Pfarreienzusammenlegung im Bistum Fulda

Wie gelingt die Gründung einer Pfarrei?

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Eine kleine Kirche aus Holzklötzen
Nachweis

Imago: YAY Images

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Wenn eine Pfarrei neu zusammengesetzt wird, ändert sich ihre Struktur. Doch ihr Auftrag bleibt: Die frohe Botschaft verkünden.

Aus 150 Pfarreien mach’ 28 – das ist der Plan des Bistums Fulda. Für die Gemeinden ist der Weg zu neuen Einheiten herausfordernd. Zwei sind ihn schon ein Stück gegangen und berichten von Chancen und Hürden.

Die Fuldaer Bistumskarte ist im ständigen Wandel. Die Zahl der rund 150 Pfarreien soll künftig auf 28 Pfarreien reduziert werden. Im ersten Schritt wurden 28 Pastoralverbünde entsprechend der künftigen Pfarreien geschaffen. Sie bilden eine Struktur für den Übergang. Zum 1. Januar 2025 sollen bereits vier Pfarreien neu gegründet sein. In der ersten Hälfte der 2030er Jahre soll dieser Prozess abgeschlossen sein.

Domkapitular Thomas Renze erklärt dazu: „Die Pfarreien haben in dieser Zeit die Aufgabe, sich für eine glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums angesichts der kirchlichen und gesellschaftlichen Veränderungsprozesse zu positionieren.“ Dabei komme es darauf an, dass Menschen ihren Glauben und ihre Gottesbeziehung durch die seelsorglichen Aktivitäten der Kirche als Kraftquelle für die Gestaltung ihres Lebens entdecken und verwirklichen. „Diese Aufgabe muss künftig mit geringeren Ressourcen umgesetzt werden als heute, und dazu braucht es neue Konzepte“, sagt Renze.

Neugründung statt Fusion

Die Pfarrei St. Raphael hat bereits viele neue Konzepte entwickelt. Die fünf Kirchengemeinden St. Peter Gelnhausen, St. Wendelin Höchst, Maria Königin Meerholz-Hailer, Christkönig Gründau und St. Johannes Apostel bilden seit 2006 den Pastoralverbund St. Raphael Kinzigtal. 2018 gehörten sie zu den ersten im Bistum, die beschlossen, eine neue Pfarrei zu gründen. Sie sind bisher die einzige Großpfarrei in den gesetzten Grenzen der künftigen 28 Pfarreien. Entscheidend war die Tatsache, dass Pfarrer Markus Günther nach und nach für alle fünf Kirchengemeinden zuständig wurde. Wenn eh eine Veränderung anstünde, dann wollten sie gleich den großen Schritt machen, waren sich die Verantwortlichen einig. Zum 1. Januar 2021 erfolgte die Neugründung und im September desselben Jahres fand das Gründungsfest mit Bischof Michael Gerber statt.  

Die Verantwortlichen wählten bewusst den Begriff der Neugründung, nicht der Fusion. Der Schwerpunkt sollte nicht auf dem Verlust, sondern auf dem Neuen liegen, das entsteht. Nötig sei dabei eine Vision, die die Richtung vorgibt für die inhaltliche Arbeit, um für den anstehenden Prozess ein geistliches Fundament zu haben, meint der Pfarrer. In dem dreijährigen Prozess wurden sie von einem Pastoraltheologen aus Graz, Georg Plank, begleitet. Da sie den Strukturprozess recht schnell vorangetrieben hätten, hätten sie Zeit gehabt, sich um die geistige Dimension zu kümmern, sagt Günther. „Wir sehen es als unseren Auftrag, verlässliche Strukturen aufzubauen, um die Botschaft von Jesus Christus in angemessener Weise verkünden zu können. Die Gründung einer Pfarrei ist dabei nur Mittel zum Ziel“, sagt der Pfarrer.

