Reaktion auf Vatikan-Papier

Sternberg: „An der Realität vorbei“

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Das Papier des Vatikan zu Gemeindereformen sorgt für Aufregung. Thomas Sternberg, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, hält es für weltfremd. Er betont: Der Reformprozess der Kirche in Deutschland wird nicht gestoppt. 

Thomas Sternberg, Präsident des zentralkomitees Deutscher Katholiken
Der Synodale Weg wird nicht gestoppt, sagt Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Thomas Sternberg, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), hat das neue Dokument des Vatikan zu Gemeindereformen scharf kritisiert. „Die Instruktion verfehlt die Realität der katholischen Kirche in Deutschland“, sagte er den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse. „Sie zeichnet etwas als Ideal, was biblisch und historisch, theologisch und praktisch weder wünschenswert noch real ist.“ Unsere Gemeinden seien „mit Seelsorgeteams – ein Begriff, den es nach der Instruktion nicht geben soll – und Gremien der Mitverantwortung längst viel weiter“.

Besonders realitätsfern sei der Text im Blick auf die Priester. „Das Bild der Pfarrgemeinde, die sich um den Pfarrer schart, wird, abgesehen von dem schiefen Ideal, schon durch einen Priestermangel unmöglich, der längst dramatische Züge angenommen hat“, so Sternberg. „Im vergangenen Jahr musste in Deutschland ein Neupriester elf endgültig ausgeschiedene ersetzen. Es gibt die Priester nicht mehr.“

Weltfremd sei auch das Bild der Laien, das die Kleruskongregation in ihrer Instruktion zeichnet, kritisierte der ZdK-Präsident. Die Vielfalt der Dienste, die die Laien verrichten, werde nicht gesehen. Anders als in dem Papier behauptet seien Räte auch nicht reine Informations-, Beratungs- und Hilfsgremien. „In Deutschland sind durch Konkordate die Kirchenvorstände als Entscheidungsgremien etabliert“, so Sternberg. „Und auch die Pfarrgemeinderäte sind in der Praxis zu wichtigen Weichenstellern geworden. Man fragt sich, wer denn bereit sein sollte, sich einem Wahlverfahren zu unterziehen, um anschließend lediglich als Berater zu fungieren.“

Überhaupt sei es „ja nicht so, als wenn die Laien mit Macht nach liturgischer Präsenz und Mitbestimmung drängten“, betonte der ZdK-Präsident. „Man muss um sie werben und mit Vorstellungen, die völlig abseits demokratischer Erfahrungen liegen, wird dies nicht gelingen. In unseren Pfarreien sind es zumeist Frauen, die deren Gesicht prägen – sie finden im ganzen Text keine Erwähnung.“

Sternberg sagte, auch wenn das Papier aus dem Vatikan noch so sehr betone, der Mangel an Priestern dürfe nicht zu neuen Formen der Gemeindeleitung führen, „so wird die schlichte Notlage einen Reformprozess beschleunigen, der längst eingesetzt hat und nicht gestoppt werden kann“. Er stellte klar: „Die partizipative Suche nach neuen Antworten auf dem Synodalen Weg wird nicht gestoppt.“

Andreas Lesch