Großer Bedarf nach Austausch und Gespräch in Meppen

Was hält mich im Glauben?

Image
Viele Händen halten bunte Postkarten.
Nachweis

Foto: Petra Diek-Münchow

Caption

Erste Hilfe, Rettungsring, Schöpfung, Kommunikation: Die Fotos symbolisieren, was der Glaube für Menschen bedeuten kann. Foto: Petra Diek-Münchow

Über den eigenen Glauben sprechen: Das passiert oft viel zu wenig und ist
heute vielleicht weniger denn je. Genauso sieht das die Runde bei einem
vierteiligen Kurs in Meppen – und der war richtig gut besucht.

Über 20 Stühle hat Petra Kleene gerade im Saal des Meppener Gemeindezentrums St. Paulus aufgestellt. So viele kommen zum Glaubenskurs? Die Gemeindereferentin nickt und sagt: „Wir hatten sogar noch eine Warteliste.“ Kleene gehört zu einem Team von der Katholischen Erwachsenenbildung, dem Dekanat Emsland-Mitte und der Stadtpastoral „Kirche in Meppen“, das von Januar bis März ein vierteiliges Seminar angeboten hat. Um den Glauben im Alltag geht es dabei, um persönliche Spiritualität, um Erfahrungen mit der Bibel, um die Kirche als pilgernde Gemeinschaft. Die gute Resonanz hat die Hauptamtlichen sowohl überrascht als auch gefreut – und macht zugleich deutlich: Der Bedarf nach solchem Austausch ist da, vielleicht sogar noch mehr als früher. 

Das meint zumindest Gertrud Anneken. Wie die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sucht sie sich zu Beginn des Abends eine der Postkarten aus, die Petra Kleene rund um eine brennende Kerze gelegt hat. Als Symbole zu der Frage: Was hält mich im Glauben? Eine Frau wählt das Foto eines Rettungsrings, „den „Gott mir bei Sorgen zuwirft“. Eine andere zeigt das Foto von einem Berg, über dem die Sonne aufscheint: „Wie schön ist dieser Blick, da fühle ich mich Gott nahe.“ Und dann erzählen sich die Emsländer sehr offen und anrührend, was sie alles bewegt.

„Ich brauche meinen Glauben, gerade jetzt“

Gertrud Anneken hat sich für die Aufnahme eines Erste-Hilfe-Koffers entschieden. „Mein Glaube, das ist oft die erste Hilfe für mich. Der trägt mich, der hilft mir.“ Deshalb hat sich die 73-jährige Meppenerin für diesen Kurs entschieden. „Ich brauche meinen Glauben, gerade jetzt“, sagt sie und spielt damit auf „die unruhigen Zeiten an, in denen wir leben“. Sie fühlt sich der Kirche eng verbunden – räumt aber zugleich ein, dass es ihr nicht mehr so leicht fällt „so vertrauensvoll zu glauben wie früher“, dass sie sich als Suchende und Zweifelnde sieht, dass sie sich manchmal mit ihrem Glauben im Alltag isoliert fühlt. „Ich brauche neue Impulse für mich, neue Sichtweisen, einen Austausch mit anderen.“ Und den hat sie nach eigenem Bekunden in dem Kurs gefunden. „Ich merke, andere Menschen haben dieselben Fragen wie ich.“

Petra Kleene nickt bei diesen Worten. Auch sie nimmt dieses Bedürfnis wahr. „Die Sorge, wo bleibt die Kirche und was macht sie aus, wie behält sie ein Gesicht? Und wie kann ich meinen Glauben darin leben? Das treibt die Leute um.“ Fertige Antworten darauf kann der Kurs natürlich nicht geben, aber vielleicht hilfreiche Gedankenanstöße. Das wissen Petra Kleene, Simone Paura, Christina Kathmann und René Kollai als Referenten-Team. 

Und genau wegen solcher Fragen hatte unter anderem René Kollai das Seminar mit auf den Weg gebracht. Seiner Ansicht nach gibt es gerade „in unserer ländlichen Region“ noch viele Menschen, die in enger Verbindung zur Kirche stehen, die dort Grundlagen für ihr Leben und Wertesystem suchen – und sich mittlerweile vielleicht sogar dafür rechtfertigen müssen – die um so mehr eine Sehnsucht nach Austausch haben. „Aber wo ist der Ort, an dem sie über solche Themen offen sprechen können? Das müssen wir mehr im Blick haben“, findet der Pastoralreferent. Er versteht den Kurs daher auch als Angebot, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihrer Suchbewegung zu stärken und zu begleiten. 

Die rege Diskussion und das oft große Mitteilungsbedürfnis in dem Seminar macht klar, dass viele Menschen über ihren Glauben und den Zustand der Kirche reden wollen. Manche nehmen dabei kein Blatt vor den Mund – kritisieren mit deutlichen Worten die Strukturen und den Reform-stau, wollen als Gläubige an der Basis mehr gehört und mehr aktiv beteiligt werden. „Vielleicht auch in neuen Formen“, sagt ein Mann nachdenklich.

Aber die Runde bleibt nicht bei der Kritik stehen, teilt auch am letzten Abend ganz persönlich  und intensiv ihren Glauben als Fundament des eigenen Lebens miteinander.  Im Oster-Evangelium entdeckt Jede und Jeder ein Wort, einen Satz, eine Stelle, der sie und ihn besonders berührt. Petra Kleene ist beeindruckt. „Vielleicht sollten wir so etwas noch mal machen.“  

Petra Diek-Münchow