Anfrage
Wann soll welches Lied gesungen werden?
Kürzlich wurde in der Abendmesse zur Gabenbereitung das Lied „Der Mond ist aufgegangen“ gesungen. Ist es inzwischen egal, wann welches Lied gesungen wird? M. D., per E-Mail
Über wenig wird so oft und so gern gestritten wie über die Liedauswahl im Gottesdienst. Häufig geht es dabei um Geschmack, manchmal um theologische Bedenken, manchmal um liturgische Fragen.
Klar ist: Lieder werden im Gottesdienst nicht in erster Linie deshalb gesungen, um ihn abwechslungsreicher zu gestalten oder die Gemeinde mehr einzubinden. Lieder haben Funktionen – allerdings verschiedene.
Manche Lieder wie etwa das Gloria oder das Sanctus sind Bestandteil liturgischer Texte; deshalb sollte man dort nicht irgendein Loblied singen, sondern ein Gloria oder ein Sanctus. Die Auswahl im Gotteslob ist durchaus groß.
Andere Lieder sind Begleitgesänge, etwa die Lieder zum Ein- und Auszug oder zur Gabenbereitung. Da muss man gar nicht singen, ein schönes Orgelstück tut es auch. Wenn Priester oder Organisten sich aber für das Singen entscheiden, sollten sie das Lied natürlich gut auswählen.
Ein Orientierungspunkt ist das Kirchenjahr. Dazu gibt es einzelne Abschnitte im Gotteslob, aber auch bestimmte Feste im Jahreskreis (Allerheiligen, Marienfeste, Kirchweih).
Ein weiteres Auswahlkriterium sind die Bibeltexte des Tages. Sie geben in der Regel eine Grundstimmung vor (Vertrauen, Lob, Vollendung, Schöpfung), die sich in der Auswahl der Gesänge wiederfinden sollte. Dann darf es zur Gabenbereitung auch mal „Herr, unser Herr, wie bist du zugegen“ aus dem Abschnitt „Vertrauen und Trost“ oder „Wenn wir das Leben teilen“ aus dem Abschnitt „Gerechtigkeit und Frieden“ sein – und nicht nur eines der sechs Lieder, die das Gotteslob unter „Gabenbereitung“ vorschlägt.
Dass „Der Mond ist aufgegangen“ eine gute Auswahl ist, bezweifle ich auch. Dieses Lied in einem Abendgottesdienst singen (Abschnitt „Abend“ im Gotteslob) kann man aber durchaus. Vielleicht als Schlusslied: „Verschon uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbarn auch“. Ob es gefällt, ist dann natürlich wieder Geschmacksache.
Susanne Haverkamp