Berlins Generalvikar Pater Manfred Kollig über Chancen durch den Synodalen Weg

Eine „Kirche größerer Vielfalt“

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Generalvikar Pater Manfred Kollig im Gespräch
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Foto: Franz-Josef Esser

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Generalvikar Pater Manfred Kollig (rechts), Arnsteiner Patres, im Gespräch.

Die Kirche der Zukunft wird vielgestaltiger werden. Davon ist Berlins Generalvikar Pater Manfred Kollig überzeugt. Er sprach in Falkensee über Chancen durch den Synodalen Weg.

Pater Manfred Kollig von den Arnsteiner Patres war am 27. April im Pfarrsaal von St. Konrad in Falkensee zu Gast, um über die Chancen des aktuellen Reformprozesses in der katholischen Kirche zu sprechen. Der Generalvikar des Erzbistums Berlin stand interessierten Mitgliedern der Pfarrei „Heilige Familie Spandau-Havelland“ zu einem Gesprächsabend über den Synodalen Weg Rede und Antwort. Eingeladen hatte die Gruppe „Synodale Gemeinde/Maria 2.0“. Sie tritt für eine offene, geschwisterliche Kirche ein. Angesichts des Missbrauchs- skandals, der steigenden Kirchenaustrittszahlen und fehlender Gleichberechtigung von Frauen unterstützen die Mitglieder der Gruppe die Reformanliegen des Synodalen Weges.
An der Notwendigkeit von Reformen ließ auch Pater Kollig keinen Zweifel. Derzeit werde in der Kirche manchmal „der Blick auf Gott verstellt“, sagte der Generalvikar. Einige Geistliche hätten „Kinder missbraucht, statt sie zu schützen“, verwies er auf den Missbrauchsskandal. Der Blick auf Gott müsse daher neu „geöffnet werden“. 
Grundpfeiler der Kirche seien natürlich das Evangelium und die Traditionen der katholischen Lehre, stellte Pater Kollig klar, doch sei sie zugleich auch „Kirche in der Welt von heute“. Zwar müsse das keine Anpassung an den Zeitgeist bedeuten, doch müsse sie „unter den Bedingungen der heutigen Zeit“ das Volk Gottes sein. „Ansonsten ist sie wirkungslos oder bewirkt Negatives in den Menschen“, rief der Generalvikar zur Bereitschaft zum Wandel auf.

Deutscher Sonderweg und spalterische Tendenzen?
Als Beispiele für die notwendige Aktualität nannte Pater Kollig die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Vielfalt menschlicher Partnerschaften, aber auch eine breite Skepsis gegen einen „Klerikalismus“. Damit stelle sich auch die Frage: „Wie können Machtstrukturen so verändert werden, dass die Liebe Gottes im Leben eines jeden Menschen stärker gesehen wird als die Sünde?“ Nicht alles lasse sich aus Traditionen aus der Zeit der Bibel ableiten: „Wenn Jesus heute käme, würde er anders handeln“ als damals.

Über diese Fragen werde in der Kirche überall auf der Welt diskutiert, wandte sich Genreralvikar Pater Kollig gegen Behauptungen eines „deutschen Sonderweges“ oder gar „spalterischer“ Tendenzen im Synodalen Weg. Zwar gebe es unter den Mitgliedern der Vollversammlungen „unterschiedliche Bilder von Kirche“. Theologisch seien aber all diese „Definitionen“ korrekt, oft beträfen sie nur unterschiedliche Aspekte von Kirche. Auch sei es für die Kirche in Deutschland ein angemessenes Vorgehen, „sich zunächst mit der Lage in Deutschland zu beschäftigen“.

Geplante Segnungen als Verstoß gegen die Lehre?
Ob die gefassten Beschlüsse des Synodalen Weges zu mehr Mitspracherechten von Laien oder zur Segnung auch von homosexuellen Paaren oder wiederverheirateten Geschiedenen nicht den Lehren der Kirche widersprächen, wurde kritisch gefragt. Zweifel gab es auch an der Legitimität des Beschlussverfahrens.
Pater Kollig wies dies entschieden zurück. Dogmen würden nicht in Frage gestellt, aber Fragen an Dogmen gestellt. Das sei völlig legitim. Im Erzbistum Berlin werde derzeit ein zentrales synodales Gremium (teils als Ersatz für bestehende Gremien) vorbereitet, um Beschlüsse des Synodalen Weges, soweit möglich, auf Bistumsebene umzusetzen. Segensfeiern für Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung wolle Erzbischof Heiner Koch wohl zulassen, allerdings Priester auch nicht verpflichten, solche Feiern anzubieten. Über diesen Punkt werde aber noch beraten.

Hinhalte-Taktik und Verwässerung?
Andere Teilnehmer machten keinen Hehl aus ihrer Ungeduld anlässlich des langsamen und zögerlichen Reformprozesses, der zudem in vielen Punkten von Genehmigungen aus Rom abhängig ist. Auch seien viele Reformansätze auf der Synodalversammlung zuletzt wieder verwässert worden. Aus der Forderung nach Zulassung von Frauen zu Weiheämtern beispielsweise sei dann nur ein unverbindlicher Prüfauftrag geworden.
Pater Kollig äußerte Verständnis für manche Enttäuschung, mahnte aber zu einem langen Atem. Es sei wichtig, „auch dann einen Apfelbaum zu pflanzen, wenn man dessen Früchte vielleicht nicht mehr selbst ernten kann“, sagte der Generalvikar. Die Vertreter der unterschiedlichen Gruppen rief er zu gegenseitigem Respekt auf. Nicht eine Vielfalt von Positionen sei das Problem, es gehe „um die Haltung, mit der wir anderen Gläubigen begegnen“.

Von Benno König