Die Reaktionen in den Gemeinden seien sehr unterschiedlich gewesen. „Die meisten fanden den Prozess gut. Andere sind nicht mitgegangen, waren enttäuscht und haben sich als Verlierer gefühlt. Es geht aber nicht um Gewinner oder Verlierer“, sagt Günther. Man müsse auf die Situation reagieren, dass die Zahl der Priester und Mitglieder sinke und sich so aufstellen, dass die Kirche ihren eigentlichen Aufgaben nachkommen kann: Liturgie, Katechese und Caritas. „Also Gottesdienste feiern, Glaubenswege eröffnen und den Armen dienen“, sagt Günther.

Verwaltungsaufwand wird weniger

Größtenteils hätte die größere Einheit positive Seiten und verschaffe Synergieeffekte, ist sich der Pfarrer sicher. Aus wirtschaftlicher Sicht gebe es nur Vorteile. Der Verwaltungsaufwand sei geringer geworden, da es nur einen Verwaltungsrat gibt. Vor allem sei eine Verwaltungsleiterin, Regina Saase, angestellt worden. Im zentralen Pfarrbüro habe man sich personell und technisch neu strukturiert. Die Erstkommunionvorbereitung hat dieses Jahr das erste Mal pfarreiweit einheitlich stattgefunden. „Das hat Dank des neuen Konzepts von Gemeindereferentin Julijana Bös sehr gut geklappt. Wir haben Eltern gewinnen können, die bei der Katechese mitgeholfen haben. Für eine Mutter war dies der Anstoß, sich taufen zu lassen“, sagt Günther.

Eine Herausforderung war, eine sinnvolle Gremienstruktur zu schaffen. Da sie zu den ersten Pfarreien gehörten, die sich neu gegründet haben, gab es keine diözesanen Vorgaben. Der neu gewählte Pfarreirat legt nun die strategische Ausrichtung der Großpfarrei fest. Kirchenteams mit fünf bis 18 Mitgliedern kümmern sich um die Anliegen der fünf Kirchorte. Hier sei eine gute Kommunikation und Vernetzung nötig, sagt der Pfarrer.

Nach seinen Erfahrungen rät Günther dazu, sogleich die große Lösung anzustreben und sich nicht in kleinteiligen Zwischenschritten zu verlieren. „Das raubt zu viel Energie, sowohl bei den Hauptamtlichen als auch im Ehrenamt.“ Letztlich müsse man dem Geist Gottes vertrauen, der die Kirche durch die Zeiten führt, und diesem immer wieder neu Raum verschaffen, ist er überzeugt.

Projekte für mehr Zusammenhalt

Die Pfarrei St. Heimerad hat einen ähnlichen Weg hinter sich. Im Mai hat sie ihren Gründungsgottesdienst gefeiert. Sie setzt sich aus den Gemeinden Volkmarsen, Wolfhagen und Naumburg zusammen. Nach Vorgabe des Bistums sollte die Steuerungsgruppe Ende 2022 starten und bis zum 1. Januar 2024 fertig sein. „Das war ein sehr strammer Zeitplan. Vor allem, da wir erst jetzt zum 1. Juli dieses Jahres einen Verwaltungsleiter bekommen. Ich kann nur jeder Pfarrei empfehlen, dass der Verwaltungsleiter beim Prozess schon dabei ist“, sagt Pfarrer Martin Fischer. Als sehr hilfreich hat sich herausgestellt, dass sie die Pfarrsekretärinnen mit in die Steuerungsgruppe aufgenommen haben. „Sie wissen am besten über das Innenleben einer Gemeinde Bescheid“, sagt er.

Auch Fischer berichtet, dass viele Gemeindemitglieder sehr engagiert seien. Für das Gründungsfest hat sich ein Projektchor zusammengefunden. Andere jedoch würden sich zurückziehen, da sie den Weg nicht mitgehen wollen. „Das Bewusstsein, dass wir jetzt eine Pfarrei sind, muss noch wachsen. Das braucht Zeit“, sagt er. Mit kleineren Projekten wollen sie nun den Zusammenhalt stärken, einer Pilgerwanderung von Kirchort zu Kirchort oder einer Gemeindefahrt zum Bonifatiusmusical nach Fulda.

Theresa Breinlich