Binärcode in Görlitzer Kirche Heilig Kreuz
Viel mehr als Nullen und Einsen
Foto: Ingo Kuzia / Künstler: Helge Warme
Sie ist die älteste katholische Kirche in Görlitz, errichtet Mitte des 19. Jahrhunderts, das Altarbild war ein Geschenk von Ludwig I. von Bayern. Viel Geschichte findet sich also in der Pfarrkirche Heilig Kreuz, doch wenn der Blick der Besucher sich heute auf den Altarraum richtet, fällt zunächst etwas ganz Neues ins Auge: Nullen und Einsen stehen da in scheinbar willkürlicher Reihenfolge an der Wand, heben sich in gold vom dunkelroten Hintergrund ab. Es ist ein Binärcode, das System, das Informationen anhand zweier Symbole darstellt und Grundlage digitaler Informationsverarbeitung wurde. „Frau, siehe, dein Sohn!“ und „Siehe, deine Mutter“ steht da neben dem Gemälde des Gekreuzigten. „Er ist schon lesbar, wenn man einen Computer und das nötige technische Wissen dabei hat“, betont Helge Warme. Der Künstler, der den Innenraum der Kirche im Rahmen der Renovierung 2018 umgestaltete, hatte auch die Idee der ungewöhnlichen Teppichmusterung. Etwas Zeitgemäßes wollte er schaffen und doch an die Tradition der Kirchenkunst anknüpfen. „Die Rückwand der Apsis sollte schon immer den Altarraum verkleiden und die zentralen Orte Tabernakel, Altar und Kreuz hervorheben, meine Gestaltung erfüllt all dies“, betont Warme und erklärt: „Ich habe Lasur- und Schablonenmalerei angewandt. Das ist eine der ältesten bekannten Maltechniken.“ Die Neuinterpretation traditioneller Kunst stieß nicht nur auf Begeisterung, der Brandenburger erinnert sich an Auseinandersetzungen in den Pfarrgremien, die teils aggressiv und diffamierend geführt wurden. Doch die Mehrheit der Entscheidungsträger stützte ihm schließlich den Rücken. „An meinem Werk kommt man nicht ohne eigene Meinung vorbei. Das ist ein Gütezeichen für Kunst“, sagt Helge Warme heute mit Stolz in der Stimme und erinnert sich besonders an die Rückmeldung eines jungen Gemeindemitglieds bei der Wiedereröffnung der Kirche: „Das hat mal etwas mit uns zu tun – endlich!“