Anfrage

Warum gelten die Konkordate noch?

Kürzlich wurde erwähnt, dass für einige Bistümer immer noch das Preußenkonkordat gilt. Wie kann das sein? Der Staat Preußen ist doch aufgelöst worden. Außerdem hat das Land Niedersachsen einen eigenen Staatsvertrag mit dem Heiligen Stuhl geschlossen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte zunächst der Alliierte Kontrollrat die höchste Regierungsgewalt in Deutschland. Am 25. Februar 1947 löste er den Staat Preußen juristisch endgültig auf. 

Das Konkordat von 1929 zwischen Preußen und dem Heiligen Stuhl wurde allerdings nicht aufgehoben. Die neugegründeten Bundesländer übernahmen als Rechtsnachfolger die Rolle Preußens in dem Vertrag.Daher gilt er in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein und seit der Wiedervereinigung auch in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt. 

In Deutschland gibt es noch das Bayerische und das Badische Konkordat sowie das Reichskonkordat von 1933, das ebenfalls noch gültig ist. Mit den Konkordaten wird das Verhältnis von Staat und Kirche geregelt. Den Verträgen gingen langjährige komplizierte Verhandlungen voraus. Denn die Zusammenarbeit von Kirche und Staat ist nicht immer einfach, gerade wenn es etwa um den Religionsunterricht oder die Arbeit an Theologischen Fakultäten in staatlichen Universitäten geht. Auch wenn der Staat Preußen nicht mehr existiert, waren die Errungenschaften des Vertrags von 1929 nicht wertlos geworden. Ihn aufzugeben, hätte zu weiteren zähen Verhandlungen auf beiden Seiten geführt. 

Fast alle Bundesländer, in denen das Preußenkonkordat gültig ist, schlossen mit dem Heiligen Stuhl Zusatzabkommen ab. Zuerst das Land Niedersachsen am 26. Februar 1965, zuletzt Brandenburg am 12. November 2002. Im Vertrag für Niedersachsen wird etwa in Ergänzung zum Preußen- und Reichskonkordat ausführlich die Beibehaltung und Neuerrichtung von katholischen Bekenntnisschulen geregelt. In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Konkordat immer wieder angepasst, um aktuelle Entwicklungen etwa in der Schul- und Hochschulpolitik aufzugreifen.
 

Kerstin Ostendorf