Herbstvollversammlung des Erfurter Katholikenrates
Menschenwürde ist Maßstab
Foto: Eckhard Pohl
Angesichts der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation und des „Thüringer Wahljahres 2024“ hat sich der Katholikenrat zu „Verantwortung, Fairness und Demokratie“ im gesellschaftlichen Miteinander bekannt. Wie es in einer bei der Herbstvollversammlung am 27./28. Oktober in Erfurt verabschiedeten Erklärung des höchsten Laiengremiums des Bistums heißt, nehmen Katholiken in der Gesellschaft „gefährliche Tendenzen“ wahr: „Menschen werden diskriminiert und ausgegrenzt. Überwunden geglaubte Menschenfeindlichkeit erhält Platz und Stimme. Die Grenzen des Sag- und Denkbaren werden ständig verschoben.“
Für Katholiken müsse hingegen das christliche Menschenbild Richtschnur sein: „Der Mensch mit seinen Stärken und Schwächen zählt. Vielfalt ist keine Bedrohung, sondern ein positiver gesellschaftlicher Wert. Inklusion ist kein Ideologieprojekt, sondern eine erfreuliche Errungenschaft“, heißt es in der Erklärung. Katholiken im Bistum widmeten sich „relevanten Herausforderungen“ wie dem Klimawandel, der Suche nach Wegen zum Frieden und der Frage der sozialen Sicherheit für alle Menschen im Land.
Der Katholikenrat fordert alle politischen Parteien in Thüringen dazu auf, „sich den drängenden, alltäglichen, hoch relevanten Fragen“ der Menschen zu widmen. „Wir fordern Anstand im Diskurs, die Wahrung der Menschenwürde und die Einhaltung der Standards.“ Dies gelte „insbesondere für die AfD, die immer wieder die von uns benannten Kriterien ignoriert“, so das Laiengremium. Der Katholikenrat ruft die Thüringer dazu auf, „sich sachkundig zu machen, sich einzumischen und bewusste Wahlentscheidungen auf der Basis der Menschenwürde beziehungsweise des christlichen Menschenbildes zu treffen“.
Zu der Positionierung lieferte der Politikwissenschaftler und Journalist Andreas Püttmann bei der Vollversammlung mit seinem Vortrag „Rechtspopulismus und Rechtsextremismus als Gefahr für die Demokratie und Herausforderung der Kirche“ entsprechende Fakten.
Das Bistum soll klimaneutral werden
Angesichts der „Zunahme extremer Wetterereignisse weltweit“ und der damit verbundenen „gravierenden Folgen“ für Menschen und Umwelt ruft der Katholikenrat dazu auf, den Klimaschutz im Bistum „noch stärker in den Blick zu nehmen und zeitnah eine Klimaschutzstrategie zu erarbeiten“. Ziel müsse sein, zu einem „ambitionierten Zeitpunkt“ klimaneutral zu werden, heißt es in dem verabschiedeten Aufruf. Der Katholikenrat empfiehlt, noch 2024 einen Klimaschutzmanager anzustellen. Dieser sollte mit Bistumsleitung, Umweltbeauftragtem und den verschiedenen Berufsgruppen und synodalen Gremien die Klimaschutzstrategie mit Ziel der Klimaneutralität erarbeiten. Bischof Ulrich Neymeyr, der zeitweise an der Vollversammlung teilnahm, berichtete davon, dass das Bistum dabei ist, mit Förderung durch Bund und Land einen Klimaschutzmanager anzustellen.
Im Bistum wird über die Einrichtung eines Diözesanpastoralrates nachgedacht. Darin sollen die verschiedenen Gremien wie Priesterrat, Gemeindereferentinnenrat, Vermögensverwaltungsrat und etwa auch der Katholikenrat mit dem Bischof wichtige Fragen im Bistum beraten. Bisherige Überlegungen einer eigens eingerichteten Denkgruppe gingen dahin, dass alle Gremien ein bis zweimal im Jahr an einem Wochenende im Diözesanpastoralrat zusammenkommen, informierte Katholikenrats-Geschäftsführer Felix Hunsicker. Bei einer solchen Zusammenkunft des Diözesanpastoralrates sollten sie gleichzeitig die Möglichkeit haben, in ihren jeweiligen Gremien unter sich zu tagen.
Der Katholikenrat war nun zu einer Stellungnahme zu den bislang entwickelten Ideen aufgefordert: Grundsätzlich wurde der obige Vorschlag begrüßt. Zugleich fragten Katholikenratsmitglieder, in wieweit entsprechende Treffen und dafür notwendige inhaltliche Vorbereitungen für Ehrenamtliche leistbar sind. Vor allem aber stand die Frage nach dem Auftrag eines Diözesanpastoralrates im Raum: Soll er ein Austauschgremium, ein Beratungsgremium des Bischofs oder ein Entscheidungsgremium des Bistums sein? Die Mehrheit der Katholikenratsmitglieder sprach sich dafür aus, ein künftiger Diözesanpastoralrat solle dem Bischof beratend zur Seite stehen.
Bischof Ulrich Neymer berichtete von den Pfarreien Erfurt-Nord und Arnstadt, in denen neue Modelle der Pfarreileitung ohne einen Pfarrer erprobt und dabei gute Erfahrungen gemacht würden. Voraussichtlich werde künftig auch die Pfarrei Sömmerda zu einem solchen Erprobungsraum werden. Hinsichtlich der ihm am Herzen liegenden Einrichtung eines Diözesanpastoralrates sagte der Bischof, er hoffe, dass es gelingt, auf das entsprechende Dokument des Synodalen Weges auf gesamtdeutscher Ebene rechtzeitig zum Abschluss zu bringen, damit sich das Bistum daran orientieren könne.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt befasste sich der Katholikenrat mit dem bevorstehenden Katholikentag 2024 in Erfurt. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob im inzwischen entwickelten Programm die Belange der Menschen in Thüringen und im Osten genügend berücksichtigt und ob genügend Thüringer und Ostdeutsche in den Podien vertreten sind. Für den Vorsitzenden des Trägervereins des Katholikentages, den ehemaligen Erfurter Oberbürgermeister Manfred Otto Ruge (CDU) ist dies nicht der Fall. „Ich und viele andere sind damit nicht zufrieden“, sagte Ruge bei der Vollversammlung. Zuvor hatte Andreas Kratel als Geschäftsführer der Katholikentagsleitung den Stand der Vorbereitungen geschildert, die gut vorangehen würden. Kratel, der auch Leiter der Arbeitsgruppe Katholikentage und Großveranstaltungen beim Zentralkomitee der Katholiken ist, war per Video aus Münster zugeschaltet.
Zu wenig Ost-West-Themen
Neben seiner Kritik an der konkreten Besetzung von Foren sind nach Ansicht von Ruge von Seiten der Katholikentagsleitung „wenig Ost-West-Themen“ in das Programm aufgenommen worden. Die Bistumsbeauftragte für den Katholikentag, Lea Feldhaus, verwies darauf, dass es auf der Kirchenmeile und im Bildungshaus St. Ursula viele Möglichkeiten geben werde, sich etwa über die kirchliche Situation in der DDR und den neuen Bundesländern zu informieren. Katholikenrats-Vorsitzender Reinhard Salzmann und andere fragten nach Möglichkeiten, im Programm des Katholikentages gegebenenfalls noch Korrekturen anzubringen. Inzwischen laufen dem Vernehmen nach entsprechende Gespräche und Bemühungen.