Anfrage zum Totengebet

Warum beten wir für die ewige Ruhe?

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Warum betet man für die Toten: „Herr, gib ihnen die ewige Ruhe (...), lass sie ruhen in Frieden“? Da man als Christ an ein Leben nach dem Tod glaubt, wäre es da nicht sinnvoller zu beten: „Herr, lass sie in Dir ihre Vollendung finden“? Martin Bömeke 

Das Gebet um ewige Ruhe irritiert. Auch, weil wir mit Ruhe so etwas wie Schlaf verbinden und damit eine Art Bewusstlosigkeit. Und das ist gerade nicht das, was wir bei Gott erhoffen.

In der Bildsprache der Bibel – und die liegt dem Gebet zugrunde – sind die Wörter Ruhe oder auch Ruheplatz allerdings durchweg positiv besetzt. Sie bedeuten ein besonderes Gut oder, wie Ruts Schwiegermutter Noomi im Buch Rut sagt, einen Ort, an dem es ihr wohlergehe. Ruhe meint hier nicht eine faule Untätigkeit, sondern die durch Gott gewährte Befreiung von Sorgen, Last und von Feinden.

Ein Zweites kommt hinzu: Nach traditioneller christlicher Vorstellung, die aus dem jüdischen Glauben erwachsen ist, gibt es eine Zeit zwischen Tod und Auferweckung. Das ist die Zeit der Ruhe.Die Toten schlafen sozusagen, bis sie von Gott am Jüngsten Tage, wenn der Messias/Christus (wieder-)kommt, auferweckt werden. 

Erst dann werden wir endgültig und ganz bei Gott sein. Weil das Leben, zumal in früheren Jahrhunderten, oft aus Kampf, harter Arbeit und Mühsal bestand, erhofften die Menschen nach dem Tod zunächst Ruhe und Schlaf. 

So ist das Gebet von der ewigen Ruhe im ersten für die gesamte katholische Welt gültigen Messbuch von 1570 zum Eingangsgebet der Messe für Verstorbene geworden. Und es hat eine lange Wirkungsgeschichte. „Requiescat in pace“ – R.I.P. – ist bis heute der gängigste Abschiedsgruß von der Filmszene bis zum Trauerkranz.

Schaut man hingegen in das heute gültige Messbuch, ist in der Messe für Verstorbene kaum noch von der ewigen Ruhe die Rede. Stattdessen sprechen die Gebete von „ewiger Freude“ oder vom „ewigen Gastmahl“; vom Licht und vom Frieden, von Vollendung und Herrlichkeit. Und ein schlafendes Zwischenstadium wird heute auch nicht mehr gelehrt.

Als Kurzgebet ist uns die Formel trotzdem erhalten geblieben. Und wenn man sie bliblisch versteht, also als Befreiung von Sorge und Last, ist sie ja nicht verkehrt.

Susanne Haverkamp