Historischer Nikolaus

Wohltäter und Freund der Kinder

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In Nikolaus-Kursen des Bonifatiuswerkes bekommen Hobbydarsteller Tipps für ihre Auftritte am 6. Dezember. Allerdings sah der historische Bischof von Myra nie so aus, wie wir uns den beliebten Heiligen heute vorstellen.


Mitra und Bischofsstab gehören heute fest zum Kostüm eines Nikolausdarstellers - auch wenn die historische Figur nie ein römisch-katholisches Gewand trug. Foto: Engelbert Freericks 

Der Bischof von Myra war Vegetarier, kaum größer als 1,60 Meter und wurde etwa 80 Jahre alt. Er hatte dunkle Haut und litt unter einer chronischen Arthritis. Untersuchungen seiner Reliquien aus dem Grab im italienischen Bari weisen außerdem auf eine gebrochene Nase hin. Mögliche Folterspuren, denn Nikolaus geriet während der Christenverfolgungen in Gefangenschaft.

Sicher ist: Die historische Figur hat nie so ausgesehen, wie wir uns den Heiligen heute vorstellen. Als Bischof der Ostkirche trug er kein römisch-katholisches Gewand und auch keine Mitra, die als liturgische Kopfbedeckung ohnehin erst im elften Jahrhundert aufkam. Und es liege nahe, dass Nikolaus nicht einmal sein richtiger Name gewesen sei, sagt Julian Heese, Referent für Missionarische und Diakonische Pastoral beim Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken. Eher ein Ehrentitel, denn das Wort Nikolaus entspringt dem Griechischen und bedeutet „Sieg des Volkes“. 

Wer war der Heilige und wann hat er gelebt? Wie bereitet man einen guten Nikolaus-Auftritt vor? Diese Infos gibt es in zertifizierten Nikolaus-Kursen, die das Bonifatiuswerk anbietet – für Nikolaus-Darsteller von Hamburg bis zum Bodensee. In der Pandemie finden diese Seminare online statt.

Nikolaus von Myra gehört zu den beliebtesten Heiligen. Er ist unter anderem Schutzpatron von Russland und Kroatien, Schutzpatron der Kinder, Pilger und Seeleute – und als Vegetarier kurioserweise auch Schutzpatron der Metzger. Mit etwa 19 Jahren wurde er zum Priester geweiht und wenig später zum Bischof von Myra in der Region Lykien ernannt. Heute heißt dieser kleine Ort Demre und liegt etwa 100 Kilometer südwestlich der türkischen Großstadt Antalya. 

Aus dem Bischofsspiel entwickelte sich das Einlegebrauchtum


Nach Untersuchung der Reliquien: So könnte der
Bischof von Myra, geboren zwischen 270 und 286,
ausgesehen haben. Abbildung: Bonifatiuswerk der
deutschen Katholiken

Ursprünglich soll Nikolaus an seiner Wirkungsstätte auch begraben worden sein. Doch der Überlieferung nach raubten italienische Kaufleute die Gebeine und schmuggelten sie im Jahr 1087 nach Bari in Süditalien. Dort werden die Reliquien bis heute verehrt. 

Dass der Nikolaus die Kinder besucht und beschenkt, gehört zum Brauchtum um den Heiligen. Seinen Ursprung hat dieses Ritual im mittelalterlichen Bischofsspiel: An Kloster- und Stiftsschulen übernahm an bestimmten Tagen ein Schüler die Regentschaft. Das Kind kleidete sich entsprechend und durfte die anderen Schüler für ihr Betragen belohnen oder bestrafen. Ursprünglich fand das Bischofsspiel am 28. Dezember statt, dem Fest der Unschuldigen Kinder, wurde aber später auf Nikolaus’ Todestag, den 6. Dezember, gelegt. 

Um Nikolaus, den Geschenkeüberbringer, ranken sich zahlreiche Legenden. Eine der bekanntesten: Der Bischof kam eines Nachts am Haus einer Familie vorbei, die so arm war, dass die drei Töchter ihr Geld mit Prostitution verdienen mussten. Um ihre Not zu beenden, warf Nikolaus drei Goldklumpen durch das Fenster. Und tatsächlich ist auch historisch überliefert, dass der Bischof von Myra sein gesamtes Vermögen den Armen vermachte.

Der Legende nach sollen sich die drei Goldklumpen in den Strümpfen der jungen Frauen verfangen haben – daraus entwickelte sich, zusammen mit dem Bischofsspiel, das bis heute praktizierte Einlegebrauchtum: In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember werden heimlich Äpfel, Nüsse, Süßigkeiten und Gebäck meist in Strümpfe oder Schuhe gesteckt. 

Mit Geschenken wollte Nikolaus den drei armen Mädchen den Zugang zum Himmel retten. Schenken sei im christlichen Sinne als „Vorgeschmack“ auf den Himmel zu verstehen, sagt Julian Heese. „Nikolaus ist ein Freund der Kinder, die durch ihn das Gute und Schöne kennenlernen sollen.“ Jedes Jahr am 6. Dezember – wenn der Bischof von Myra seine Bühne hat und der Weihnachtsmann Sendepause. 

Anja Sabel

 

Was ist wichtig bei Nikolausbesuchen (in der Pandemie)?

Besuch in einer Wohnung: Der Nikolaus trägt weiße Stoffhandschuhe und unter dem Bart einen Mund-Nase-Schutz. Er hält mindestens zwei Meter Abstand zu den Kindern und Erwachsenen.
Besuch an der Haustür: Der Nikolaus bleibt am Eingang stehen, überbringt die Botschaft und überreicht die vorbereiteten Geschenke. Die Familie singt zu Beginn oder zum Abschied ein Lied.
Im Freien/Garten: Die Familie bereitet draußen den Garten oder an anderer Stelle einen Platz vor, zum Beispiel mit Kerzen, Fackeln, Feuer, Sitzmöglichkeiten. Zur vereinbarten Zeit kommt der Nikolaus dazu, und es kann auf Abstand gesungen werden.
Andere Möglichkeiten: Der Nikolaus geht in einem festem Zeitfenster, aber mit unbekanntem Weg durch das Dorf, die Straße oder den Stadtteil und verteilt Geschenke. Aber auch Nikolaus-Gottesdienste sind möglich.
Kleidung: Der Nikolaus war ein Bischof, deshalb gehören Mitra und Bischofsstab zwingend zum Kostüm. 
Knecht Ruprecht: Die Nikolaus-Botschaft kommt ohne Knecht Ruprecht, Rute und „Sündenregister“ aus. Stattdessen sollten die Nikolaus-Darsteller die Kinder einbeziehen, auf ihre Ängste reagieren und als Vorbilder auftreten. 

Quelle: Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken

 

Weitere Informationen:

www.bonifatiuswerk.de
www.weihnachtsmannfreie-zone.de
www.nikolaus-von-myra.de
www.brauchtum.de