ist „Vater“ ein subjektives Bild. Wer einen schlechten Vater erlebt hat, tut sich grundsätzlich schwer damit, und auch sonst ist die Vaterrolle kulturell und historisch extrem unterschiedlich ausgestaltet. Ob streng oder nachsichtig, Patriarch oder Partner, Versorger oder Erzieher, abwesend oder anwesend – all das kann ein Vater sein.

... den Allmächtigen

Noch schwieriger als „Vater“ ist die Gottes-Beschreibung „Allmächtiger“. Offensichtlich ist Gott ja nicht allmächtig, denn würde er sonst Menschen leiden lassen? Allmächtig im Sinne von Alleskönner, der mit einem Blitz vom Himmel Hitler stoppt oder mit einem Fingerschnipsen die Coronaviren zerplatzen lässt – schön wär’s, aber so kann man sich Gott wohl nicht vorstellen. Nur: Was bedeutet dann „Allmächtiger“?

Ein Blick in das altrömische Taufbekenntnis, den Vorläufer des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, hilft. Dort steht an dieser Stelle das griechische Wort „Pantokrator“. Übersetzt bedeutet das „Allherrscher“ – und meint nicht eine Fähigkeit (nämlich die, alles zu können), sondern eine Beziehung. Gott ist Allherrscher in dem Sinne, dass er über allem steht, was ist: über Himmel und Erde, Zeit und Ewigkeit. „Herr und Gott, König des Himmels, Herrscher über das All“, heißt es im Gloria. Und im Sanctus: „Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.“

Bedeutet das also, dass Gott ein machtloser Herrscher ist, ein König ohne Befugnisse? Einerseits nicht, denn dass Gott kann, was er will, gehört zu seiner Göttlichkeit. Dann aber könnte es sein, dass er sich selbst begrenzt – und zwar deshalb, weil er uns viel zutraut. Weil er herrschen nicht als beherrschen versteht. Denn was wäre das auch für eine teuflische Willkürherrschaft, wenn Gott jedem das zuteilt, was er allein will?

Nein, Gott ist kein allmächtiger Diktator. Er gibt uns Stimmrecht und Verantwortung. Und bleibt doch der stets Größere, damit auch der Mächtigste unter uns Menschen weiß: Meine Macht ist relativ und verantworten muss ich sie vor Gott, dem Allmächtigen.

… den Schöpfer des Himmels und der Erde

Als dieses Bekenntnis verfasst wurde, war das Weltbild durch und durch theologisch und nicht naturwissenschaftlich. Dass alles, was ist, von Gott stammt, war logisch, theo-logisch. Woher sollte es denn sonst stammen? Dass alles Zufall ist, empfanden die Menschen jedenfalls als absolut unlogisch im Sinne von undenkbar.

Irgendwann wurde das anders – und Naturwissenschaft und Theologie wurden zu Feinden. Die Schuld lag auf beiden Seiten, denn beide Wissenschaften setzten sich absolut. Die Naturwissenschaft behauptete ebenso wie die Theologie, die alleinige Wahrheit zu verkünden, leider mit unterschiedlichen Ergebnissen. Evolutionstheorie oder Adam und Eva – da verliefen die Bruchlinien und sie verliefen lange unversöhnlich.

Erst in den letzten hundert Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Theologie und Naturwissenschaften unterschiedliche Wahrheiten im Blick haben, die sich eben nicht widersprechen. Dass Biologie und Physik die Entstehung der Welt und der Arten auf ihre Weise zutreffend beschreiben. Und dass die Theologie davon spricht, dass ohne Gottes Geist nichts wäre, was ist, dass Gott der Ursprung und die Zukunft allen Seins ist.

Es brauchte nicht Gottes Hände, die den Menschen aus Ton zurechtkneten, um zu bekennen, dass wir seine Schöpfung sind. Er muss auch nicht höchstpersönlich Sterne am Firmament platzieren. In diesem Sinne ist die erste Schöpfungserzählung im Buch Genesis sehr modern. Alles wurde durch Gottes Wort. Griechisch: logos. Logisch, dass alles ist, weil Gott es will.

Damit endet der erste Teil des Credos und – ist es Ihnen aufgefallen? – es war nicht die Rede davon, dass Gott Liebe ist. Wird es auch im weiteren Verlauf des Textes nicht sein. Es ist sicher mitgedacht, als liebender Vater oder liebender Schöpfer, doch ausgesprochen wird es nicht. Vielleicht deshalb, weil Liebe nicht dogmatisierbar ist. Was wiederum zeigt: Dogmatische Wahrheiten sind wichtig, aber längst nicht alles.