Wie die Caritas in der Ukraine Menschen unterstützt

„Unsere Hilfe ist lebensrettend“

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Caritas Ukraine: Winterhilfe
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Caritas Ukraine

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Vielfältige Hilfe: Die Teams der Caritas Ukraine bringen Bedürftige mit Holz, Briketts und warmen Unterkünften durch den Winter.

Russlands Armee zerbombt gezielt die Energieversorgung der Ukraine, um die Menschen dort zu zermürben. Die Caritas unterstützt sie dabei, trotz der Attacken warm durch den Winter zu kommen. Zwei Helferinnen erzählen, wie das geht – und warum manche kaum glauben können, dass jemand an sie denkt.

Die Menschen seien unglaublich dankbar, sagt Iryna Noga. Manche weinten vor Freude, andere böten selbstgebackenen Kuchen an. Wieder andere spielten spontan ein Stück auf dem Akkordeon oder der Geige. Und ihre Kinder sagten Gedichte auf. „Ich danke Gott, dass ich diese Hilfe habe“ – das ist ein Satz, den die Teams der Caritas Ukraine bei ihren Besuchen oft hören. 

Die Caritas-Leute helfen den Menschen, den Winter zu überstehen. Sie unterstützen sie dabei, ihre Häuser und Wohnungen warmzuhalten. Das wird immer schwieriger, weil Russlands Armee seit langem gezielt die Energie-Infrastruktur der Ukraine bombardiert. Diktator Wladimir Putin will dadurch die Zivilbevölkerung des Nachbarlandes zermürben. Er will die Menschen so sehr frieren lassen, dass sie fliehen müssen – oder dass sie ihre Regierung drängen, die Abwehr gegen den Aggressor aufzugeben. 

„Ihr Ziel ist es, unsere Hoffnung zu stehlen“, sagt Noga, die bei der Caritas Ukraine das Wärmeprojekt managt. Ihre Leute kämpfen gegen den Hoffnungsdiebstahl an. Sie isolieren Dächer, bauen energieeffiziente Fenster und Türen ein, tauschen alte Heizkessel gegen neue aus, verteilen Brennholz und Briketts, stellen Öfen auf. Den Menschen, die ihre Stromrechnung nicht bezahlen können, helfen sie mit Bargeld. Und sie informieren darüber, wie man Energie einsparen und mit knappen Ressourcen durch den Winter kommen kann. Noga sagt: „Unsere Unterstützung zeigt den Menschen, dass sie nicht allein sind – und dass da jemand ist, der ihnen beisteht.“ 

Iryna Noga
Mit ihrem Sheltersprogramm hilft die Caritas Ukraine Menschen in der Not. Foto: Caritas Ukraine

Die Caritas konzentriert ihre Hilfe vor allem auf Gegenden nahe der Front – etwa in den Regionen um Odessa und Charkiv, Saporischschja, Cherson und Dnipropetrowsk. Das Leben dort sei hart, sagt Oksana Vaintrub von der Caritas Saporischschja. So hart, dass viele nach fast drei Jahren russischem Angriffskrieg kaum glauben könnten, wenn ihnen jemand helfen will: „Manche sind regelrecht geschockt, wenn wir kommen. Sie glauben niemandem mehr.“ Vaintrub sagt, diese Menschen gingen davon aus, von der Welt vergessen worden zu sein – auch von ihrer Regierung, die alle Kräfte ins Militär stecken muss, um dem Feind standzuhalten. Erst langsam öffneten die Menschen sich, redeten mit den Helferteams und vertrauten ihnen.

Alle Bäume sind schon gefällt

Der Winter sei die schwierigste Zeit im Krieg, sagt Vaintrub, viele Menschen hätten Angst vor ihm: „Sie sagen: Wir können durch den Krieg sterben – oder durch die Kälte.“ Die Menschen in den Dörfern fürchteten Schnee und Kälte noch mehr als die Menschen in den Städten, denn die Infrastruktur sei dort schlechter. Die Caritas unterstützt vor allem die Verletzlichsten: Alleinerziehende, Schwangere und Mütter mit Kindern unter drei Jahren, kinderreiche Familien, Alte, Behinderte, Kriegsverletzte und chronisch Kranke. Und Menschen, die vor Russlands Bombenterror geflohen sind. Vaintrub sagt: „Für sie ist unsere Hilfe lebensrettend.“

Etliche Ukrainer im Osten des Landes mussten ihre Häuser verlassen, weil ihre Städte von den Russen besetzt wurden. Sie hätten oft kein Geld, um eine Wohnung zu mieten, erzählt Vaintrub. Also lebten sie in Sommerhäusern am Rand der Städte – und die hätten keine Heizung. Auch dort hilft die Caritas. Je länger der Krieg dauert, desto schwerer wird es für die Menschen, halbwegs warm durch den Winter zu kommen. Auch weil den Betroffenen, wenn Kraftwerke zerstört sind, die Heizalternativen ausgehen. Vaintrub erzählt, im ersten Kriegswinter seien die Menschen in einigen Dörfern nahe der Frontlinie in den Wald gegangen, hätten Bäume gefällt und so Holz zum Verfeuern gehabt. Jetzt aber seien die Bäume rund um die Dörfer alle weg.

Auch deshalb müssen die Caritas-Leute professionell planen. Schon im Sommer beginnen sie mit den Vorbereitungen für den Winter. Sie beschaffen Brennholz und Briketts, verteilen erste Lieferungen und prüfen, wo die Bedürftigsten sind. Sie tun, was sie können – und die Projektmanagerin Noga findet, das sei auch ihre Pflicht. „Unsere Soldaten kämpfen und geben ihr Leben für uns“, sagt sie. „Jeder Ukrainer sollte alles in seiner Macht Stehende tun, um sich gegenseitig zu unterstützen, insbesondere die Schwächsten. Dies ist unser gemeinsamer Kampf für eine Zukunft, in der das Gute letztendlich siegen wird.“ 

„Dies ist nicht nur ein Job“

Noga weiß, dass viele Menschen in der Ukraine erschöpft und verzweifelt sind, aber sie betont: „Wenn wir jetzt aufhören zu kämpfen, könnte Russland irgendwann neues Territorium besetzen und eine Bedrohung für andere Länder darstellen.“

Iryna Noga erzählt, sie sei selbst in diesem Krieg schon zweimal vertrieben worden: erst von Donezk nach Mariupol, dann von Mariupol nach Kiew. Sie sagt: „Ich verstehe die Situation der Menschen, denen wir helfen, zutiefst.“ Sie spüre, welch eine Verantwortung sie trägt für diejenigen, die ihr Zuhause verloren haben und auf Hilfe angewiesen sind: „Dies ist nicht nur ein Job, es ist eine Mission.“

Andreas Lesch

Iryna NogaZur Person:

Iryna Noga (38) ist bei der Caritas Ukraine Managerin des Shelterprogramms. Es unterstützt Menschen, deren Häuser und Städte von den russischen Angreifern zerstört worden sind. Ein wichtiger Teil der Hilfe ist die Vorbereitung auf den Winter. Foto: Caritas Ukraine