Überlegungen in den Gemeinden des Bistums Osnabrück
Wie wollen wir Kirche sein?
Grafik: Dom Medien
Seit 2007 gibt es im Bistum Osnabrück zehn Dekanate. Nach und nach beschäftigen sie sich jetzt mit Zukunftsfragen.
Er ist noch kein ganzes Jahr im Amt, aber eine Erkenntnis hat der Osnabrücker Bischof Dominicus Meier bereits so sehr verinnerlicht, dass er immer wieder davon erzählt: Die Regionen des Bistums lassen sich nicht über einen Kamm scheren. In Ostfriesland ganz im Nordwesten und Twistringen im Landkreis Diepholz leben nur wenige Katholiken, im Emsland sind sie dafür umso zahlreicher. In der Grafschaft Bentheim sammeln sich mehrere Konfessionen, in den größeren Städten wie Bremen und Osnabrück sind die Christen allgemein in die Minderheit geraten. Zukunftsfragen lassen sich wegen dieser Unterschiedlichkeit nicht pauschal für alle Regionen klären – schon gar nicht von oben verordnen. Das Bistum hat deshalb die sogenannten Dekanatsprozesse gestartet und ein paar Spielregeln festgelegt. Das ist es aber auch schon. Die wesentliche Arbeit soll vor Ort geschehen. 2028 soll alles fertig sein.
Im Dekanat Bentheim hat sich längst eine Arbeitsgruppe gebildet. Sie besteht aus Haupt- und Ehrenamtlichen. Das ist wichtig, denn „so ein Prozess ist partizipativ angelegt“, sagt Fabian Sandkühler, der Ansprechpartner im Seelsorgeamt ist. „Im Grund kann jeder Christ, jede Christin daran mitarbeiten.“ Und Reinhold Vehr, stellvertretender Vorsitzender des Schüttorfer Kirchenvorstands, bringt sein wesentliches Anliegen auf den Punkt: „Wie wird ermöglicht, dass Glaube in zehn oder 15 Jahren im Dekanat noch gelebt werden kann?“
Welche Inhalte vermitteln?
Weitere Fragen, die überall gleich gestellt werden: Wo sollen Schwerpunkte gebildet, welche Glaubensinhalte vermittelt werden? Welche Gebäude sind nötig, welche personelle Zusammenarbeit ist möglich? Eine Umfrage unter den Gottesdienstbesuchern arbeitete persönliche Wünsche heraus: Viele nannten Jugendarbeit, die Seelsorge an besonderen Lebenspunkten, Gottesdienste – die übrigens nicht unbedingt von einem Priester geleitet werden müssten. Für den Arbeitskreis wichtige Erkenntnisse. Pfarrer Hubert Goldbeck wünscht sich einen vom Glauben getragenen spirituellen Prozess: „Es muss über die rein strukturellen Fragen hinausgehen, sonst wird es schwierig.“
„Alles tiefe Diaspora“, sagt Anke Lührsen, wenn sie das Dekanat Twistringen beschreibt. Die Stadt selbst ist zwar katholisch geprägt, doch die übrigen Gemeinden liegen weit verstreut, viele sind erst durch den Zuzug der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. „Dass sich etwas verändern muss, haben wir schon längst gespürt“, sagt sie und ist froh, dass Dekanatsvertreter mitreden dürfen und nicht etwa vor vollendete Tatsachen aus Osnabrück gestellt werden. Als der Arbeitskreis seine Tätigkeit aufnahm, war Lührsen dabei. Und sie fand es spannend, bei einem Treffen aus dem großen Kreis der Pfarrgemeinderäte zu hören, wie es vor Ort aussieht. Ein Wochenende haben sie zusammengesessen, bei den weiten Entfernungen wäre das auch gar nicht anders gegangen. „Und das war eine ganz bunte Truppe“, sagt sie.
Der Gemeinde ein Gesicht geben
Nach ein paar Monaten hatten sich dann Arbeitsaufträge entwickelt, die in einem Kontrakt zwischen Bistum und Dekanat festgehalten wurden – so soll es auch bei den anderen Dekanatsprozessen passieren. Jetzt wird weiter überlegt, bevor es dann zur Umsetzungsphase kommt. „Wir müssen sehen, wie wir es schaffen, dass es vor Ort Menschen gibt, die der jeweiligen Gemeinde ein Gesicht geben. So behalten wir Tankstellenorte, zu denen die Leute kommen können.“ Das werde sicherlich noch eine Zeit dauern, „und die können wir nutzen, um Trauerarbeit zu leisten“. Denn nicht jeder freut sich über die anstehenden Veränderungen, hat vielleicht die Kirche mit aufgebaut. Lührsen: „Andererseits haben wir jetzt die Chance, nach vorne zu gucken. Das müssen wir machen.“
Zur Sache
Die Dekanate Twistringen und Grafschaft Bentheim haben ihre Zukunftsprozesse bereits gestartet, im zweiten Halbjahr folgen Osnabrück-Nord, Bremen und Ostfriesland. 2026 starten die drei emsländischen Dekanate sowie Osnabrück-Süd und das Stadtdekanat. Alle werden vom Seelsorgeamt begleitet. Infos gibt es bei Maria Bruns und Sebastian Nerlich vom Bereich Gemeindeentwicklung und Organisationsberatung.