Kliniken in Finanznot
Warum gibt es kirchliche Krankenhäuser?
Foto: Niels-Stensen-Kliniken
Bundesweit gibt es eine Vielzahl an kirchlichen Krankenhäusern. Sie sind eine wertvolle Bereicherung der Krankenhauslandschaft, da Alltag und Kultur in den Häusern durch christliche Werte geprägt sind, was zweifellos einen Mehrwert für Mitarbeitende und Patienten darstellen kann. Allerdings befindet sich die Krankenhauslandschaft Deutschlands insgesamt im Umbruch; unabhängig von der Trägerschaft sind alle Häuser geboten, die eigenen Angebote und Strukturen aus finanziellen Erwägungen zu hinterfragen und zum Beispiel regionale Synergieeffekte zu realisieren. Für die christlichen Häuser bedeutet dies vermutlich einen besonders schwierigen Spagat zwischen dem Gebot der Nächstenliebe und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit.
Marc-André Burgdorf, Landrat des Landkreises Emsland
Vor dem Hintergrund unseres christlichen Menschenbilds sind uns die seelsorgliche Begleitung und die persönliche und menschliche Unterstützung der Menschen, die sich uns anvertrauen, große Anliegen“ (aus dem Leitbild des Klinikverbundes Niels Stensen). Dieses Leitbild fasst den diakonischen Auftrag zusammen, der zu den Grundaufträgen unseres christlichen Verständnisses gehört. Und genau dieser ganzheitliche Ansatz verdeutlicht die Relevanz von christlichen Krankenhäusern.
Unser christliches Menschenbild umfasst die Wertschätzung aller Menschen und Religionszugehörigkeiten und wird für mich besonders im Begleiten von Krisensituationen tragbar und erfahrbar. Dieses Menschenbild ist dabei die Grundlage einer Haltung, deren sich alle Mitarbeitenden in unseren christlichen Krankenhäusern verpflichtet fühlen. In dieser Haltung geht es um eine ganzheitliche, ethisch-geistliche Sicht und Sorge auf und für den Menschen. Ein wichtiges Fundament bilden dafür auch die verschiedenen seelsorglichen Angebote, die sowohl am Lebensanfang und am Ende für alle Menschen eine große Bedeutung haben und eine Unterstützung brauchen, die über eine medizinische Versorgung hinausreichen. Fest implementiert findet sich daher in christlichen Häusern die Krankenhausseelsorge, die ökumenisch getragen wird.
In der Diskussion der Gesundheitsreform muss es also immer auch darum gehen, dass wir uns als Gesellschaft eine menschenfreundliche, den Menschen in all seiner Bedürftigkeit anerkennende Wertvermittlung und Lebenspraxis leisten müssen und wollen. Der einzelne Mensch darf nicht nur auf eine „Fallpauschale“ reduziert werden. Innerhalb dieser Diskussionen, die auch Veränderungsprozesse und Neustrukturierungen einschließen muss, wollen und müssen wir als Kirche weiterhin in den unterschiedlichen Lebensfeldern vorkommen.
Katharina Abeln, Vorsitzende des Katholikenrates im Bistum Osnabrück
Für die Gesundheit der Menschen in der Stadt Osnabrück ist es wichtig, dass die medizinische Versorgung auf einem hohen Niveau gesichert ist. Das ist das Entscheidende. Diese gute Versorgung kann auch durch die Kooperation freier und staatlicher Träger gewährleistet werden.
Katharina Pötter, Oberbürgermeisterin von Osnabrück
Die kirchliche Sorge für notleidende und kranke Menschen leitet sich direkt aus dem christlichen Gebot der Nächstenliebe ab. Unser diakonischer Auftrag spiegelt sich bei weitem nicht nur, aber eben auch im Betrieb von Krankenhäusern wider – und zwar in jahrhundertelanger Tradition.
