Gemeinde-Interviews auf Youtube

Was glaubst du?

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Simone und Markus Kreuzberger haben in der Corona-Zeit einen Youtube-Kanal ins Leben gerufen, auf dem sie Mitglieder ihrer Gemeinde interviewen. Sie stellen sehr persönliche Fragen – und wollen zeigen, was Kirche ausmacht.


Interview in der Kirchenbank: Bei der Youtube-Serie „Was glaubst du“ spricht Pastoralreferent Markus Kreuzberger mit Gemeindemitgliedern über ihren Glauben. Foto: Screenshot

Adrian zieht eine Karte mit einer Frage aus einer Box. „Wann in deinem Leben hast du Kirche als besonders wichtig erfahren?“, steht darauf. Der junge Mann überlegt kurz und erzählt dann von seiner Firmvorbereitung: davon, dass er in dieser Zeit tiefe Freundschaften mit anderen Gläubigen geknüpft hat, die bis heute halten. Er sitzt am Rand einer Kirchenbank, ihm gegenüber sitzt Pastoralreferent Markus Kreuzberg, der zuhört und nachfragt. Eine Kamera filmt die beiden. 

Das Gespräch zwischen den beiden Männern ist Teil der Serie „Was glaubst du“ auf Youtube, die das Gemeindereferentenpaar Markus und Simone Kreuzberger im vergangenen Jahr entwickelt hat. Darin interviewen die beiden regelmäßig Mitglieder aus ihrer Pfarrei St. Marien in Griesheim und stellen ihnen Fragen zum Glauben und zur Kirche. Die Idee dazu hatten sie zu Beginn der Corona-Zeit. „Als die Pandemie losging, hatten wir gerade viele Projekte am Start, mit denen wir Leute erreichen wollten, die noch nicht so viel Bezug zu unserer Gemeinde hatten“, erzählt Simone Kreuzberger. 

Doch weil Aktionen wie Bierproben oder Mittagstische wegen Corona auf absehbare Zeit nicht möglich waren, suchten sie eine Alternative, um den Menschen zu zeigen, was in ihrer Gemeinde alles läuft. Zum Beispiel, dass sich Menschen im Arbeitskreis Asyl engagieren oder Hilfsdienste in der Corona-Zeit organisierten. „Wir wollten zeigen, wer die Leute sind, die unsere Gemeinde ausmachen“, sagt Simone Kreuzberger, „und welche Lebens- und Glaubensgeschichten sie mitbringen.“ 

Also besorgten sie sich eine Kameraausrüstung und begannen, die rund 15-minütigen Videos mit Gemeindemitgliedern aufzu-zeichnen. Markus Kreuzberger tritt darin als Moderator auf, stellt die Interviewten vor und spricht mit ihnen über ihre Geschichten. Simone Kreuzberger filmt und schneidet alles zusammen. Pro Interview dauert das zwischen fünf und sechs Stunden. 

„Es muss nicht immer alles perfekt sein“

Die Videos wirken professionell, auch wenn nicht immer alles glatt läuft: Mal sei das Bild verschwommen, mal funktioniere der Ton nicht richtig, erzählen die beiden und lachen. „Aber es muss nicht immer alles perfekt sein“, sagt Kreuzberger. Die Zuschauer, die ihnen Rückmeldungen zu den Interviews geben, freuten sich, etwas aus ihrer Gemeinde mitzukriegen – und Menschen, die sie sonst vielleicht nur flüchtig im Gottesdienst sehen, näher kennenzulernen. 

Bei der Serie machen jüngere und ältere Gemeindemitglieder mit, Frauen wie Männer. Im Laufe des Gesprächs ziehen alle, die interviewt werden, drei Fragen, die sie beantworten sollen. Zum Beispiel, ob sie ein Glaubensmotto haben oder wie die Kirche der Zukunft für sie aussieht. Die Interviewten beantworten die Fragen sehr offen. Eine Frau berichtet, warum sie aus der Kirche aus- und wieder eingetreten ist, eine andere von ihrer Scheidung.  „Die Leute erzählen sehr persönlich“, sagt Simone Kreuzberger. „Oft lernt man sie plötzlich ganz anders kennen.“ 

Dass die Gemeindemitglieder in der Corona-Zeit den Bezug zueinander nicht verlieren und sich untereinander besser kennenlernen, ist ein Ziel, das die Kreuzbergers mit ihrem Projekt verfolgen. Ein anderes: ein positives Bild ihrer Gemeinde nach außen zu tragen. „In der Öffentlichkeit wird die Kirche oft negativ dargestellt und alles wird über einen Kamm geschoren“, sagt Markus Kreuzberger. „Deshalb wollen wir zeigen, dass Kirche vor allem aus Menschen besteht, die viel Gutes tun und Tolles leisten.“ 

Aber auch, dass viele Gemeindemitglieder trotz der positiven Erfahrungen, die sie in der Kirche machen, mit ihr hadern. „Viele sind unzufrieden über die Rolle der Frau, den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen“, sagt Markus Kreuzberger. „Mit den Videos wollen wir zeigen: Es gehört dazu, Zweifel zu haben – aber man kann auch mit diesen Zweifeln dabei sein.“ Gerade um Menschen anzusprechen, die mit der Kirche wenig am Hut haben, sei das wichtig: „Wenn sie die Videos schauen, denken sie vielleicht: Die sehen das ja genau wie ich, die zweifeln ja auch.“ 

Der Kanal spreche zum Beispiel Familien an, deren Kinder den katholischen Kindergarten im Ort besuchen und die deshalb Kontakt zur Gemeinde suchen. Rund 270 Menschen haben ihn aktuell abonniert. Simone und Markus Kreuzberger hoffen, dass noch mehr dazustoßen. „Eben Leute, die nicht zum Inner Circle gehören.“ 

Sandra Röseler

Die Videos „Was glaubst du?“ finden Sie auf dem Youtube-Kanal „LebensZeichen“ der Gemeinde St. Marien in Griesheim.