Stimmen der Ordenschristen zum Synodalen Weg

Von den Orden Kirche-Sein lernen

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In einem neuen Begleitbuch zum Synodalen Weg geht es um den Beitrag der Orden für die Zukunft der Kirche. Die hier gesammelten Zitate stammen aus dem Buch unter dem Titel: „Wir können auch anders“, erschienen im Vier-Türme-Verlag. Herausgegeben haben es Marcus C. Leitschuh und Schwester Katharina Kluitmann.



Schwester Katharina Kluitmann (links) ist gemeinsam mit Marcus Leitschuh Herausgeberin des neuen Buchs zum Synodalen Weg. Beide sind Delegierte.


Schwester Franziska Dieterle, Franziskusschwester

Reißnägel auf dem Stuhl der verfassten Kirche
"Die Orden waren immer die Reißnägel auf dem Stuhl der verfassten Kirche, es wurde also ungemütlich, wenn man sich zu bequem hinsetzte. Viele Erneuerungsbewegungen gingen von Orden aus. Ich glaube allerdings, dass die Kirche sich in ihrem Selbstverständnis schon so auf den Stuhl gesetzt hat, dass sie diesen Reißnagel nicht mehr spürt – nicht nur den der Orden, auch den der Gesellschaft.“
Schwester Franziska Dieterle OSF (46), Kongregation der St. Franziskusschwestern Vierzehnheiligen. Für die Deutsche Ordensobernkonferenz nimmt sie am Synodalen Weg teil.


Schwester Philippa Rath, Benediktinerin

Meinung offen sagen

"Es braucht in der Kirche mehr Souveränität, mehr Offenheit, mehr Mut und mehr Toleranz. Mehr Katholischsein im besten Sinne, so wie wir es jetzt Schritt für Schritt erleben. Wir denken oft viel zu klein und zu eng. Das weite Herz Jesu zeigt, dass es auch anders geht. – Meine Vision von Kirche ist, dass alle so leben können, wie es ihnen gemäß ist, dass alle ihre Meinung offen sagen können, ohne ausgegrenzt zu werden. Dass niemandem der Glaube und das Katholischsein abgesprochen wird, weil er oder sie anders lebt oder andere und vielleicht unbequeme Vorstellungen hat. Dieser Traum von Kirche speist sich sicher auch aus meinem Ordensleben. – Alle wichtigen Entscheidungen dort werden gemeinsam und mit Mehrheit getroffen. Da sitzt keine Äbtissin, die sagt: Hier geht‘s lang und ihr habt alle zu folgen. Da wird so lange miteinander gerungen, bis ein gemeinsamer Weg gefunden ist. Wir leben also bereits das, was wir uns als synodale Kirche der Zukunft vorstellen.“
Schwester Philippa Rath OSB (66), Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen. Mitglied im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“.

 

Schwester Daisy Panikulam, Anbetungsschwester

Vorreiter für die Weltkirche

"Der Synodale Weg der deutschen Kirche kann ein Vorreiter für die Weltkirche sein. Er zeigt, dass die Kirche aus ihrer Vergangenheit lernen kann und durch Handeln versucht, eine Antwort auf die Fragen und Sorgen der heutigen Menschen zu geben.“
Schwester Daisy Panikulam SABS (54 Jahre) wurde in Indien geboren. Sie ist Teilnehmerin am Synodalen Weg.
 

Schwester Nicola Maria Schmitt, Vinzentinerin

Mit Betroffenen weinen

"Wir haben allen Grund, mit Maria zu weinen, wenn wir auf unsere derzeitige innerkirchliche Situation schauen. Wir weinen mit den Betroffenen, über deren erfahrenes Leid im Missbrauch jeglicher Form. Wir weinen darüber, wie viele Berufungen brachliegen, weil die derzeitigen kirchenrechtlichen Strukturen diesen Ruf nicht annehmen lassen. Wir weinen, weil viele Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Brüchen in ihren Lebensentwürfen von Sakramenten ausgeschlossen sind und nicht die volle Teilhabe an der communio erhalten. Ja, wir weinen und trauern und schauen in die Dunkelheit und Leere, die dieses ‚Schauen‘ bei uns hinterlässt.“
Schwester Nicola Maria Schmitt (62) gehört zu den Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul zu Untermarchtal. Für die Deutsche Ordensobernkonferenz nimmt sie am Synodalen Weg teil.
 

Schwester Bettina Rupp, Steyler Missionsschwester

Dienend unterwegs sein

"Jede Struktur ist ein Hilfskonstrukt, um die Wirklichkeit so herunterzubrechen, dass ich sie gut leben kann. Für die Kirche heißt es, dass sie mit den Menschen dienend unterwegs sein kann. Jedes Mal, wenn die Struktur nicht mehr dem Menschen dient, dann wirkt schon der Heilige Geist: Sie muss verändert werden.“
Schwester Bettina Rupp, Steyler Missionsschwester (55) in Frankfurt. Sie ist Mitglied der Vollversammlung des Synodalen Weges.


