Buchtipp

So vielfältig wie die Geschichte selbst

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Familienwallfahrt zur Huysburg 1970
Nachweis

Foto: Archiv TAG DES HERRN/Fotolabor Grambsch

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Der Magdeburger Weihbischof Friedrich Maria Rintelen predigt bei der Familienwallfahrt auf der Huysburg (bei Halberstadt) am 13. Juni 1970. (Titelbild des Sammelbandes „Den Himmel offen halten!“ von Josef Pilvousek)

Der emeritierte Professor Josef Pilvousek hat ein neues Buch mit Beiträgen zur Kirchengeschichte Mitteldeutschlands vorgelegt. Mit seinen Untersuchungen und Situationsbeschreibungen zeichnet er ein differenziertes Bild der Kirche.

Als eine ältere Frau aus der hessischen Rhön 1992 erstmals nach Ostdeutschland kam, äußerte sie erschrocken, dass alles so grau und noch dazu gleich aussehe. Wer damals nur die Fassaden sah, musste unweigerlich zu diesem Urteil kommen. Doch ein Blick auf das, was sich hinter der grauen Front abspielte, offenbarte oftmals das vielfältige Leben der Menschen. Das trifft natürlich auch auf das Gemeindeleben in den katholischen Pfarreien auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zu. 
Wie bunt es dort im positivsten Sinne zuging, zeigt auch der neue Sammelband „Den Himmel offen halten!“. Darin sind verschiedenste Beiträge zur Kirchengeschichte Mitteldeutschlands von Josef Pilvousek, emeritierter Professor für die Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der katholisch-theologischen Fakultät Erfurt, vereint. Mit seinen Aufsätzen, Kurzbiographien, Untersuchungen und Situationsbeschreibungen zeichnet er ein differenziertes Bild der katholischen Kirche vor Ort. Pilvousek verdeutlicht, welche Vielfalt in den scheinbar inaktiven Gemeinden der Diaspora und ihren Institutionen lebte.

Bereicherung für jeden Bücherschrank

Im vorangestellten Geleitwort dankt Erfurts Altbischof Joachim Wanke dem Professor für seine anhaltenden und detaillierten kirchengeschichtlichen Studien, mit denen Pilvousek die Vielschichtigkeit kirchlichen Lebens darstellt. Wie auch in früheren Büchern tut er das mit einer gut verständlichen Sprache. Dadurch macht er seine Erkenntnisse nicht zu einem elitären Hoheitswissen, sondern ermöglicht es jedem interessierten Leser, sich ein differenziertes Bild von der katholischen Kirche in der DDR und den Aufbrüchen nach 1990 zu machen. Daher ist dieses Buch eine Bereicherung für jeden Bücherschrank geschichtlich interessierter Leser.
Durch die thematische Vielfalt der Beiträge bietet das Buch eine kurzweilige Lektüre. Neben den Biographien von bekannten und einer breiten Öffentlichkeit weniger bekannten kirchenlichen Persönlichkeiten finden sich Texte über besondere übergemeindliche Kreise, Betrachtungen zum Wirken verschiedener Ordensgemeinschaften, Bistumsgeschichten, ein Text zur Kirchenmusik … Vor allem die Resümees am Ende der meisten Texte bündeln die Erkenntnisse des Autoren und bringen sie für den Leser noch einmal auf den Punkt.
Im Resümmee des Beitrages „Grundsätze und Erfahrungen des Aktionskreises Halle (AKH)“ schreibt Josef Pilvousek „einige persönlichen Bemerkungen“ und würdigt die Mitglieder des AKH als „Zeugen des Glaubens“. Trotz aller Kritik und innerkirchlicher Probleme, hätten sie stets treu zu ihrer Kirche gehalten. „Für dieses Zeugnis bin ich ihnen dankbar!“, betont er. 
Mit seinem aktuellen Buch tut Pilvousek aber viel mehr. Er bekundet nicht nur seine Dankbarkeit für die Glaubenszeugnisse. Er hält vielmehr die Erinnerung an eine Diasporakirche wach, die ihren Glauben trotz widrigster Umstände lebte und weitergab. Dadurch wird sein Buch selbst zu einem Glaubenszeugnis.

Buchcover "Den Himmel offen halten!"

 

Josef Pilvousek, Den Himmel offen halten! Beiträge zur Kirchengeschichte Mitteldeutschlands (Herausgegeben von Clemens Brodkorb); Aschendorff Verlag; ISBN 978-3-402-24980-2; 29 Euro

Vinzent Antal