Leseordnung im Gottesdienst

Wann wird welcher Bibeltext gelesen?

Wann wird eigentlich welcher Bibeltext im Gottesdienst gelesen? Wer bestimmt das und wie verbindlich ist das? Und wie große Teile der Bibel werden gelesen?

Die Leseordnung ist ein Ergebnis der liturgischen Neuordnung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Die Bischöfe wollten, dass den Gläubigen „die Schatzkammer der Bibel weiter aufgetan“ werde, wie es im Konzilstext über die Liturgie (Sacrosanctum Concilium 51) heißt. Zuvor, im Tridentinischen Messbuch, wiederholten sich die Lesung und das Evangelium Jahr für Jahr. Zudem gab es nur eine Lesung, meist aus den neutestamentlichen Briefen (Epistel); das Alte Testament kam so gut wie gar nicht vor. 

Heute gibt es für jeden Sonntag drei Lesungen: das Evangelium, eine alttestamentliche Lesung, die passend zum Evangelium ausgewählt wird, und eine weitere aus dem Neuen Testament. Insgesamt ist damit etwa ein Drittel der Bibel abgedeckt.
Die Leseordnung des Sonntags kennt drei Lesejahre. Gerade haben wir das Lesejahr A, in dem das Evangelium in der Regel aus Matthäus gelesen wird; ab dem 1. Advent steht Markus im Mittelpunkt, C ist das Lukasjahr. Das Johannesevangelium kommt besonders in den geprägten Zeiten vor, also im Weihnachts- und Osterfestkreis. 

Im übrigen Jahreskreis folgen die Texte oft der sogenannten Bahnlesung, das heißt: Man liest ganze Kapitel nacheinander. Natürlich nur die wichtigsten Teile und – das wird oft kritisiert – manchmal bruchstückweise, etwa aus einem Kapitel die Verse 1–2.4b–6.12–14a. Bei langen Evangelien gibt es zudem die beliebten Kurzfassungen.

An Werktagen wechseln sich zwei Lesejahre ab. Allerdings bleiben die Evangelien an den Wochentagen in beiden Lesejahren dieselben; lediglich die Lesung wechselt – und dies auch nur während der normalen Wochen im Jahreskreis.

Die Leseordnung ist verpflichtend: In jeder katholischen Messe werden weltweit am selben Tag dieselben Bibeltexte gelesen. Ausnahmen sind besondere Anlässe, etwa bei Messen zu Beerdigungen oder Hochzeiten. Eine Familienmesse ist kein besonderer Anlass: Auch sie soll die Texte des Sonntags verkünden. Nicht verpflichtend ist, alle drei Texte zu lesen, in Deutschland ist es geradezu unüblich.

Susanne Haverkamp