Bruder Thomas Wierling, Canisianer

Der Stil Gottes ist Liebe

"Ich verstehe es nicht und kann es auch nicht nachvollziehen, dass die Kirche auf der einen Seite sagt, Glauben ist vielfältig und bunt und auf der anderen Seite wird die Bewertung einer sexuellen Orientierung so in den Vordergrund gestellt. Warum sieht die Kirche nicht die Vorteile der Vielfältigkeit? Meine größte Hoffnung ist, dass der Mensch wieder mehr in den Mittelpunkt rückt, egal wie er denkt oder wie er liebt. – Der Stil Gottes ist bedingungslose Liebe. Er leitet uns durch seinen Geist. Das kann dazu führen, dass man mutig wird und auch mal ungehorsam sein muss.“
Bruder Thomas Wierling (53) gehört der Brüdergemeinschaft der Canisianer an, in deren Brüderrat er gewählt ist. Für die Deutsche Ordensobernkonferenz nimmt er am Synodalen Weg teil.
 

Schwester Katharina Ganz, Franziskanerin

Wunden ehrlich anschauen

"Nur wenn die Kirche die Fehler im eigenen System ausmerzt, werden Glaubensvermittlung und Evangelisierung gelingen. – Der Synodale Weg, den die Bischöfe gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken unternommen haben, ist viel mehr als eine Beschäftigung mit sich selbst. Er ist ein Weg, die Wunden, die die Kirche ihren eigenen Mitgliedern geschlagen hat, ehrlich anzuschauen und nach Wegen der Heilung und Versöhnung zu suchen.“
Schwester Dr. Katharina Ganz OSF (52) ist Oberzeller Franziskanerin und Generaloberin ihrer Gemeinschaft. Sie ist Beraterin im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern“ beim Synodalen Weg und Mitglied in der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz.

 

Schwester M. Scholastika Jurt, Dominikanerin

Ist Maria von Magdala nicht so wichtig?

"Alle sind Maria. Aber Petrus dürfen wir nicht sein, auf keinen Fall. Auch die anderen Elf nicht: ,Wo kommen wir da hin?' Apostel sind für Frauen unantastbar. So kommt es mir vor. Was machen wir dann mit Maria von Magdala? Ist sie nicht so wichtig? Sie, die uns Ostern verkündet hat?“
Schwester M. Scholastika Jurt OP (57) gehört der Kongregation der Arenberger Dominikanerinnen an. Am Synodalen Weg nimmt sie als Beraterin im Forum III teil, „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“.
 

Frater Simon Hacker, Dominikaner

Geisterfüllter Dialog
"Bei einigen Synodalen Weggefährt:innen wird bisweilen von Reformen und Revolutionen gesprochen, ohne dass sich aber etwas am eigenen Standpunkt oder am kirchlichen Status Quo ändern dürfe. Das scheint etwas unreflektiert oder nicht ganz ehrlich. – Nur wer sich in der Offenheit auf Veränderung eigener Positionen hin auf den Anderen einlässt, ermöglicht einen echten, geistlichen – das heißt geisterfüllten – Dialog. Wer so in einen Dialog geht, hält dann vielleicht auch die Möglichkeit offen, im Gegenüber die Wahrheit Gottes neu lernen zu können.“
Frater Simon Hacker OP (32). Der Dominikaner ist Delegierter der Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) für die Vollversammlung des Synodalen Wegs und Mitglied im Synodalforum „Priesterliche Existenz heute“.

 

Schwester Maria Stadler, Missionarin Christi

Amtszeitbegrenzung
"Je mehr Mitglieder aus dem Gottesvolk in die Bestellung und vielleicht sogar in die Wahl eines Ortsbischofs einbezogen sind, umso mehr wird er angenommen in seinem Amt und unterstützt. – In den meisten Ordensgemeinschaften wird den Gewählten die Annahme der Wahl durch eine Amtszeitbegrenzung erleichtert. Leitungsaufgaben sind äußerst fordernd und oft sehr belastend. Das Wissen, dass dieses Amt nach sechs, zwölf oder wieviel Jahren auch immer wieder abgegeben wird und auch abzugeben ist, ist für viele Gewählte eine große Entlastung. Warum sollte das nicht auch für Bischöfe gelten?“
Schwester Maria Stadler MC (54) gehört der Gemeinschaft der Missionarinnen Christi an. Sie ist beim Synodalen Weg Mitglied im Forum I zu Fragen von Macht.
 

