Neues Magdeburger Prämonstratenserkloster

Altes schätzen, Neues fördern

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Pater Clemens Dölken
Nachweis

Fotos: Dorothee Wanzek

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Pater Clemens Dölken vor seiner Lieblingsaussicht von der Dachterrasse des Prämonstratenserklosters.

Im neuen Magdeburger Prämonstratenserkloster ist vieles noch im Werden. Prior Clemens Dölken hat aber bereits Vorstellungen davon, was Besucher, die sich für geistliches Leben oder Stadtgeschichte interessieren, hier künftig erleben könnten.

Holzfigur
Noch steht Martin Hoffmanns Statue des heiligen Norbert im Refektorium.

Für den heiligen Norbert wird im neuen Kloster noch ein würdiger Platz gesucht. Der Magdeburger Künstler Martin Hoffmann hat ihn mit Mitra und Spaten dargestellt, herausgehauen aus einer alten Holzbohle, die wahrscheinlich einmal zum mittelalterlichen Straßenbelag gehörte. „Wir mögen diesen Norbert – auch wenn der Spaten nicht so ganz zur Überlieferung passt“, sagt Clemens Dölken. 

Zwar habe der Ordensgründer von Magdeburg aus eine Reihe weiterer Prämonstratenserklöster gegründet, dass er sich dabei unter die Bauleute mischte, scheint aber eher unwahrscheinlich. Vorläufig ist die Skulptur im Refektorium, dem Kloster-Speisesaal, untergekommen.

Um den massiven Holztisch sollen sich dort künftig auch Gäste versammeln, die für eine begrenzte Zeit im Kloster mit den Chorherren beten und arbeiten möchten. Drei Gäste-Appartements stehen für sie bereit, zwei davon barrierefrei. Tradition und Moderne verbinden sich im Leben der Prämonstratenser, das wird im Alltagsleben deutlich, aber auch in der Architektur. Im Refektorium erinnert allenfalls der große Tisch an traditionelle Klöster. 

Statt dicker Mauen und historisch anmutender Gewölbe bestimmt hier viel Glas den Raumeindruck, sorgt für Helligkeit und Transparenz. Durch ein Fenster sind diejenigen, die in der Küche Mahlzeiten vorbereiten, mit denen verbunden, die schon im Refektorium Platz genommen haben. Eine gläserne Wand eröffnet den Blick auf die vorbeifließende Elbe.

Pater Dölken will diese Aussicht noch toppen. Mit dem Fahrstuhl – nach neuen Empfehlungen der Missbrauchs-Prävention von außen einsehbar – führt er auf die Dachterrasse. Das Panorama prägen die Silhouetten der Türme des als Museum genutzten Liebfrauenklosters, des evangelischen Doms, der katholischen Magdalenenkapelle und der Klosterkirche der Prämonstratenser, der St. Petrikirche – ein Bild ökumenischer Nähe, wie sie die Chorherren in Magdeburg anstreben. 

Die Nachbarschaft zur reformierten und zur evangelisch-lutherischen Altstadtgemeinde, die beide ihre Gottesdienste in der nahen Wallonerkirche feiern, hat im Zuge des Klosterneubaus im Projekt „Ökumenische Höfe“ Gestalt bekommen und soll weiter intensiviert werden. Eine wachsende Zahl von  Veranstaltungen läuft bereits ökumenisch, insbesondere in der Studentenseelsorge. 

Ganz pragmatisch helfen sich die Nachbargemeinden gegenseitig mit Räumen und Parkplätzen. Durch einen gerade fertiggestellten Fuß- und Radweg sind sie vor einigen Tagen noch näher zusammengerückt. Bei der künftigen Zusammenarbeit soll der Gedanke der Versöhnung zentral sein. Christen, die sich vor Jahrhunderten gegenseitig als Feinde betrachteten und insbesondere im Dreißigjährigen Krieg erbittert bekämpften, wollen sich heute in Magdeburg gemeinsam für Frieden engagieren. 

Die Wallonerkirche beherbergt beispielsweise bereits seit 2003 das Nagelkreuz von Coventry, mit dem sich in Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg christliche Gemeinden in aller Welt zum Engagement für Frieden und Versöhnung verpflichten.

Pater Clemens Dölken
Clemens Dölken neben Resten der alten Stadtmauer, die auf dem Klosterareal ausgegraben wurden.

Archäologie schafft Verbindungen

Die Prämonstratenser erinnern sich ohne Bitterkeit an den Verlust des für sie so bedeutsamen Liebfrauenklosters. Von dem ging im zwölften Jahrhundert die Gründung aller weiter östlich gelegenen Klosterniederlassungen aus. 

Sie betonen stattdessen ihre Dankbarkeit dafür, dass im Museum die Erinnerung an die Geschichte des Chorherrenstifts bewahrt bleibt, das hier jahrhundertelang lebte. Vor einigen Jahren ließ das Museum den Raum wiedererrichten, in dem der heilige Norbert im Jahr 1134 bestattet wurde. Ein Museumsbesuch darf deshalb nie fehlen, wenn die Prämonstratenser internationale Gäste ihrer Gemeinschaft empfangen. 

Auch den archäologischen Funden, die während des Klosterbaus zutage traten, können Clemens Dölken und seine Mitbrüder Positives abgewinnen – wenngleich die den Bau erheblich verzögert und damit teurer gemacht haben. 

„Die Funde haben unsere Kontakte in die Stadtgesellschaft vertieft, und das ist gut, denn unser Kloster will sich ja nicht nur für die christlichen Magdeburger öffnen“, sagt der Prior. 

Es seien die ältesten Teile der Stadtmauer aus dem zwölften Jahrhundert ausgegraben worden, dazu ein kleiner, gut erhaltener Raum aus romanischer Zeit, Reste des früheren Augustinerklosters, Mauerreste und eine Fäkaliengrube aus der Zeit Otto von Guerickes. 

Die Stadt hat nun vom Elbufer aus einen Hintereingang ins Kloster geschaffen, zu dem Stadtführer mit einem elektronischen Chip Zugang haben. So können sie, ohne die Chorherren herauszuklingeln, die Ausgrabungen zeigen. 

Die so genannte „Romanische Stube“ ist bereits jetzt zugänglich und kann in Zukunft im Sommer von kleinen Gruppen für gemütliche Zusammenkünfte genutzt werden. Der angrenzende „Lutherturm“ wurde bisher nur gegen Einsturz gesichert. Wann die Stadt ihn saniert und wie er fortan genutzt wird, ist noch offen. 

Von diesen Sehenswürdigkeiten und den geplanten Social-Media-Auftritten erhoffen sich die Chorherren viele neue Verbindungen weit über Magdeburg hinaus.

 

Dorothee Wanzek