Katholikentag 2024 rückt näher
„Einen riesigen Schritt wagen!“
Foto: Eckhard Pohl
„,Was verbindest du, was verbinden Sie mit Frieden?‘ Wenn man diese Frage in der Familie, unter Bekannten und Freunden stellt, stößt man zunächst auf ein gewisses Stocken“, hat Markus Karolewski festgestellt: „Wir alle sehnen uns nach Frieden. Aber was Frieden ausmacht, können wir auf Anhieb gar nicht so genau sagen.“
Der Erfurter Karolewski hat das Bild für ein Katholikentagsbanner gemalt. Das Bild wird in den nächsten Wochen auf einem Tuch in Gemeinden und Einrichtungen des Bistums Erfurt und darüber hinaus auf den Katholikentag hinweisen, der vom 29. Mai bis 2. Juni 2024 in der Thüringer Landeshauptstadt stattfindet. Es soll nach dem Willen der Bistums-Verantwortlichen dazu einladen, sich auf den Katholikentag und sein Thema „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ vorzubereiten.
Was macht Frieden aus, was gehört dazu?
„Als ich kurz vor Pfingsten gefragt wurde, ob ich ein entsprechendes Bild entwickeln und malen könnte, sah ich mich mit drei wichtigen Stichworten konfrontiert“, sagt Karolewski: „Zukunft, Mensch und Frieden. Am stärksten hat mich von Anfang an das Wort ,Frieden‘ beschäftigt: Was macht Frieden aus, worum geht es beim Frieden? Und wie stelle ich Frieden in Verbindung mit den Menschen dar?“
Die Friedenstaube wollte Karolewski nicht verwenden. Die Darstellung etwa von Pablo Picasso sei gerade auch in der DDR-Zeit zu oft genutzt worden, meint der 64-Jährige, der von seinem Vater die „künstlerische Ader“ hat und sie seit Kindesbeinen pflegt. So habe er nach einem anderen Motiv gesucht. Bei vielen hörte er sich um. Ein Nachbar, der Karikaturist bei einer Tageszeitung ist, machte ihm sogar einen Entwurf.
„Zunächst dachte ich an Mauern, die wir alle im Kopf haben, und die wir beseitigen müssen, um zu echtem Frieden zu gelangen. Und wollte einen geöffneten Kopf mit einer Mauer drin darstellen“, zeigt Karolewski eine entsprechende Skizze. „Mir kam auch die Idee, mit dem Wort PAX für Frieden ein Bild zu entwickeln. Oder angelehnt an Michelangelo die Hand Gottes und die Hand eines Menschen, die sich berühren, darzustellen. Schließlich kam mir die Idee einer Menschenkette: Menschen, die einander anfassen, sich aneinander festhalten und sich Halt geben. Die verstehen, dass sie nur glücklich sein können, wenn sie gemeinsam leben und handeln und jeder seine Gaben und Möglichkeiten einbringt.“
„Frieden verstehe ich im umfassenden Sinn“, sagt der Erfurter. „Es geht nicht nur darum, dass kein Krieg ist, dass etwa der furchtbare Krieg zwischen Russland und der Ukraine aufhört.“ Es gehe um Frieden in den Familien, um einander Zuhören, um gegenseitige Akzeptanz, um Toleranz. Und um Loslassen. „Nur wenn wir loslassen, können wir unseren Frieden machen: eigenen Besitz loslassen, aber auch eigene Ansichten. Menschen, die einander anfassen, sich als Gemeinschaft verstehen, versuchen und können das“, sagt Karolewski.
Zu der Idee einer Menschenkette seien dann auf seinem Bild die aufgehende Sonne, das weite blaue Meer und die in den Regenbogenfarben gestalteten Schatten gekommen. Sonne und Meer sollen für eine offene, gute Zukunft stehen. „Am Meer ist die Sicht völlig ungehindert und frei“, sagt Karolewski. „Da kann man ins Weite blicken und eine Ahnung von Weite bekommen.“
Wer loslässt, kann seinen Frieden machen
Die Regenbogenfarben in den abstrakt dargestellten Schatten sollen wie die Menschenkette für den Frieden stehen. „Der Mensch muss Frieden mit Gott machen, indem er mit den Mitmenschen in Frieden lebt. Gott bietet diesen Frieden an. Das wird daran deutlich, dass die Schatten auf dem Bild durch ein Licht von oben und nicht von der aufgehenden Sonne erzeugt werden“, sagt Karolewski. Eigentlich seien Schatten ja grau. Aber die Farben betonten die Individualität und Vielfalt der Menschen. Und sie verlaufen ineinander. „So kann sich auch jeder Betrachter fragen: Welche Schatten werfe ich mit meinem Leben? Nutze ich meine Talente und Möglichkeiten im Sinne der Gemeinschaft?“
Ursprünglich habe er nach oben geöffnete Hände darstellen wollen, sagt der Künstler. „Die gemalten Hände bilden aber eher ein Herz als Zeichen der Liebe. Es geht um das Loslassen, die Hände freihaben. Und dies auch im Blick auf eigene festgefahrene Auffassungen oder Ängste.“ Wenn er mal länger mit seinen erwachsenen Töchtern rede, sagen die: „Wir haben nicht so eine Lebensperspektive wie ihr, angesichts von Klimaveränderungen, Überbevölkerung, Wasserknappheit, Kriegen.“ Es gehe ihm nicht darum, diese realen Probleme klein zu reden, so der Vater von vier Kindern. Dennoch gelte es auch, Ängste loszulassen, um gemeinsam handeln zu können.
„Ich bin ein sehr positiv denkender Mensch“ sagt Karolewski. „Ich hoffe, dass das Gute noch kommt, dass wir als Menschen mehr zusammenrücken. Nur gemeinsam können wir glücklich leben und die vielen Probleme bewältigen. Wir sind an einem Punkt, wo es nicht mehr wie bisher weitergeht. Das ganze Machtgehabe und dass sich alles nur um das Geld dreht, bringt die Menschheit nicht weiter. Wir müssen einen riesigen Schritt wagen.“
„Ich wünsche mir, dass das Bild die Betrachter anregt, darüber nachzudenken: Wie sehen meine eigenen Schatten aus? Und wie fasse ich die Menschen rechts und links an? Haken wir uns unter?“ In dieser Hinsicht finde er den Friedensgruß in der Messe ganz wichtig, sagt der engagierte Christ. „Ich muss mich auch umdrehen, um zu sehen, wer hinter mir da ist, wer links und rechts von mir steht, und Frieden wünschen und empfangen. Hilfe dazu kommt von oben.“
Katholikentag als Chance, einander zu bestärken
Karolewski will selbst beim Katholikentag dabei sein. „Die Tage bieten die Chance, einander zu begegnen, sich Mut zu machen und zu sehen, dass man nicht allein ist. Und vielleicht auch mit Nichtchristen gute Gespräche zu führen.“ Im Beruf – Karolewski war Handwerker beim Erfurter Theater – habe er die Erfahrung gemacht, dass nichtchristliche Kollegen ihn letztlich mit seinem Glauben durchaus geschätzt und respektiert haben. „Ich freue mich auf den Katholikentag und hoffe, dass das Banner mit meinem Bild Impulse gibt, sich darauf vorzubereiten“, so Karolewski.