Anstoß 36/2023

Superstars der Kirchengeschichte

Sie stehen als Statuen in und auf Kirchen und sind weltweit populär: die Apostel Jesu. Einer frömmer als der andere. Stimmt das? Keineswegs. Die Bibel schildert sie auch als recht naiven Haufen von Männern, die manchmal nicht recht den Durchblick haben und denen das Menschenübliche passiert.

 Eine wunderschöne Geschichte, in der einige Apostel die Übersicht komplett verlieren, schildert der Evangelist Markus: Die Jünger waren unterwegs, da traten Jakobus und Johannes zu Jesus und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Dürfen wir später im Himmel die Ehrenplätze an deiner linken und rechten Seite bekommen? Für Jesus scheint das eine ausgesprochen törichte Frage zu sein. Er antwortet außergewöhnlich scharf: Ihr wisst nicht, was ihr bittet, könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke? Außerdem kann ich da gar nichts machen. Es ist Gott selbst, der die Plätze da oben vergibt.

Guido Erbrich
Guido Erbrich
Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim Mitteldeutschen Rundfunk

Schnell bekommen die anderen Apostel Wind von dem Gespräch. Sie sind nun ebenfalls sauer und gekränkt. Vermutlich hatten sie genauso gehofft, dass ihr Einsatz für Gottes Himmelreich besonders belohnt wird. Jesus macht seinen Gefährten aber deutlich, um was es bei seiner Nachfolge geht: Wer unter euch groß sein will, soll euer Diener sein. Wer unter euch der Erste sein will, soll der Knecht aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern, dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele. 
Salopp gesagt: Jesus fordert seine Jünger und damit auch uns auf, mehr mit dem Herzen zu schauen. Niemanden aus dem Blick verlieren, sich nicht über die erheben, deren Glaube anders ist als unserer. Denn das Beispiel Jesu zeigt deutlich: Gerade dort, wo wir selbstgerecht Ausschlusskriterien gegen andere aufbauen und uns über sie erheben, ist seine Zuwendung diesen vermeintlichen Sündern gegenüber besonders groß. Es ist also angesagt und „wahrlich christlich“, mit dem Herzkompass durchs Leben zu gehen. Dann müssen wir uns über die Sitzplätze im Himmel auch keine Sorgen machen.

Guido Erbrich