Gemeindereferent Oliver Cabrera blickt besorgt auf die Lage in seiner Heimat

„Beten Sie für Nicaragua!“

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Bischof Rolando José Álvarez Lagos betet, umgeben von Polizisten
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Foto: divergentes.com

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Bischof Rolando José Álvarez Lagos wurde wegen seiner Kritik an der autoritären Regierung Nicaraguas im Februar in einem Schnellverfahren wegen Ungehorsams, Untergrabung der nationalen Integrität und weiterer Delikte schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe von 26 Jahren verurteilt. 

Gemeindereferent Oliver Cabrera lebt und arbeitet in Leipzig. Seine Heimat ist jedoch Nicaragua. Daher beschäftigt ihn sehr, wie dort gegen die Kirche vorgegangen wird. Besorgt blickt er auf die Lage im Land.

Die katholische Kirche in Nicaragua befindet sich derzeit in einer äußerst komplexen Lage. Ich verfolge die Entwicklungen über unabhängige Medien, soziale Plattformen sowie Berichte von Freunden und Familienmitgliedern vor Ort.
Seit den Massenprotesten im Jahr 2018, die von der Regierung brutal niedergeschlagen wurden, hat die Kirche wiederholt Bedenken hinsichtlich Menschenrechten, Meinungsfreiheit und politischer Repression geäußert. Ihre kritische Haltung gegenüber der sandinistischen Regierung von Daniel Ortega führte zu Spannungen und Konfrontationen. Besonders schockierend war für mich die Nachricht, dass das Ortega-Regime die diesjährigen Prozessionen und Traditionen während der Fastenzeit und in der Karwoche in Nicaragua verboten hat – ein bisher nie dagewesenes Ereignis in der Geschichte des Landes.
Der Bischof von Matagalpa im Norden Nicaraguas, Rolando Álvarez, sitzt seit einem Jahr im Gefängnis, weil er als „Verräter des Vaterlandes“ angeklagt ist. Er wurde zu 26 Jahren Haft verurteilt, weil er Menschenrechtsverletzungen kritisiert hatte. 

Oliver Cabrera
Gemeindereferent 
Oliver Cabrera
Foto: Privat

Endlich: deutliche Worte des Papstes

Viele Menschen, mich eingeschlossen, haben die Haltung des Papstes zu Nicaragua kritisiert. Warum äußert er sich nicht? Dies war eine Frage, die ich mir oft gestellt habe. Die Überraschung kam im März diesen Jahres, als Papst Franziskus in einem Interview erstmals das Schweigen brach. Der Papst verglich die sandinistische Regierung mit kommunistischen Diktaturen und der Diktatur des Nationalsozialismus. Dies markierte den endgültigen Bruch zwischen Ortega und der katholischen Kirche. Zwei Tage später beendete Nicaragua die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan.
Seit 2018 haben viele Geistliche das Land verlassen müssen. Darunter befanden sich der Nuntius, ein Bischof, 33 Priester, drei Diakone und drei Seminaristen. Auch 36 Ordensschwestern wurden aus verschiedenen Gründen ausgewiesen. Die Regierung hat Eigentum der katholischen Kirche konfisziert, fast alle katholischen Medien geschlossen. Die Sperrung von Bankkonten hat den Betrieb katholischer Schulen und Seminare beeinträchtigt. Vor kurzem hat die Regierung einigen Priestern die Einreise ins Land verweigert, die nach dem Besuch des Weltjugendtages in Portugal nach Nicaragua zurückkehren wollten.

Schlag gegen Universität und Verbot der Jesuiten

Im März ordnete die sandinistische Regierung die Schließung der Caritas sowie zweier katholischer Universitäten in Nicaragua an und beschlagnahmte deren Vermögenswerte. Im August erreichte uns die traurige Nachricht, dass das Ortega-Regime die wichtigste private Universität Nicaraguas, die „UCA“, beschlagnahmt hat. Diese Universität, geleitet von den Jesuiten, ist einer der bedeutendsten historischen Orte in Nicaragua. Kurz darauf wurde der Jesuitenorden faktisch verboten. Die Regierung entzog ihm den Rechtsstatus als zivile Organisation. Dann wurden alle beweglichen und unbeweglichen Vermögenswerte des Ordens von der Generalstaatsanwaltschaft „auf den Namen des Staates Nicaragua übertragen“.
Auch die Kongregation der Schulbrüder von „La Salle“ steht im Fokus der Regierung. Meine tiefen Glaubenserfahrungen habe ich in der Schule der Schulbrüder in meiner Heimatstadt Leon gemacht. Ich war sogar Pre-Novize in der Kongregation. Ich habe noch Kontakt zu den Brüdern und Freunden in den Schulen und sie fürchten die Möglichkeit einer Schließung. Die Kongregation der Schulbrüder ist seit über 100 Jahren in Nicaragua präsent.
Genau weiß ich nicht, was Christen in Deutschland für ihre Mitchristen in Nicaragua tun können. Protest- oder Ermutigungsbriefe als Zeichen der Solidarität sind sicherlich sinnvoll. Doch vor allem andauernde Gebete bleiben nach wie vor dringend notwendig. Denn trotz der Verfolgung setzt die katholische Kirche in Nicaragua ihre pastorale Arbeit fort und kann dafür jede Ermutigung gebrauchen. 

Oliver Cabrera