Gymnasium in Meppen erprobt neue Unterrichtsmethoden

Tablet im Tornister

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Ab jetzt lernen die siebten Klassen im Meppener Gymnasium Marianum Chemie oder Mathe nicht mehr nur aus Fachbüchern, sondern auch mit dem eigenen Tablet. Alle 146 Schüler arbeiten künftig im Unterricht und zu Hause mit diesem tragbaren Computer.


Ronan, Miriam und Jan freuen sich auf den Unterricht mit dem Tablet. | Foto: Petra Diek-Münchow

Franz Albers schaut in die Runde. „Seid ihr alle mit den Aufgaben klargekommen?“, fragt der Lehrer. Seine Schüler aus der Klasse 7 am Meppener Gymnasium Marianum kontrollieren ihre Lösungen aber nicht im Heft oder an der Tafel, sondern in ihren Tablets. Seit wenigen Tagen arbeiten alle 146 Jungen und Mädchen der Jahrgangsstufe 7 mit diesen kleinen tragbaren Computern. Genau wie Federmappe und Füller müssen sie die nun jeden Tag in ihren Tornister packen. „Digitale Lernbegleiter“ nennt Franz Albers die Geräte. Denn die Computer sollen die gewohnten Materialien nicht komplett ersetzen, sondern eben nur im Unterricht assistieren. „Unsere Schüler sollen auch weiterhin mit der Hand schreiben. Stift, Heft und Buch bleiben unsere Leitmedien“, sagt er.

Die liegen auch vor Ronan, Miriam und Jan. Trotzdem finden die Zwölf- und 13-Jährigen die neuen Tablets „voll cool“. Gerade haben sie sich im Schul-Wlan eingewählt, sich im Marianum-Netzwerk angemeldet und mehrere kleine Computerprogramme (Apps) installiert, die sie künftig brauchen: für die Textverarbeitung, zum Rechnen, zum Englischlernen. Auch eine Bibel-App gehört dazu. Wie das alles funktioniert? Blitzschnell  tippt Jan auf den Bildschirm, wischt ein paarmal hin und her. Zeigt einen kleinen Film für Erdkunde, den er mit einem Klassenkameraden gedreht hat. Und eine Tabelle, die er mit Verben in Aktiv- und Passivform für den Deutschunterricht angelegt hat.

Ganz fremd ist den Kindern der Umgang mit den Geräten nicht mehr. Schon in der 5. Klasse konnten sie sich in dem Fach Informatorische Grundbildung (ITG) auf digitale Medien vorbereiten. Und zu Hause nutzen die Jungen und Mädchen natürlich längst Computer und Laptop. „Vor allem zum Spielen oder mal für ein Referat“, sagt Miriam. Die Eltern achten aber darauf, dass alle nicht zu lange vor dem Bildschirm hocken. „In der Woche darf ich eine Stunde am Tag. Und wenn ich am nächsten Tag eine Arbeit schreibe, dann gar nicht“, sagt Ronan.

Erprobung der „Schul-Cloud"

Sind also die meisten Schüler schon gut mit neuen Medien vertraut? Franz Albers schüttelt den Kopf. „Sie können vielleicht gut mit dem Handy herumdaddeln, aber das ist keine echte Medienkompetenz.“ Wie man richtige Texte schreibt, wie man Projekte präsentiert, wie man im Team digitale Lösungen erarbeitet, wie man Themen im Internet recherchiert und dabei Inhalte auch kritisch hinterfragt, wissen die meisten (noch) nicht.

Und ohne solche Fertigkeiten werden sie künftig im Berufsleben nicht klarkommen. Die Digitalisierung wirbelt das Arbeitsleben kräftig durcheinander und darauf müssen die Schulen die Kinder und Jugendlichen vorbereiten. Auch das Marianum will dieser Entwicklung laut Ulrich Weßling (Schulleitung) Rechnung tragen. In den vergangenen Jahren hat das katholische Gymnasium in Trägerschaft der Schulstiftung schrittweise seine technische Ausstattung verbessert, nimmt seit 2017 auch als Pilotschule an der Erprobung der „Schul-Cloud“ teil.

Die neuen Tablets sind eine weitere Station auf diesem Weg. Während andere Schulen einheitliche Geräte eingeführt haben, gibt es im Marianumeine andere Lösung. Jeder Schüler bringt sein eigenes Tablet mit, egal, von welcher Marke und mit welchem Betriebssystem. Auf der einen Seite entspricht das laut Franz Albers mehr der gesellschaftlichen Realität. Außerdem können die Eltern  damit selbst entscheiden, welches Gerät sie kaufen oder ob sie ein vorhandenes nutzen. Vorgaben hat die Schule dabei nicht gemacht, nur einige Empfehlungen ausgesprochen: ein 10-Zoll-Bildschirm, einen 32-Gigabyte-Speicher und bitte keine SIM-Karte – damit die Schüler nicht unkontrolliert durch das Internet surfen können. Wenn Familien sich das Gerät nicht leisten können, hilft laut Weßling der Sozialfonds des Marianums.

Lehrer setzen große Hoffnung in die digitale Technik

Und wie setzen die Lehrer die Geräte nun ein? Franz Albers verspricht sich viel davon, zum Beispiel im Chemieunterricht. „Während zwei Schüler ein Experiment durchführen, kann der Dritte den Versuch filmen. Und jeder kann sich das Video dann auf seinem Tablet immer wieder anschauen – auch als Vorbereitung auf eine Arbeit.“ In anderen Fächern können die Lehrer einfacher mit Hörtexten und Aufgaben in unterschiedlichen Schweregraden arbeiten – und dabei Schüler individueller begleiten.

Klassenlehrerin Julia Scharnhorst treiben auch gemischte Gefühle beim Blick auf die Geräte um. Sie verhehlt nicht, dass sie sich wie andere Kollegen mit dieser anderen Art des Unterrichtens vertraut machen muss. Dafür bietet die Schule Fortbildungen an. Und sie ist gespannt, ob sich die Schüler von dem Bildschirm auf ihren Tischen sehr ablenken lassen. „Aber dafür muss man dann eben Regelungen finden“, sagt sie. „Außerdem gehen die meisten Schüler doch sehr verantwortungsvoll damit um.“ Gleichzeitig setzt die Pädagogin große Hoffnung in die digitale Technik. Zum Beispiel in ihrem Fach Musik. Dass künftig jeder Schüler auf seinem Tablet eine Tastatur vor sich haben kann, „ist eine super Sache.“ Und vielleicht werden auch die Schultaschen etwas leichter, wenn die Jugendlichen nicht mehr jedes Buch mitschleppen müssen.

Für die fünften und sechsten Klassen sind die Tablets zunächst nicht vorgesehen – aber künftig ab jedem siebtem Jahrgang. Ob die Geräte in anderen Klassenstufen schneller eingeführt werden sollten, müssen laut Ulrich Weßling die nächsten Monate zeigen.  

Petra Diek-Münchow