Übernachten mit dem Camper auf kirchlichen Grundstücken

Himmlischer Schlaf

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Übernachtung auf kirchlichen Grundstücken
Nachweis

Foto: Church4Night

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Sieht doch gemütlich aus, das Übernachten auf Kirchengrund.

Viele Kirchen stehen in schönen Gegenden. Und viele haben schöne Grundstücke. „Kann man die nicht touristisch nutzen?“, fragte sich der evangelische Pfarrer Martin Cachej und startete ein Projekt: übernachten an und in der Kirche.

Alles fing mit Corona an. „Wir hatten immer schon mal vor, mit dem Camper zu verreisen“, sagt Martin Cachej, Pfarrer der evangelischen Markus-Gemeinde in Evessen bei Braunschweig. „Als Corona da war, haben meine Frau und ich uns einen kleinen Camper gekauft und es endlich gemacht.“

Das Schöne beim Camper: Man kann an vielen Orten einfach stehenbleiben, um dort zu übernachten, schließlich hat man alles Wichtige – manchmal sogar einschließlich Toilette – an Bord. 

Allerdings sind manche Stellplätze auch weniger schön. „Eines Abends standen wir auf einem geschotterten Stellplatz mit Blick auf Industriegebiet und Autobahn“, erzählt Cachej. „Da haben wir uns gefragt: Warum gibt es keine Stellplätze an Kirchen? Da könnte man doch viel schöner übernachten!“

Also startete Cachej ein Projekt: Church4night heißt es – zu Deutsch: eine Kirche für die Nacht. Ein Vorbild war das „Landvergnügen“, ein Zusammenschluss von Bauernhöfen, die Stellplätze oder Wiesen für einzelne Übernachtungen anbieten. „Ich dachte mir: Wenn die sich zusammenschließen, warum machen wir als Kirchen das nicht auch?“, sagt der Pfarrer und meint das sowohl bundesweit wie ökumenisch.

Mehrere Vorteile hätte das. Zum einen für die Camper. „Kirchen liegen oft wunderbar“, sagt Cachej. „Auf dem Land hat man Kirchen oft an den schönsten Stellen gebaut, aber auch in Stadt gibt es Kirchplätze in toller Lage.“ Zum Übernachten allemal schöner als ein Schotterplatz mit Autobahnblick. Und beschützter: „Mir hat mal eine Frau, die bei uns übernachtet hat, gesagt, ihr gebe der Platz neben der Kirche Sicherheit. Sie fühlte sich auch wegen der netten Nachbarschaft nicht so allein.“ Unter Gottes und der Nachbarn Schutz kann man eben himmlisch schlafen.

Aber auch die Kirchen hätten was davon, sagt Cachej: „Wir können uns als gastfreundliche Gemeinde präsentieren.“ Schon in der Bibel heiße es ja, manch einer habe einen Engel beherbergt, ohne es zu wissen. Zudem könne man seine Kirche zeigen: „Wir bitten die Gemeinden zum Beispiel immer um Infos, was in ihrer Kirche besonders oder sehenswert ist.“ Und schließlich bereicherten Gäste den eigenen Horizont. „Mir macht es jedenfalls Spaß, mit Leuten darüber zu plaudern, wo sie herkommen oder was sie erlebt haben“, sagt Cachej. Keine Seelsorge, nein, aber doch eine Möglichkeit zum Gespräch.

Camper auf Kirchengrundstück
Camper auf Kirchengrundstück. Foto: Chirch4Night MC

Vor gut einem Jahr ist die Internetseite gestartet. Zugegeben: Besonders viele Gastgeber stehen noch nicht darauf. Sechs, um genau zu sein. „Aber wir arbeiten daran, dass es mehr werden“, sagt Cachej. Evangelische wie katholische. Am liebsten von der Nordseeküste bis an den Alpenrand. Oder sogar darüber hinaus. „Es gibt ja auch einige deutsche Auslandsgemeinden.“

Wieso es noch nicht mehr sind? „Es gab total viele positive Rückmeldungen“, sagt Cachej. „Aber wie das so ist: Es dauert, bis alle zugestimmt haben. Und natürlich gibt es auch die ewigen Bedenkenträger.“ Ordnung und Sauberkeit stehen da an erster Stelle. Und die Sorge, dass die Leute etwas kaputtmachen und ihren Müll nicht mitnehmen. Cachej lässt das nicht gelten. „Die meisten Camper sind sehr nette und zuverlässige Leute“, sagt er und verweist auf „ein bisschen Glauben in die Menschen und etwas Gottvertrauen“, der notwendig sei. „Und ein paar Idioten gibt es immer – auch wenn wir unsere Kirchen abschließen und einen großen Zaun drumherum ziehen.“

Auch der organisatorische Aufwand sei überschaubar, sagt der Pfarrer: „Man muss weder Wasser noch Strom noch Toiletten anbieten.“ Im Prinzip reiche es, per E-Mail die Erlaubnis zu erteilen, für ein oder zwei Nächte auf Kirchengrund zu stehen. „Auf der Internetseite steht genau, was die Gäste zu erwarten haben.“

Einnahmen will Cachej mit seinem Projekt nicht unbedingt generieren. „Aber viele Leute lassen eine Spende da“, sagt er. Dort, wo Wasser und Strom angeboten werden, kann natürlich auch eine Gebühr erhoben werden. Aber das sei bislang eher selten. „Mir geht es einfach darum, offen und gastfreundlich zu sein“, sagt er. „Wir haben so tolle Kirchen und so schöne Grundstücke. Warum sollten wir die nicht öffnen für andere?

Susanne Haverkamp

Zur Sache: Camper, die sich für eine Übernachtung interessieren, aber auch Gemeinden, die sich vorstellen können, Gäste zu empfangen, können sich auf der Website informieren: www.church4night.de