Aus diesem Grund sind kirchliche Krankenhäuser auch grundsätzlich gemeinnützige Einrichtungen: Ihre Einnahmen dienen ausschließlich der Aufrechterhaltung und Entwicklung des eigenen Betriebs, Gewinne fließen keinem Dritten zu. Das unterscheidet sie von den meisten privatwirtschaftlich getragenen Häusern. Als Einrichtungen, die sich am christlichen Auftrag orientieren und dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen, sind kirchliche Krankenhäuser eine Bereicherung für die Gesellschaft und eine wichtige Stütze des Gesundheitswesens.
Astrid Kreil-Sauer, Ökonomin des Bistums Osnabrück
Die Nachrichten von den finanziellen Herausforderungen, vor denen der Niels-Stensen-Verbund steht, lösen in der Region große Sorgen aus. Dies ist ganz sicher auch unabhängig von der Trägerschaft. Denn es geht ja hier vor Ort in erster Linie um die medizinische Versorgung und Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Wer die Nachrichten in diesem Zusammenhang verfolgt, kann feststellen, dass sich die gesamte Krankenhauslandschaft derzeit in Schieflage befindet. Schaut man nach den Ursachen, stellt man schnell fest, dass es an der momentanen Unterfinanzierung des Systems liegt. Und da zeigt sich bei mir schon eine große Unzufriedenheit mit der derzeitigen Politik des Bundes und der Länder.
Allen dortigen Akteuren ist die oben geschilderte Sachlage bewusst. Aber aufgrund der Uneinigkeit auf dem Weg der als erforderlich erkannten und unbestritten notwendigen Krankenhausstrukturreform wird die gegenwärtig dringend gebrauchte zusätzliche Finanzierung unterlassen. Das darf nicht sein! Wenn auf die Situation hier in der Samtgemeinde Freren und speziell in Thuine und dort auf das Elisabeth-Krankenhaus geschaut wird, macht mich dieses Ursache-Wirkung-Prinzip gelinde gesagt ungehalten. Thuine ist geprägt vom Orden der Franziskanerinnen. Das Kloster, diverse Bildungseinrichtungen und gerade auch das Elisabeth-Krankenhaus zeichnen den Ort und die Region schon seit über einem Jahrhundert aus. Die Identifikation der Bevölkerung mit diesen Einrichtungen ist sehr groß. Das Krankenhaus ist der größte Arbeitgeber in unserer Samtgemeinde. Das allein umschreibt schon die Bedeutung hinreichend.
Wenn Sie hier die Menschen der Jahrgänge vor 2003 nach ihrem Geburtsort fragen, finden Sie in den Ausweisdokumenten überwiegend den Ort Thuine. Und wenn Sie Patienten fragen, warum sie das Elisabeth-Krankenhaus bspw. für die Hüft-OP ausgewählt haben, hören Sie, dass es neben dem hervorragenden Ruf der Orthopädie eben auch daran liegt, dass es sich um ein kleines, christliches Haus handelt. Die Patienten fühlen sich beachtet, gut medizinisch ver- und pflegerisch umsorgt! Es ist dieser Geist, den dieses Krankenhaus ausstrahlt. Diesen Geist gilt es auch künftig zu wahren und nicht durch politisches Ränkespiel zu gefährden!
Godehard Ritz, Bürgermeister der Samtgemeinde Freren
In kirchlicher Trägerschaft leisten viele wichtige Einrichtungen der Pflege, Erziehung und Seelsorge enorm wichtige Arbeit für die Menschen in Deutschland. Gerade im Gesundheitssektor wird hier ein großer Beitrag zur medizinischen Versorgung geleistet. Wegen des Fachkräftemangels, unter dem auch Kommunen leiden, kann die kirchliche Trägerschaft eine große Entlastung darstellen.
Während es für Kommunen ein Vorteil sein kann, durch die Verwaltungsstrukturen kirchlicher Trägerschaft entlastet zu werden, sehe ich in der kirchlichen Trägerschaft auch Probleme. Leider ist das kirchliche Arbeitsrecht trotz einiger wichtiger Reformprozesse noch nicht mit den Rechtsgrundlagen säkularer Arbeitsgeber vergleichbar. An dieser Stelle sehe ich weiterhin politischen Handlungsbedarf für eine einheitliche Lösung.
Manuel Gava, SPD-Bundestagsabgeordneter, Osnabrück