Bruder Bruno Robeck, Zisterzienser

Bereit sein zu lernen
"Ich finde es sehr wichtig, dass wir als Ordensleute uns unserer gesamten Geschichte bewusst sind. Unbestritten finden sich in den Orden Ansätze, von denen Erneuerungsimpulse ausgehen können. Zu unserer Geschichte gehören aber auch die dunklen Seiten, die viele Menschen abgeschreckt oder verletzt haben … Nicht vergessen werden sollte jedoch, dass durch einen Ordensmann die Missbrauchsthematik in der Kirche von Deutschland öffentlich gemacht wurde. – Die Orden mussten lernen und sie waren bereit zu lernen. Das zeichnet sie in vielfacher Weise in der heutigen kirchlichen Debatte aus. Viele Ordensgemeinschaften haben ihre Fehler eingesehen. Sie sind zu ihren Wurzeln zurückkehrt und haben sich von problematischen Teilen ihres Erbes getrennt. So können sie zuversichtlich in die Zukunft gehen und Ermutigung für andere sein.“
Pater Bruno Robeck OCist (53) leitet seit 2004 als Prior das Zisterzienserkloster Langwaden. Er ist Teilnehmer am Synodalen Weg.

 

Manfred Kollig, Arnsteiner Pater

Ganz in der Welt leben
"Wie können wir besser den Menschen zusagen, dass Gott sie mit ihrer ganzen Wirklichkeit annimmt? Wie können wir erfahren lassen, dass Gott das tägliche Leben unterstützen und nähren will? Wie können wir besser bezeugen, dass wir glauben, dass jeder Mensch von Gott Geistesgaben empfangen hat? Wie können wir deutlicher verkünden, dass wir ganz in der Welt leben, solidarisch mit den Menschen und der ganzen Schöpfung; und gleichzeitig den Blick für den Himmel offenhalten, der weiter ist als die Welt?“
Manfred Kollig SSCC (66) gehört der Ordensgemeinschaft der Arnsteiner Patres an. Er ist Generalvikar des Erzbistums Berlin. Er nimmt für die Konferenz der Generalvikare am Synodalen Weg teil und ist Mitglied des Forums „Macht und Gewaltenteilung“ und der Vollversammlung.


Stephan Kessler, Jesuit

Mut zu neuen Formen
"Ordensleute sind keine besseren Christen. Erst recht sind sie keine besseren Priester, sofern sie zu diesem Amt ordiniert sind. Alle Gefährdungen und Perversionen des Priesterlichen berühren jedoch das Ordensleben im Kern, das im gemeinsamen Priestertum aller Getauften gründet. – Kreative Gedanken zur Erneuerung des Priesterlichen kommen gegenwärtig vor allem aus weiblichen Ordensgemeinschaften, nicht zuletzt, weil dort das männliche Priestertum zunehmend an Plausibilität verliert und die Abhängigkeit geistlich und auch theologisch qualifizierter Frauen von geweihten Männern Fragen aufwirft. Ob es den Ordenschristen jedoch in den weltweit angestoßenen synodalen Prozessen gelingen wird, Aspekte der Erneuerung des priesterlichen Ideals aus der Ordensperspektive einzubringen, steht dahin. Aus reichhaltigen Traditionen und Erfahrungsschatz hätten sie jedenfalls konstruktive Beiträge zur Erneuerung des priesterlichen Dienstes einzubringen. – Der Kirche ist in den synodalen Prozessen der kommenden Jahre der Mut zu wünschen, neue Formen mutig zu erproben und auszuwerten. Neue Priester*innen sind gesucht, die einen Geschmack für das Geheimnis Gottes im Heute vermitteln. Reform bleibt angesagt. Da können die Orden aus ihrem Erfahrungsschatz demütig und konstruktiv ein Wörtchen mitreden.“
Dr. Stephan Ch. Kessler SJ (63) ist Pfarrer der Kunst-Station Sankt Peter Köln. Er ist Mitglied des Forums „Priesterliche Existenz heute“ beim Synodalen Weg.

 

Schwester Katharina Kluitmann, Franziskanerin

Es darf Vielfalt geben
"Orden zeigen, dass es Vielfalt geben darf. Alle Ordensleute leben ehelos und in Gemeinschaft, aber wie genau sie das tun, das unterscheidet sich mindestens so sehr wie sich ein Ordensleben von einem Familienleben unterscheidet. Warum sollten also nicht Menschen, gern Männer und Frauen, die im priesterlichen Dienst stehen und die ihr Dienst verbindet, in ihrer Lebensform unterschiedlich sein, verheiratete, unverheiratete, Menschen, die noch auf der Suche nach einem Menschen sind, mit dem sie das Leben teilen wollen. Es würde zu einer größeren Vielfalt des Priesterdienstes führen, die eine belebende evangelisierende Wirkung entfalten könnte. Denn so können verschiedene priesterliche Menschen für verschiedenste Menschen zu Ansprechpartner*innen werden.“
Schwester Dr. Katharina Kluitmann OSF (57). Sie leitet die niederländische Ursprungsprovinz der Franziskanerinnen von Lüdinghausen. Bis Mai 2022 war sie Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK), für die sie am Synodalen Weg teilnimmt. Sie ist Mitglied der Vollversammlung und im Forum „Priesterliche Existenz heute“ aktiv.

Alle Zitate stammen aus dem Buch „Wir können auch anders. Der Beitrag der Orden zum Synodalen Weg und für die Zukunft der Kirche“, Vier-Türme-Verlag, 20 Euro. Mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber und des Vier-Türme-Verlags.