Kirchliches Fundraising im Erzbistum Berlin

Fundraising mit Herz und Verstand

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Uta Bolze
Nachweis

Foto: Walter Wetzler

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Uta Bolze in einem Beratungsgespräch.

Uta Bolze revolutioniert das kirchliche Fundraising im Erzbistum Berlin, indem sie auf Beziehung statt Bibel setzt. Mit einem klaren Fokus auf Transparenz und nachhaltige Projekte zeigt sie, wie Spendenarbeit auch ohne Druck und moralische Appelle erfolgreich sein kann.

Plakat FundraisingBei Paulus heißt es: „Sie sollen Gutes tun, freigiebig sein und ihren Reichtum gerne mit anderen teilen.“ So würden wohlhabende Menschen das wahre Leben gewinnen. Solche Bibelstellen laden zum Spenden von Zeit, Ressourcen und Geld ein. Auch wenn Uta Bolze sich davon angesprochen fühlt, nutzt sie diesen Text in ihrer Arbeit nicht. „Spenden sammelt man nicht, indem man mit der Bibel winkt“, sagt die 52-Jährige. „Es geht darum, jemanden einzuladen und zu zeigen, welche Angebote wir in den Gemeinden haben.“

Bolze entwickelt das Fundraising für Pfarreien im Erzbistum Berlin. Ihre Stelle wurde 2016 geschaffen. Bolze, Betriebswirtin, kam 2007 mit dem Thema in Berührung und absolvierte eine Ausbildung an der Fundraising Akademie in Frankfurt. Ihre Arbeit im Erzbistum liegt nicht im Finanzbereich, sondern in der Pfarreientwicklung. Bolze unterstützt Gemeinden bei der Finanzierung von Projekten. „Wir müssen die Pfarreien befähigen, selbst so mit Menschen in Beziehung zu treten, dass man sie am Ende auch um Geld bitten kann“, sagt Bolze.

Wenn eine Kirchgemeinde beispielsweise eine Orgel renovieren möchte, sind oft Spenden erforderlich. Bolze fragt zuerst nach dem langfristigen Nutzen des Projekts: Wird dieses Gebäude in den nächsten 20 Jahren noch als Kirchengebäude genutzt? „Es geht auch darum: Was soll an diesem Standort sein? Wie drückt sich unser Kirche-Sein hier aus?“, so Bolze.

Bei einer neuen Orgel geht es um viel Geld. Ein Verkauf des Gebäudes zehn Jahre nach der Renovierung des Instruments wäre unverantwortlich, so Bolze. „Wenn ich an Geld und Kirche denke, denke ich auch an die Ausgaben. Wie verantwortungsvoll gehen wir mit dem Geld um, das uns zur Verfügung steht?“ Der Betriebswirtin sei unverständlich, wenn beispielsweise Kollekten für Heizungskosten gesammelt werden. „Das zeigt, dass an anderer Stelle etwas besser laufen müsste“, sagt sie.

Kinderspielplatz
Kinder auf dem Spielplatz „Arche Noah“ des Begegnungszentrums „mia“ in Löcknitz. Über einen Antrag bei der Aktion Mensch „Ein Stück zum Glück“ konnte dieser Ort entstehen. Ein Fundraisingerfolg, der nur mit viel Einsatz der Verantwortlichen vor Ort möglich wurde. Inzwischen konnten durch weitere Spendenaktionen Bänke aufgestellt werden. Ein Ort der Begegnung der Generationen.   Foto: Klaudia Wildner-Schipek

Sie regt zum Umdenken an, um Projekte effizienter umzusetzen. Man müsse nicht immer gleich einen Turm sanieren und eine neue Glocke einbauen, um die Menschen zum Gebet zu rufen. Vielleicht erreicht man diesen Zweck auch mit einer gebrauchten Glocke, die man mobil auf den Platz stellt. „Das würde dann nur 15 000 Euro statt 50 000 Euro kosten“, überschlägt Bolze. „Das kann ich auch anders argumentieren“, sagt die Fundraiserin.

Bolze hilft bei der Entwicklung von Spendenkonzepten und unterstützt Pfarreien mit praktischen Werkzeugen wie Online-Formularen, Formulierungen oder Layouts. „Wir helfen bei zeitaufwendigen organisatorischen Aufgaben, damit die Pfarrei sich auf den Inhalt konzentrieren kann“, sagt Bolze. Sie betont, dass Beziehungen beim Spendensammeln wichtiger sind als Geld. Bolze erlebte in ihrer Heimatgemeinde, wie Nähe zu Projekten zu mehr Spenden führte, beispielweise, als für ukrainische Flüchtlinge in der Gemeinde gesammelt wurde. „Da konnten wir uns vor Scheinen im Kollektekörbchen gar nicht retten.“

Regelmäßige Briefe bedeuten manchen alles

Es brauche Nähe und Beziehung, um Menschen um Geld zu bitten. Daher der Tipp der Betriebswirtin: Nicht nur aktiv werden, wenn Geld gebraucht wird, sondern mit gleichem Einsatz auch jenseits vom Spendenprojekt mit Gemeindemitgliedern im Kontakt bleiben.

