Solidarität mit der Ukraine

Zwischen Sorge und Zusammenhalt

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Friedensgebete, Demonstrationen, Spendenaufrufe: Die Menschen in Deutschland stehen an der Seite der Ukraine.

Foto: kna/Jannis Chavakis
Am vergangenen Donnerstag demonstrierten Menschen in Berlin gegen den russischen Angriff auf die Ukraine vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Foto: kna/Jannis Chavakis


Der Hamburger Erzbischof fand klare Worte. "Die Liebe ist immer stärker als jede Waffe", sagte Stefan Heße am Sonntag in der ukrainisch-katholischen Gemeinde in Hamburg-Neugraben. Drei Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine mag ein solcher Satz manchem naiv erscheinen. Was können Gebete, blau-gelb angestrahlte Wahrzeichen und friedliche Kundgebungen schon ausrichten? Das Gebet, betonte Heße jedoch, sei nicht einfach nur ein Akt der Hilflosigkeit: Es sei Ausdruck des Glaubens und Zeichen gegen den Krieg.

Die Lage in der Ukraine war das prägende Thema des Wochenendes. Erstmals in seiner Geschichte trat der Bundestag an einem Sonntag zu einer Sondersitzung zusammen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer "Zeitenwende"; Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kündigte zusätzliche Finanzmittel für humanitäre Hilfe an. Flüchtlinge aus der Ukraine können nach Worten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit "jeder möglichen Unterstützung" rechnen. Nach Angaben der Johanniter sind am Wochenende erste Flüchtlingsfamilien in Deutschland angekommen.

Auch in der Bevölkerung ist die Solidarität offenbar groß - und die Spendenbereitschaft. Der Krieg sei auch für viele Deutsche ein Schock, "aber die große Solidarität, die wir von unseren Spenderinnen und Spendern für die Hilfszentren unserer Caritas-Kollegen in der Ukraine erfahren, ist überwältigend", sagte der Leiter von Caritas international, Oliver Müller. Hilfswerke und Gemeinden sammeln derzeit auch Lebensmittel, Kleidung und Medikamente.


Große Friedenskundgebung in Berlin

Rund 120.000 Menschen beteiligten sich laut Medienberichten an einer zentralen Friedenskundgebung in Berlin. Dazu hatten die Kirchen, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen eingeladen. "Das Blut, das in der Ukraine vergossen wird, schreit zum Himmel", sagte dort die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus. Es gelte weiterhin, an der Seite der ukrainischen Bevölkerung zu stehen - und auch an der Seite jener Menschen in Russland, die sich gegen den Krieg stellten.

An zahlreichen Orten fanden zudem Friedensgottesdienste, Andachten und Gebete statt. Die russische Invasion laufe dem Völkerrecht und der christlichen Friedensethik zuwider, hatte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, dazu erklärt. Und auch er wandte sich gegen ein Gefühl von Ohnmacht: "Unsere Bestürzung und Beklemmungen angesichts des Krieges tragen wir im Gebet vor Gott, der sich am Ende immer als mächtiger erweist als die Mächtigen dieser Erde."

Neben diesen Zeichen der Hoffnung berichten Politiker und Religionsvertreter auch von Entsetzen und Fassungslosigkeit. Sein Besuch in der Gemeinde der griechisch-katholischen Ukrainer in München sei schon länger geplant gewesen, sagte etwa der Münchner Erzbischof Reinhard Marx: "Dass er unter diesen Umständen stattfindet, hätte ich nie gedacht". Der Kardinal appellierte an Kyrill I., sich bei Wladimir Putin für den Frieden einzusetzen: "Ich bitte inständig den Patriarchen von Moskau, dass er Einfluss nimmt auf diesen Präsidenten, damit der Krieg beendet wird, damit die Waffen niedergelegt werden".


Gottesdienste in Luftschutzkellern

Derweil wird die Lage vor Ort nach Angaben von Hilfswerken immer schwieriger; die Organisationen können psychosoziale Unterstützung aus Sicherheitsgründen mancherorts nur noch online oder telefonisch anbieten. An den Grenzen bildeten sich teils kilometerlange Schlangen, wie es hieß.

In der umkämpften Hauptstadt Kiew wurden unterdessen Gottesdienste in Luftschutzkellern gefeiert. Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk appellierte an die Menschen in aller Welt, "für die Verwundeten, für die Entmutigten, für die Flüchtlinge" zu beten. Ebenso rief Papst Franziskus zu Solidarität auf - etwa zu einem neuerlichen Gebets- und Fastentag am Aschermittwoch. Er telefonierte am Wochenende zudem mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der sich wiederum via Twitter für die Gebete des Papstes bedankte: Das ukrainische Volk spüre den spirituellen Rückhalt des Heiligen Vaters.

kna