Anfrage
Transmann und Priester - geht das?
„Nur ein getaufter Mann“ kann nach dem Kirchenrecht (Can. 1024) die Weihe gültig empfangen. Da die kirchliche Lehre im Unterschied zum staatlichen Recht bislang Transmänner, also Menschen, die sich mit dem männlichen Geschlecht identifizieren, bei der Geburt aber einen weiblichen Geschlechtseintrag erhielten, nicht als solche anerkennt, ist deren Weihe nach dem Kirchenrecht nicht erlaubt. Der Mainzer Kirchenrechtler Matthias Pulte sagte bei domradio.de: „Personen, die nicht eindeutig biologisch als Männer zu identifizieren sind, haben keine Chance.“
Als Grund nennt er, dass es nicht nur um Berufung geht. Auch die zuständige kirchliche Autorität entscheidet über die Weihezulassung. Die Deutsche Regentenkonferenz, der Zusammenschluss der Leiter der Priesterseminare, sprach auf Anfrage von einem „sensiblen Thema“, wollte sich aber nicht weiter dazu äußern.
Dass die Frage nicht nur theoretisch ist, sondern konkrete Menschen betrifft, zeigt auch die Rückmeldung der Initiative „Out in Church“. Deren Sprecher Jens Ehebrecht-Zumsande berichtet von verschiedenen Menschen, die sich an die Initiative gewandt haben, weil sie als Transmann für eine Weihe abgelehnt wurden. Einer sei inzwischen in eine männliche Klostergemeinschaft aufgenommen worden, ein anderer in verschiedenen Klöstern abgelehnt worden. Ein bereits gültig geweihter Diakon, der sich als Frau identifiziert, sei nach dem Coming-out aus dem Seelsorgedienst entfernt worden. Die Weihe bleibt gültig, das Amt darf nicht mehr ausgeübt werden.
Der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth kommt zu dem Schluss: „Das strikt heteronormative Menschenbild des kirchlichen Lehramts lässt keinen Raum für die positive Würdigung von Geschlechtsidentitäten, die nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen männlichen oder weiblichen Geschlecht übereinstimmen. Indem sich die Kirche für dieses Menschenbild amtlich auf die Offenbarung und Gott selbst beruft, markiert sie es als irre formabel und macht sich immun gegen Kritik.“ Der Kirchenrechtler Georg Bier ergänzt: „Mehr als ein bedauerndes Achselzucken hat die Amtskirche für diese Menschen nicht übrig.“