Die singenden Mönche aus Österreich

Wie Beten zum Hit wird

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Mit ihren gregorianischen Gesängen haben die Zisterzienser vom Stift Heiligenkreuz einen der überraschendsten Erfolge der Musikgeschichte gefeiert. Pater Karl Wallner erklärt ihr Erfolgsgeheimnis.

Die singenden Mönche aus dem Stift Heiligenkreuz. Foto: picture-alliance/ dpa/ EPA/Hans Klaus Techt
Faszinierend exotisch: Die Mönche aus Heiligenkreuz präsentieren ihr Erfolgsalbum „Chant – Music for Paradise“.
Foto: picture-alliance/ dpa/ EPA/Hans Klaus Techt

Eine Einladung, erzählt Pater Karl Wallner, habe ihn wirklich gereizt. Arnold Schwarzenegger fragte an, ob die singenden Mönche vom Stift Heiligenkreuz nicht in der Festmesse zu seinem Geburtstag auftreten wollen. Der Gouverneur Kaliforniens und berühmte Schauspieler bot sogar an, sie mit seinem Privatjet von Österreich in die USA zu fliegen. Pater Karl aber, der damals für die Öffentlichkeitsarbeit des Stifts verantwortlich war, sagte ab. Denn seine Mitbrüder und er hatten vereinbart, nie außerhalb ihres Klosters aufzutreten. Sie wollten keinen Ruhm und keinen Rummel. Sie wollten, dass ihr Gesang immer Gebet bleibt – und keine öffentliche Show wird. Vermutlich ist gerade diese Haltung ein Grund dafür, warum dieser Gesang zum Hit geworden ist.

Mit ihrem Album „Chant – Music for Paradise“ haben die singenden Mönche 2008 einen der wohl überraschendsten Erfolge der Musikgeschichte gefeiert. Sie stürmten mit ihren gregorianischen Gesängen die Charts in England und Österreich, in Deutschland, Belgien und den Niederlanden und verkauften 1,4 Millionen CDs. Sie stiegen so hoch, wie außer dem legendären Sänger Falco kein Österreicher in der Branche je gestiegen war.

Aber die Zahl der verkauften CDs und die Chartplatzierungen seien nicht ihr eigentlicher Erfolg, sagt Pater Karl: „Der eigentliche Erfolg ist, dass du Menschen bewegst und berührst und dass sie zum Nachdenken kommen.“ Berührt haben die Zisterzienser mit ihren Gesängen viele – weil sie so schlicht, so ursprünglich, so unverfälscht klangen. „Wir sind immer authentisch geblieben“, sagt Pater Karl. „Wenn wir singen, dann ist das eben nicht Michael Jackson. Sondern dann sind das Mönche, die dem lieben Gott sagen wollen, wie toll er ist.“

"Aus dem kirchlichen Mief rauskommen und für den Glauben werben" 

Begonnen hat die Geschichte dieses Erfolgs eher zufällig. Ein junger Mönch aus Heiligenkreuz lud ein Video von ihrem Gesang auf der Internetplattform Youtube hoch, einfach so, aus Spaß. Pater Karl bewarb sich damit bei einer Ausschreibung von Universal Music, einer der weltgrößten Plattenfirmen – ohne zu glauben, dass das etwas bringt. Doch die Musikprofis fanden das Video so charmant, dass sie die Zisterzienser unter Vertrag nahmen. Mönche, die in ihren Kutten im Kloster singen, das hatte etwas Exotisches – zumal in einer Zeit, in der begeistert gelebter Glaube in Europa selten geworden ist.

Schnell wurde den Mönchen klar, dass da etwas Großes beginnt. Das habe in der Gemeinschaft von Heiligenkreuz zu Diskussionen geführt, erzählt Pater Karl. Gerade die jungen Mönche hätten keinen Ruhm gewollt und gesagt: „Wir sind nicht ins Kloster gegangen, um jetzt hier in die Musikszene gezerrt zu werden.“ Auch deshalb entschieden die Zisterzienser, nie auf Tournee zu gehen. Wer ihren Gesang live hören wolle, sagten sie, sei jederzeit herzlich eingeladen, ins Kloster zu kommen.

Der Erfolg habe das Klosterleben nie verändert, sagt Pater Karl: „Darauf sind wir wirklich stolz.“ Wie gelassen der Abt und seine Mitbrüder blieben, merkte er, als sie abends einmal beisammensaßen und er ins Zimmer stürmte, ganz begeistert von der Neuigkeit, dass ihre CD in England gerade Goldstatus bekommen hatte – für 100 000 verkaufte Exemplare. Der Abt und die Mitbrüder hätten gemerkt, „dass ich eine Nachricht habe und fast am Platzen bin“, erzählt Pater Karl. Als er sie ihnen verkündete, habe der Abt nur müde geschaut und gesagt: „Pater Karl, belästige uns nicht mit solchen Details.“ 

Er aber hat sich um diese Details gekümmert, das war ja sein Job. Am Ende, sagt Pater Karl, hätten die singenden Mönche von Heiligenkreuz mit ihren CDs rund 300 000 Euro verdient; sie finanzierten damit die Ausbildung von zehn vietnamesischen Studenten, die bei ihnen wohnten. Am Anfang, sagt er, seien sie etwas enttäuscht gewesen, dass es nicht mehr Geld war – zumal er ahnte, wie viel Universal Music damit verdient. Dann aber entschlossen sie sich, es andersherum zu sehen: Dank dieser professionellen Musikfirma war es ihnen gelungen, „dass wir mal aus dem kirchlichen Mief rauskommen und in der Welt für den Glauben werben können“. 

In den Jahren danach nahmen die Mönche drei weitere Alben auf. Sie singen auch heute noch. „Es ist nicht mehr so brillant wie damals“, sagt Pater Karl. Denn ein paar der besten Sänger sind ins neu gegründete Kloster Neuzelle gewechselt. Ein Problem, findet Pater Karl, sei die etwas schwächere Gesangsqualität aber nicht: „Die Hauptsache ist, dem lieben Gott gefällt‘s.“

Andreas Lesch