Kirchenlexikon
Wie läuft ein Heiligsprechungsverfahren?
Seit zwei Monaten läuft eine Petition des Kolpingwerkes zur Heiligsprechung des Verbandsgründers Adolph Kolping. Bisher sind über 8500 Unterschriften zusammengekommen. Reicht das, um ein Verfahren zu beschleunigen? Wie läuft so ein Verfahren überhaupt?
Ein kirchliches Selig- und Heiligsprechungsverfahren ist formal wie ein Gerichtsprozess geordnet, aber kein demokratisches Verfahren, bei dem nur genügend Unterstützerstimmen zusammenkommen müssen, um es zu beginnen, zu beschleunigen oder abzuschließen.
Eine Voraussetzung für die Aufnahme des kirchenrechtlichen Seligsprechungsverfahrens ist der öffentliche „Ruf der Heiligkeit“ der fraglichen Person. Adolph Kolping (1813–1865) wurde bereits 1991 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Bei ihm geht es darum also nicht (mehr).
Wenn eine im Ruf der Heiligkeit verstorbene Person durch verschiedene Prüfungen der Lebensführung und der Vorbildfunktion im Glauben auf diözesaner und vatikanischer Ebene einen „heroischen Tugendgrad“ erreicht hat, wird außerdem geprüft, ob auf deren Fürsprache auch ein physikalisches Wunder, das nicht medizinisch oder anders zu erklären ist, anerkannt wird. Dann kann der Papst die Seligsprechung anordnen. Für die Heiligsprechung sieht die vatikanische Verfahrensordnung vor, dass ein weiteres Wunder nach der Seligsprechung gewirkt wurde.
Da dies bei Adolph Kolping bisher nicht anerkannt ist, fehlt eine kirchenrechtliche Voraussetzung zur Heiligsprechung, mit der dann auch die weltweite Verehrungswürdigkeit begründet wäre.
Es ist nicht unüblich, dass Orden oder andere Gemeinschaften und Unterstützergruppen sich für eine Selig- oder Heiligsprechung einer von ihnen sehr verehrten Person starkmachen. Die Frage ist dann sehr sensibel zu prüfen, ob damit wirklich das Lebenswerk und Glaubenszeugnis des Verstorbenen gewürdigt werden soll oder ob es andere Interessen gibt.
Ob ein Mensch seine Vollendung bei Gott findet – und das ist der eigentliche Kern –, ist letztlich keine Frage von päpstlichen Urkunden. Die formale Heiligsprechung einer verstorbenen Person ist eher eine Orientierung im Glauben für die Lebenden und verändert für die, die schon im Himmel sind, nichts mehr.
Michael Kinnen