Leipziger Pax Christi-Kongress zum 75. Jubiläum der katholischen Friedensbewegung

Auf der Suche nach Frieden

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Pax Christi-Kongress
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Foto: Silvia Funke
 

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Beim Improtheater kam unter anderem eine Friedenstaube (rechts im Bild) mit den Teilnehmern ins Gespräch. Sie regten zum Diskurs über Frieden und Versöhnung an.

200 Friedensboten kamen vom 19. bis 21. Mai zum Pax Christi-Kongress in Leipzig. Anlässlich des 75. Jubiläums der katholischen Friedensbewegung ging es um Austausch, Begegnung und Gebet für den Frieden weltweit.

Über 50 Kriege und mehr als 200 Krisenherde beherrschen das Weltgeschehen zur Zeit. Da mutet das Motto des Friedenskongresses von Pax Christi am vergangenen Wochenende in Leipzig unter dem Motto „… und sie erlernen nicht mehr den Krieg (Jesaja 2, Vers 4) – Perspektiven für eine Welt ohne Gewalt“ geradezu utopisch an. Seit 75 Jahren steht die katholische Friedensbewegung für aktive Gewaltfreiheit und setzt sich für die Lösung von Konflikten und Versöhnung ein. 

Mit Kerze in der Hand kein Platz für Waffen

„In respektvollem Umgang miteinander sehen wir die Unterschiedlichkeiten in der Herangehensweise zur Lösung von Konflikten. Aus diesen Unterschiedlichkeiten heraus formulieren wir Handlungsoptionen, immer in dem Wissen, dass wir den Frieden vorbereiten müssen“, so Bundesvorstand Gerold König in seiner Begrüßungsrede. Dabei sei Leipzig als Schauplatz der Friedlichen Revolution der ideale Ort für das Zusammenkommen. So wurde beim Friedensgebet in der Nikolaikirche einmal mehr deutlich, dass man mit einer Kerze in der Hand keine Waffe halten kann. 
In Workshops identifizierten die Teilnehmer Zukunftsfragen für die Arbeit von Pax Christi. Dabei ging es etwa um Rohstoffausbeutung, Flüchtlingspolitik, den Nahost-Konflikt oder um Waffenexporte. Graffiti-Künstler illustrierten die Zukunftsfragen an Bauzäunen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Schauspieler der „Improvisionäre“ brachten sie zugleich unter Teilnehmer und Passanten. 
Beherrschendes Thema war der Krieg gegen die Ukraine: „Sicherheiten auch in der Friedensbewegung sind zerbrochen“, stellte der Mainzer Bischof und Präsident von Pax Christi Deutschland, Peter Kohlgraf, fest. „Dennoch bleibt die Friedensperspektive wichtig. Wir brauchen dringend Visionen für eine Welt nach dem Krieg.“ Im Gebet sieht er eine starke Motivation für Versöhnungsarbeit: „Betende Menschen stellen wichtige und notwendige Fragen gegenüber einer Politik und einer Öffentlichkeit, die allein in kriegerischer und militärischer Rhetorik eine Lösung gegebener Probleme sucht.“ 

Ukraine braucht Versöhnung

Einhellige Meinung beim Friedenskongress: Man kann diesen Krieg nicht mit Waffen beenden. Es braucht Menschen, die sich wieder versöhnend die Hand reichen: „Versöhnung entsteht dann, wenn Menschen aufeinander zugehen. Es müssen Verhandlungen geführt werden“, so Gerold König. Man sehe sich da auch dem Evangelium verpflichtet: „Jesus hat Gewaltfreiheit vorgelebt. Das endete am Kreuz. Aber er ist auch auferstanden.“
Argumente im Diskurs über Waffenlieferungen an die Ukraine suchte Hiltrud Schmitz aus Viersen am Niederrhein beim Friedenskongress: „Ich bin letztes Jahr aus der Kirche ausgetreten, weil ich den Umgang mit Missbrauch nicht mehr mittragen kann. Bei Pax Christi engagiere ich mich weiterhin, weil ich mich hier über Friedens­ethik austauschen kann.“ Monika Bossung-Winkler aus dem Bistum Speyer beschäftigte vor allem die Rolle von Frauen in Friedensfragen: „Frauen sind in kriegerischen Konflikten die ersten Opfer. Wenn wir sie stärken und aus der Opferrolle herausholen, können sie mit weiblichen Eigenschaften, wie Gesprächsbereitschaft, Organisationsgabe, Verhandlungsgeschick und ohne das männliche Geltungsbedürfnis, viel im Friedensprozess bewegen.“ Hanne-Margret Birckenbach, emeritierte Politik-Professorin und Konfliktforscherin, definierte Frieden in ihrem Vortrag als Suchbegriff: „Wir müssen jetzt anerkennen, dass die Ausgangslange für Frieden schlecht ist. Einige meinen, das verbessert sich auf dem Schlachtfeld. Das hält aber allem, was wir über Kriegsverläufe wissen, empirisch nicht stand“. Friedensforschung werde aus der Grundannahme betrieben: Es gibt immer eine Perspektive für Frieden, auch wenn man sie noch nicht sieht. 

Silvia Funke