Nach Kritik an Migrationsplänen der Union

Unruhe in der Kirchenspitze

Karl Jüsten

kna/Jannis Chavakis

Prälat Karl Jüsten, der Leiter des Katholischen Büros in Berlin. Ein von ihm unterzeichnetes Papier sorgt für Irritation.

Kirchen contra CDU/CSU - das Papier der Berliner Verbindungsbüros der Kirchen hat für Wirbel gesorgt. Jetzt äußern sich katholische Verbände und Bischöfe zur scharfen Kritik an den Unions-Vorstößen in Sachen Migration.

Der von der Union gemeinsam mit der AfD verabschiedete Antrag für einen härteren Kurs in Sachen Migration löst in der katholischen Kirche weiter heftige Debatten aus. Katholische Verbände und Theologen blicken sehr unterschiedlich auf eine Stellungnahme, in der das Verbindungsbüros der Kirchen bei der Bundespolitik scharfe Kritik am Vorgehen von Parteichef Friedrich Merz (CDU) und den von ihm geforderten Maßnahmen geäußert hatte.

Der Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Martin Nebeling, verteidigte am Donnerstag im Gespräch mit der Katholischen-Nachrichten-Agentur (KNA) das Vorgehen von Merz und ging auf Distanz zu den kritischen Kirchenstimmen: "Mit Verwunderung haben wir als BKU die Stellungnahme katholischer Vertreter zur Kenntnis genommen", so Nebeling wörtlich.

"Nicht schlecht, nur weil die AfD zustimmt"

Merz habe sich um einen Konsens der demokratischen Parteien bemüht, sei aber "aus augenscheinlich wahltaktischen Gründen" auf Ablehnung gestoßen, fügte der BKU-Vorsitzende hinzu: "Es hätte an den anderen Parteien gelegen, sich - gegebenenfalls mit Modifikationen - um einen Kompromiss der Demokraten zu bemühen." Der Unternehmerverband stehe auch für eine Abgrenzung zur AfD. Dies müsse aber "nicht zwingend bedeuten, dass eine gute Sache - nämlich die abgewogenen Maßnahmen, die Merz vorgeschlagen hat - deshalb schlecht wird, nur weil auch die AfD zustimmt".

Zuvor hatte die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) den CDU-Chef scharf kritisiert. Dieser habe "durch bewusste Billigung der Unterstützung durch die AfD eine ebenso unchristliche wie menschenverachtende Entscheidung" herbeigeführt. Diese Vorgehensweise am Vorabend des 30. Januar zeuge von einer "beispiellosen Geschichtsvergessenheit". Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler mit Unterstützung konservativer Kreise zum Reichskanzler ernannt.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hatte Merz nach der Abstimmung vorgeworfen, er verlasse "wissentlich in der Frage des Asylrechts den Boden des Grundgesetzes". Die Anträge sowie ein Gesetzentwurf, zu dem die Union am Freitag im Bundestag auf Zustimmung hofft, überschritten Grenzen der politischen Kultur. Auch das Hilfswerk Caritas International sowie der Deutsche Caritasverband haben sich inzwischen hinter die kritische Stellungnahme aus den Kirchen zum Vorgehen der Union in der Migrationsdebatte gestellt.

Theologen und Bischöfe gehen auf Distanz

Der katholische Sozialethiker Elmar Nass verteidigte dagegen die Vorstöße der Union gegen die Kritik auch aus den Kirchen. Das Asylrecht dürfe zwar nicht ausgehöhlt werden, sagte er dem Kölner katholischen Portal domradio.de, doch "solche Diskussionen und auch kontroversen Vorschläge gehören zu einer funktionierenden Demokratie dazu. Wer das unterbinden möchte, schadet der Demokratie."

Die Berliner Büros der katholischen und der evangelischen Kirche hatten am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung das Vorgehen der Union als nicht hilfreich bezeichnet und auch deshalb scharf kritisiert, weil entsprechende Beschlüsse nur durch Zustimmung der AfD möglich seien. Unterzeichnet worden ist das Schreiben von Anne Gidion als Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche und Karl Jüsten als Leiter des Kommissariats der Deutschen Bischofskonferenz.

Die katholische Bischofskonferenz hatte anschließend betont, die Erklärung sei in dieser Form nicht mit ihr abgestimmt worden. Die Bischöfe wollten nicht so in den Wahlkampf eingreifen. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer erklärte, er sei verärgert über die Erklärung, die nicht in seinem Namen spreche.

"Kein Beitrag zur Versachlichung"

Am Donnerstag ging auch der Eichstätter katholische Bischof Gregor Maria Hanke auf Distanz. Der "Tagespost" sagte er, er könne in der Erklärung "keinen Beitrag zur Versachlichung der politischen Diskussion angesichts der zu lösenden Probleme" erkennen. Zudem habe er erst aus den Medien von der Stellungnahme erfahren: "Nach meinem Dafürhalten hat die Kirche für die ethisch tragenden Prinzipien des gesellschaftlichen Miteinanders einzustehen. Wir sollten jedoch sehr zurückhaltend sein, im politischen Wahlkampf Zensuren zu verteilen."  

Die Kritik der Bischöfe an dem Papier entzünde sich nach Worten von Matthias Kopp, dem Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, aber vor allem an der Form und weniger an den Inhalten der kritischen Stellungnahme. Gegenüber der "Tagespost" sagte Kopp, inhaltlich enthalte die Erklärung "jene Positionen, die in den zurückliegenden Monaten immer wieder öffentlich benannt wurden und hier - mit Blick auf das Gesetzesvorhaben - in einer Stellungnahme des Katholischen und Evangelischen Büros zusammengeflossen sind."

Aus einigen Bistümern war zu hören, es gebe viele kritische Rückmeldungen von Katholikinnen und Katholiken, die nicht einverstanden seien mit der scharfen Kritik am Kurs der Union.

kna