Christlich-islamischer Dialog der Deutschen Bischofskonferenz in Hamburger Akademie

„Wir waren schon mal weiter“

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Menschen diskutieren miteinander.
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Foto: Matthias Schatz

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Während der Diskussion (v. li.): der Direktor der Katholischen Akademie und Moderator des gesprächs, Stephan Loos, die ehemalige Bundesbildungsministerin und frühere Botschafterin beim heiligen Stuhl, Annette Schavan, und die Islamwissenschaftlerin Armina Omerika.

Die ehemalige Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, hob in einer Dialogveranstaltung der Deutschen Bischofskonferenzt in Hamburg die Rolle der Religionen in der gegenwärtigen Weltlage bei einem Treffen von Katholiken und Muslimen hervor.

„Es gibt heute mehr Interesse an Religion als man denkt“, konstatierte die frühere Botschafterin im Vatikan, Annette Schavan, vor Vertretern von Christen und Muslimen in der Katholischen Akademie Hamburg. Die Rolle der Religionen sei auch gefordert angesichts der Radikalisierungen in vielen Gesellschaften. „Man hört international nur drei Schlüsselbegriffe: Zölle, Sanktionen und Waffen“, eine Äußerung, die mit Applaus honoriert wurde. „Da waren wir schon mal weiter.“ Die Religionen hätten Begriffe, die außerhalb nicht mehr benutzt würden, so etwa „Menschheitsfamilie“, so Schavan. Ohne das Interesse an Religionen werde Europa zerfallen. Denn den Kontinent habe geprägt, mit Unterschieden umzugehen.

Schavans Äußerungen fielen in einer Podiumsdiskussion, zu der sie mit der Islamwissenschaftlerin Armina Omerika zum Jahresempfang der Deutschen Bischofskonferenz für die Partnerinnen und Partner im christlich-islamischen Dialog am 11. April in Hamburg eingeladen worden war. Beide waren sich einig, dass Religionen Brücken bauen könnten. Omerika, die geschäftsführende Direktorin des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main ist, legte dar, dass ihr Fach sich aus dem Dialog zwischen Muslimen und Christen entwickelt hat, der im Theologischen Forum der Katholischen Akademie Rottenburg-Stuttgart geführt wurde. „Es war gut zu erleben, dass es auch andere Erfahrungen gibt als etwa die zwischen Katholiken und Muslimen im Bosnien-Krieg.“ In dem Forum habe sie eine „integre Offenheit unter Christen mitbekommen“. Entsprechend meinte sie, dass die Brüche nicht unbedingt nur zwischen den Religionsgemeinschaften, sondern häufig innerhalb von ihnen verliefen. Es gehe eigentlich darum, dort für Offenheit und Respekt zu sorgen.

Zuvor hatte Schavan gesagt, der Islamismus werde immer als ein Paradebeispiel angeführt, wenn es um religiöse Radikalisierung gehe. Solch eine Radikalisierung gebe es aber auch unter Katholiken und anderen Christen. So etwa in den USA oder im Vatikan. „Manche sprechen in Rom vom Krieg in der Kirche.“ Es gebe dort Menschen, die nach dem Pontifikat von Papst Franziskus „aufräumen“ wollten. Sie sehe bei dieser „radikalen Truppe“ Schnittmengen mit der extremen politischen Rechten. Dazu führte sie den katholischen AfD-Bundestagsabgeordneten Maximilian Krah an. Er sei früher als Anwalt für die traditionalistische Piusbruderschaft tätig gewesen. Krah stelle sich eine ganz andere katholische Kirche vor, als die, wie wir sie nach dem Zweiten Vatikanum erlebten. Radikalisierungen sieht sie auch bei bestimmten jüdischen Gruppen in Israel oder in der russisch-orthodoxen Kirche, deren Patriarch Kyrill Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt.

Erklärung „Nostra aetate“ war Dreh- und Angelpunkt

Das 1965, also vor 60 Jahren, zu Ende gegangene II. Vatikanische Konzil war aufgrund der dort verabschiedeten Erklärung „Nostra aetate“ Dreh- und Angelpunkt des Jahresempfangs. An sie erinnerte bei einem Abendgebet im Kleinen Michel, mit dem die Veranstaltung begann, der Augsburger Bischof Bertram Meier, der Vorsitzender der Kommission für den interreligiösen Dialog der Deutschen Bischofskonferenz ist. Nostra aetate definierte das Verhältnis der katholischen Kirche zu anderen Religionen neu. Die Erklärung „drängt uns, jeden Menschen als ein Geschöpf Gottes zu sehen“, so Meier. Sie plädiere für eine Haltung der offenen Arme. „Das wurde auch deutlich bei der heutigen Begegnung. Man geht aufeinander zu“, sagte der Augsburger Bischof weiter. „Machen wir uns auf den Weg, gemeinsam im Dialog zu wachsen.“

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße verdeutlichte in seiner Begrüßung, dass in Hamburg der interreligiöse Dialog etabliert ist. „Es gibt viele Religionen in Hamburg und wir wollen einen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander leisten.“ Allerdings: Wenn er auf der Bischofskonferenz vom Religionsunterricht für alle in Hamburg erzähle, stoße er oft noch auf Unverständnis. „Es geht darum, Brücken zu bauen“. Dabei könne man trotzdem auch verschiedener Meinung sein. „Wir brauchen so etwas momentan dringend.“ Es sei für ihn eine Freude gewesen, die Gastfreundschaft der Muslime beim Iftar-Fest, dem Fastenbrechen, zu erleben.

Imam Mounib Doukali vom Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) hob später in der Katholischen Akademie in seinem Grußwort die Notwendigkeit gegenseitigen Respekts hervor und die Bereitschaft, vom Anderen zu lernen. „Aber zugleich muss die Identität bewahrt werden.“  Er rief dazu auf, Islamfeindlichkeit zu verhindern.

Matthias Schatz