Religionsvertreter nach Hanauer Gewalttat erschüttert

Verbrechen ist eine tiefe "Zäsur"

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Religionsvertreter äußern sich erschüttert über die Gewalttat von Hanau.

Foto: kna/Angelika Zinzow
Die Fuldaer Bischof Michael Gerber spricht
von einer tiefen Zäsur nach dem Verbrechen in Hanau. Foto: kna/Angelika Zinzow

Vertreter der beiden großen Kirchen und von Religionsgemeinschaften haben erschüttert auf die Gewalttat von Hanau reagiert. Der Fuldaer katholische Bischof Michael Gerber erklärte am Donnerstag: "Was wir aktuell an Informationen bezüglich der Hintergründe dieser Tat erfahren, verstört uns zutiefst."

Am späten Mittwochabend hatte ein Täter nach Erkenntnissen der Polizei zehn Menschen in der Stadt erschossen und sich anschließend selbst getötet. Die Ermittler gehen von einem rassistischen Hintergrund aus. Der mutmaßliche Schütze, ein 43-jährige Deutscher, wurde in seiner Wohnung tot aufgefunden. Dort wurde auch die Leiche seiner 72-jährige Mutter entdeckt.

In einem Brief an Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) schrieb Gerber, für die Stadtgesellschaft Hanaus bedeute dieses Verbrechen eine tiefe Zäsur. Er bat alle Gemeinden im Bistum, in den Sonntagsgottesdiensten für die Opfer zu beten. Viele Bistümer in Deutschland bekundeten in den Sozialen Medien ihre Trauer und posteten Bilder mit Kerzen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wollte am Donnerstagnachmittag in Hanau gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender der Opfer gedenken und die Tatorte besuchen. Bei einer um 18.00 Uhr beginnenden Mahnwache der Stadt auf dem Hanauer Marktplatz wollte Steinmeier Gedenkworte sprechen.

Die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, erklärte, die vergangene Nacht habe das Leben in Hanau verändert. "Wir werden uns als Evangelische Kirche weiter für ein friedliches Zusammenleben in der Stadt einsetzen." Viele Kirchen der Stadt sollten am Donnerstag zum Gebet offen stehen. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Hanau lud zu einem Gedenkgottesdienst am Freitag ein.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, äußerte sich "fassungslos" über die Bluttat. Wenn sich bewahrheite, was jetzt bekannt geworden sei, "dann ist diese Gewalttat ein trauriger Beleg für die brutalen Konsequenzen des Gifts, das rechtspopulistische und rechtsextreme Kreise zu streuen versuchen", erklärte er in Hannover. "Wer Rassismus und Ausländerfeindlichkeit sät, der muss auch damit rechnen, dass daraus brutale Gewalt erwächst."

 

Zentralrat der Juden: "Rechtsextreme Blutspur durch Deutschland"

Der Zentralrat der Juden erklärte, die "offenbar rechtsterroristische Bluttat" habe die jüdische Gemeinschaft tief erschüttert. Präsident Josef Schuster sagte: "Es ist davon auszugehen, dass der Täter bewusst Menschen mit Migrationshintergrund treffen wollte. Nach der Mordserie des NSU zieht sich wieder eine rechtsextreme Blutspur durch Deutschland." Zu lange sei die Gefahr durch Rechtsextremismus verharmlost worden.

Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) sprach in Köln von einem "schwarzen Tag". Die Tatorte und ein Bekennerschreiben zeigten, "dass der Terror eine bestimmte Zielgruppe hatte, nämlich Migranten, insbesondere Muslime".

Mehrere der Getöteten sind den Angaben zufolge Kurden. Der kurdische Dachverband in Deutschland KON-MED äußerte sich "wütend", weil die politischen Verantwortlichen sich rechten Netzwerken und Rechtsterrorismus nicht entschieden entgegenstellten. Auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zeigte sich entsetzt. Unter den Getöteten sei eine junge Romni und möglicherweise ein junger Sinto, erklärte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose in Heidelberg.

kna