Uta Bolze nennt das Mitgliederkommunikation. Regelmäßige Briefe, die das Angebot der Pfarrei aufzeigen und in denen klar und ohne Druck um Spenden gebeten wird. Die Kirche habe eine gute Ausgangslage, denn: „Als Kirche haben wir eine hohe Verbundenheit von Menschen, die spenden“, sagt Bolze. Die Response auf ein Mailing, so die Fachsprache, also die Rückmeldungen auf Briefe oder andere Aufrufe, liege bei etwa fünf bis sechs Prozent. „Das wäre für gemeinnützige Organisationen zum Beispiel aus dem Umwelt- oder Naturschutzbereich unerreichbar“, sagt Bolze. Es seien vor allem Frauen über 70, die spenden. Dass älteren Gemeindemitgliedern diese Briefe besonders wichtig sind, erlebt Bolze immer wieder. Die Briefe werden lange aufbewahrt. Es sei schon vorgekommen, dass eine verstorbene Person die Gemeinde in ihrem Testament bedacht hat. „Selbst, wenn dieser Mensch das nicht gemacht hätte“, betont Bolze, „Das lange Aufbewahren der Briefe zeigt, wie viel den Menschen der Kontakt und die Beziehung bedeuten.“

Collage
Eine Collage von Briefen aus dem Repertoire der Mitgliederkommunikation, die zu Ostern 2023, Weihnachten 2023 und Pfingsten 2024 versandt wurden. Das Angebot wurde von einigen Pfarreien genutzt. Sie wurden bei der individuellen Gestaltung ebenso unterstützt, wie beim Dank und der Erstellung der Zuwendungsbestätigung.  Foto: Martina Richter

Wie dieser Kontakt aussehen kann, zeigt Bolze mit einem eigenen Newsletter. Per Mail verschickt sie Informationen, Spenden- und Fördermitteltipps. Ihre Mails wirken wie ein digitaler Bauchladen für das Erzbistum: Wer will, kann sich bedienen und sich einbringen. Manchmal brauche es Zeitspenden, fachliche Beratung und manchmal eben Geld. „Es geht dabei nicht darum, goldene Wasserhähne zu finanzieren“, so Bolze, „sondern Projekte, die vor Ort gebraucht werden und über den Gartenzaun hinaus wirken“.

Wichtig sind Dank und Transparenz

Die Berliner Pfarreien sammeln regelmäßig Spenden für verschiedene Projekte, wie Orgel- oder Glockenprojekte sowie die Arbeit der Sozialarbeiter. Jede Spende, unabhängig von ihrer Höhe oder Verwendung, wird geschätzt und verdient Dankbarkeit.

Kirche St. Peter und Paul in Potsdam
Die Kirche St. Peter und Paul in Potsdam soll als Ort des Gebetes und der Ruhe für alle geöffnet werden, die in Potsdam unterwegs sind – Einwohner, Touristen und Sinnsucher. Uta Bolze unterstützt bei der Planung und Finanzierung des Konzeptes.
Foto: Constantin Beyer

Bolze betont die Wichtigkeit, transparent zu kommunizieren, wofür Gelder gesammelt werden und wie viel gespendet wurde. Klarheit und Transparenz sind entscheidend, um Vertrauen aufzubauen. Auch bei Gottesdienst-Kollekten. Monatsplakate kündigen zukünftige Kollekten an, während Dankesplakate die gesammelten Beträge veröffentlichen, um Nähe und Vertrauen zu schaffen. „Das Geld, das wir geben, wird zum Segen für andere eingesetzt. Es geht nicht um Betteln, sondern um eine klare Unterscheidung und Transparenz.“

Uta Bolze empfindet es als sinnstiftend, Spenden zu sammeln und Strukturen zu schaffen, die den Gemeinden diesen Prozess erleichtern. Durch Gespräche mit Menschen ergeben sich neue Perspektiven jenseits finanzieller Belange. Bolze sieht das Fundraising auf kirchlicher Ebene noch in den Anfängen und wünscht sich eine stärkere Präsenz bei staatlichen Stellen sowie die Nutzung anderer Fördermöglichkeiten. „Wir haben viele Projekte, die förderfähig sind, aber es fehlt an Zeit und Know-how, um Anträge zu stellen.“ Ein nordostdeutsches Fördermittelforum wurde von ihr ins Leben gerufen, um den Austausch zu fördern. 

Wenn es um Geld geht, geht es der Berliner Funraiserin um Beziehung. Oder, wie es die drei konstanten Überschriften am Ende ihrer Newsletter ausdrücken: Miteinander. In Verbindung. Bleiben.

Luise Binder
Alles rund um das Thema Fundraising im Erzbistum Berlin: kurzlinks.de/i7s7