Morgenandachten im NDR

Texte, die Hoffnung machen

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Ab dem 14. Oktober strahlt der NDR Morgenandachten von Religionspädagogin Simone Welters aus. Nach einer Hirnblutung kann die 43-Jährige nicht mehr sprechen und nur ihren Kopf und einen Arm bewegen. Aber sie gibt nicht auf.


Simone Welters (Mitte) tippt die Morgenandachten in ihren Sprachcomputer, ihre Schwester Ulrike Fehnker (links) wird die Texte sprechen. Rundfunkbeauftragte Ruth Beerbom (rechts) gibt Tipps. Foto: Sandra Röseler

„Das Leben hat mich umgehauen.“ Mit diesem Satz beginnt Simone Welters die erste Folge der „Zwischentöne“, die in der Woche ab dem 14. Oktober von Montag bis Freitag um 9.50 Uhr auf NDR1 Niedersachen ausgestrahlt werden. Die 43 Jahre alte Osnabrückerin hat diesen Einstieg ganz bewusst gewählt. Das Leben hat sie umgehauen – diesen Satz verwendet sie oft, wenn sie darüber spricht, was ihr passiert ist.

Vor drei Jahren hat eine Autoimmun­erkrankung bei ihr eine Hirnblutung verursacht, die sie fast nicht überlebt hätte. Seitdem sitzt Welters im Rollstuhl, kann nicht mehr sprechen und nur noch ihren Kopf und ihren rechten Arm bewegen. Das Leben hat sie umgehauen – aber sie will wieder aufstehen. Jeden Tag arbeitet sie hart daran, ihr „altes Leben zurückzuerobern“, sagt sie.

In der Reha hat sie gelernt, wie sie mit ihrer rechten Hand eine Computermaus bedienen kann. Damit steuert sie einen Sprachcomputer, der kurze Sätze für sie spricht und Nachrichten schreiben kann.

Ihre Familie und ihre Freunde unterstützen sie

An diesem Computer hat Simone Welters auch die Morgenandachten für das Radio verfasst: fünf Texte, in denen sie von ihrem Schicksal und ihrem Glauben erzählt. Diese Texte zu tippen, war für sie sehr mühsam. Mit der Maus muss sie jeden Buchstaben auf der digitalen Tastatur ihres Computers einzeln anklicken. „Das dauert ein bisschen, weil ich nicht so schnell bin“, sagt sie, „aber in diesem Fall sind die Worte nur so gesprudelt.“

Eine Woche habe sie gebraucht, um die Texte zu schreiben, neben Therapie und Familie. Dass sie wieder schreiben kann, bedeutet  Welters, die vor ihrer Erkrankung als Sonderschullehrerin für katholische Religion gearbeitet hat, sehr viel. „Das Schreiben hat mir immer Kraft gegeben“, sagt sie. Schon als 17-Jährige hat sie im Kirchenboten Gedichte in der damaligen Rubrik „Junge Lyrik“ veröffentlicht. Heute kann man ihre Texte hingegen vor allem im Internet, in ihrem Blog „undamhimmelleuchtensterne“, lesen.

Weil sie ihre Morgenandachten nicht selbst sprechen kann, wird ihre Schwester Ulrike Fehnker an ihrer Stelle im Radio zu hören sein. „Für mich war klar, dass jemand für mich sprechen muss, der mir nahesteht“, sagt Welters. „Als ich im Koma lag und es mir immer schlechter ging, saß meine Schwester an meinem Bett und hat meine Hand gehalten.“

Simone Welters hat ihre Morgenandachten Menschen wie ihrer Schwester gewidmet, die an ihrer Seite sind und sie unterstützen. „Da ist jemand“ lautet das Motto, dass sie sich für die „Zwischentöne“ überlegt hat. Es ist angelehnt an das Lied „Ist da jemand?“ des Sängers Adel Tawil. Nach ihrer Hirnblutung habe sie dieses Lied zufällig immer wieder im Radio gehört, erzählt sie. „Irgendwie ist es, als hätte er es für mich geschrieben.“ An dem Liedtext habe sie sich festgehalten und viel Kraft daraus gezogen.

In ihren Morgenandachten erzählt Welters, wo in ihrem Leben jemand für sie da ist. Sie spricht über Nächstenliebe, erzählt von den vielen Helfern und Nachbarn, die sich um sie und ihre drei Kinder kümmern, von Menschen, die eine Fürbitte für sie gebetet haben, von Freunden, die sich nicht abgewendet haben.

Ihnen verdankt sie es auch, dass sie noch nicht den Mut verloren hat, sagt sie. „Ich werde getragen von meinem Mann, meiner Familie, von meinen Freunden und von Gott.“ Fällt es ihr angesichts ihres Schicksals nicht schwer, zu glauben, dass Gott für sie da ist? „Nein“, sagt Welters. „Ich hoffe, dass er da ist – vor allem, wenn es besonders schwer ist.“

Mit ihren Texten will die 43-Jährige auch anderen Menschen Mut machen, darauf zu vertrauen, dass man den Weg durch das Leben nicht alleine geht.Genau das ist auch die Idee der Morgenandachten im Radio, sagt Ruth Beerbom, Rundfunkbeauftragte des Bistums Osnabrück. „Die Hörer sollen mit einem geistlichen Impuls in den Tag starten, mit Geschichten, die ihnen Mut machen und von der Hoffnung aus dem Glauben heraus sprechen.“

Besondere Perspektive auf den Glauben

Die Morgenandachten werden im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt und jede Woche von einem anderen Sprecher vorbereitet. Rund 20 Sprecherinnen und Sprecher kommen pro Jahr aus dem Bistum Osnabrück. „Das sind oft Menschen, die im kirchlichen Dienst sind, Gemeindereferentinnen oder Pastoralreferenten“, sagt Beerbom. Man brauche aber kein Theologiestudium, um die Andachten zu sprechen. „Viel wichtiger sind die persönlichen Glaubenszeugnisse. Man kann viel über Gott erzählen, aber wenn es aus dem Leben kommt, ist es viel glaubwürdiger.“

Das zeigten auch die Andachten von Simone Welters: „Durch ihr Schicksal kann sie den Menschen eine ganz besondere Perspektive auf den Glauben geben.“ Simone Welters hat sich eine Botschaft für alle Menschen überlegt, die ihre Andachten hören werden: „Nie aufgeben und das Leben mit Ehrfurcht betrachten.“

Bis zu 800 000 Menschen wird sie über das Radio erreichen. Welters bedeutet es viel, dass so viele Menschen ihre Texte hören werden: „Es ist toll, diese Chance zu haben, so vielen Menschen Mut zu machen“, sagt sie.

Sandra Röseler


Zur Sache

Die Morgenandachten von Simone Welters werden in der Woche vom 14. bis 18. Oktober täglich um 9.50 Uhr auf NDR1 Niedersachsen ausgestrahlt. Am Freitag, 18. Oktober, ist sie von 9.50 bis 10.45 am Hörertelefon zu erreichen, die Nummer wird live angesagt. Außerdem können Hörer sie per E-Mail unter post.welters@outlook.de erreichen. Ihre Texte gibt es ab dem 14. Oktober im Internet: www.radiokirche.de

Mehr Texte von Simone Welters finden Interessierte in ihrem Blog: undamhimmelleuchtensterne.blogspot.com