Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem

Sorge vor einer Gewaltspirale in Nahost

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Im Nahostkonflikt eskaliert die Gewalt. Ausgerechnet am internationalen Holocaust-Gedenktag kam es in Jerusalem zum schwersten Anschlag seit langem. Israel kündigte harte Reaktionen gegen Palästinenser an.

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Judentum und Islam auf engstem Raum: Eine Israelflagge weht in der Nähe des Felsendoms und der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem. Foto: kna/CNS Photo/Debbie Hill


Weltweit haben Politiker und Kirchenvertreter mit Entsetzen auf die Welle der Gewalt in Jerusalem und den besetzten palästinensischen Gebieten reagiert. In die Trauer um die Opfer der jüngsten Anschläge mischt sich Sorge vor einer weiteren Eskalation im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Die israelische Regierung beschloss am Wochenende verschärfte Maßnahmen. Israels Antwort auf den Terror werde "stark, schnell und präzise sein", so Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die Hamas im Gazastreifen sprach hingegen von einer Vergeltungsaktion für getötete Palästinenser.

Bei dem Angriff auf eine Synagoge in der israelischen Ostjerusalemer Siedlung Neve Yaakov am Freitagabend hatte der Attentäter sieben Menschen erschossen und mehrere teils schwer verletzt. Die Polizei tötete wenig später einen 21-jährigen Palästinenser auf der Flucht. Am Samstag wurden bei einer erneuten Schießattacke in Jerusalem zwei Menschen verletzt. Der Schütze, der von bewaffneten Passanten angeschossen wurde, ist laut Polizei ein 13-jähriger Palästinenser.

Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Synagogenanschlag in einer Dringlichkeitssitzung einstimmig. UN-Generalsekretär Antonio Guterres nannte es besonders verabscheuungswürdig, dass der Anschlag am internationalen Holocaust-Gedenktag stattfand. Die derzeitige Gewalteskalation in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten sei besorgniserregend.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich am Samstag tief erschüttert: "Ich verurteile die brutale terroristische Gewalt in aller Schärfe." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte auf Twitter: "Deutschland steht an #Israels Seite." Das Auswärtige Amt sprach von einem "grauenhaften Terrorangriff" auf jüdische Gläubige am Tag des Holocaust-Gedenkens. "Mehr denn je bedarf es der Zusammenarbeit und des Dialogs zwischen Israel und den palästinensischen Behörden."


Christen geraten unter Druck

Papst Franziskus verurteilte die Gewalt im Heiligen Land. Bei seinem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz am Sonntag gedachte er sowohl der bei einer Militäraktion im Westjordanland getöteten Palästinenser als auch der jüdischen Anschlagsopfer. Er appellierte an beide Seiten, "dass sofort andere Wege gefunden werden, die auf dem Dialog und der wahren Suche nach dem Frieden beruhen".

Unterdessen warnten Vertreter der Kirchen im Heiligen Land vor einer sinnlosen Spirale der Gewalt, die nur zu Gegengewalt führe. In einer gemeinsamen Erklärung riefen sie alle Parteien zu Zurückhaltung auf.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, bezeichnete die Attacke als "feigen, menschenverachtenden Anschlag". "Am weltweiten Holocaust-Gedenktag zeigt dieser niederträchtige Angriff die ganze Perversion von Gewalt", sagte der Limburger Bischof der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Marc Frings, sagte dem kirchlichen Kölner Internetportal domradio.de, sowohl Israel mit einer teils rechtsextremen Regierung unter Ministerpräsident Netanjahu als auch die palästinensischen Gebieten bewegten sich politisch "in eine sehr kritische Richtung". Zugleich erinnerte er an die Lage der ebenfalls unter wachsendem Druck jüdischer Radikaler stehenden Christen.

Derweil kündigte Israels Sicherheitskabinett eine Lockerung der Waffengesetze an, um mehr Bürgern das Tragen von Waffen zu ermöglichen. Familien von Terroristen, die den Terrorismus unterstützen, sollen Ansprüche auf Sozialversicherung entzogen werden. Netanjahu will in Kürze Maßnahmen zur Stärkung der Siedlungspolitik vorlegen.

Die palästinensische Hamas, die vielfach als Terrororganisation eingestuft wird, begrüßte den Anschlag. Ein Sprecher erklärte, der Angriff sei eine Vergeltung für die Razzia der israelischen Armee im Flüchtlingslager Dschenin am Donnerstag, bei der neun Palästinenser getötet und 20 weitere verletzt wurden. In zahlreichen palästinensischen Städten wurde der Anschlag mit Feuerwerk und Freudenschüssen gefeiert.

kna