Werksausstellung der Künstlerin und Glaubenszeugin Hildegard Hendrichs
Im Dienst der Frohen Botschaft
Fotos: Eckhard Pohl
„Man braucht etwas Zeit. Je mehr man sich in sie eindenkt, um so besser kann man ihre Arbeiten und die damit verbundene Botschaft verstehen“, sagt Kuratorin Sandra Kästner. „Hildegard Hendrichs hat im Laufe ihres Lebens erkannt: Es kommt darauf an, die Widrigkeiten des Lebens aus Liebe zu Christus anzunehmen und so zu innerem Frieden zu finden, zu vollkommener Freude, wie sie sagt. Dazu will sie mit ihrer Kunst Impulse geben.“
Am 7. Juni wäre die Künstlerin 100 Jahre alt geworden. Das Bistum Erfurt, in dem Hendrichs viele Jahrzehnte lebte und 2013 in Erfurt starb, widmet ihrem Schaffen jetzt eine erste große Retrospektive. Die Ausstellung „Kunst im Dienst der Frohen Botschaft Christi“ ist vom 11. Juni bis 15. September in der Erfurter Kirche St. Nicolai und Jacobi (Schottenkirche) zu sehen. Gezeigt werden 70 repräsentative Werke aus ihrem umfangreichen Schaffen, dazu ein 15-teiliger Kreuzweg, der zur Ausstattung der romanischen Schottenkirche gehört. Allein im Bistum Erfurt gibt es rund 100 Arbeiten von ihr, vor allem in Kirchen, denn ihr Werk ist, abgesehen von frühen Arbeiten, ausschließlich religiösen Themen gewidmet. Weitere 250 befinden sich in kirchlichen Räumen anderer Diözesen und in Privatbesitz.
Ein künstlerisch vielseitiges Werk
Die für die Schau ausgewählten Exponate sind nach inhaltlichen Aspekten zusammengestellt. Einer Einführung zum Entwicklungsweg der Künstlerin folgen die Themengruppen Maria, Heilig-Geist-Sendung, Kreuzigungsgruppen und Altarretabel, Jesus Christus und Franz von Assisi. Jedem Thema sind Arbeiten verschiedener Epochen zugeordnet.
„Hendrichs hat am Anfang experimentiert und dann ihren persönlichen, teils expressiven Stil gefunden“, sagt Falko Bornschein, Kunstgutbeauftragter des Bistums Erfurt. Er hatte die Idee für die Retrospektive und hat sie nun gemeinsam mit Sandra Kästner, die Museums- und Archivleiterin der Stadt Duderstadt ist, und mit Hilfe der Firma Claudius Winter aus Erfurt-Hochheim umgesetzt.
„Wir möchten zeigen, wie vielseitig Hendrichs gearbeitet hat als Holzbildhauerin, Malerin, mit Kupferblech, aber auch als Schöpferin meditativer Gedichte, Lieder und Melodien“, sagt Kunsthistorikerin Kästner. Dabei habe sich ihr Werk im Laufe der Zeit „von einer sehr einprägsamen, oft vom Leiden Christi bestimmten Formensprache hin zu einer sanften Weichheit“ entwickelt. Über Jahre habe Hendrichs intensiv Schmerz, Leid und Opfertod bearbeitet, die Passion sei ihr immer ein wichtiges Thema geblieben. Hintergrund seien sicher Kriegs- und Nachkriegserfahrungen und persönliche Schicksalsschläge. „Doch das Bild des Leidenden, Schmerzerfüllten, Geschundenen und Gequälten wandelt sich in ihr nach eigener Aussage zum Bild des Erlösten, Christus, des Siegers über den Tod.“
Durch vielfache Meditation des Kreuzgeheimnisses Christi, wie sie selbst schreibt, entdeckte sie hinter dem Leid „seine unfassbare Liebe“. Aus dieser gewann sie eine selbst in schweren Situationen tragende, innere Freude, die sich in ihrem Werk niederschlägt. Begeistert vom heiligen Franz von Assisi und dessen Armutsideal war Hendrichs 1946 dem Dritten Orden der Franziskaner beigetreten und hatte 1954 bis 58 auf dem Berg La Verna bei Arezzo gelebt und gearbeitet, einem Ort wichtiger Lebensstationen von Franziskus. Von ihm habe sie vieles gelernt, betonte sie immer wieder.
In ihrem Schaffen, das für sie weithin zugleich Meditation ist, werden ihr wache, offene und oft freundlich einladende Augen und große, hörende Ohren immer wichtiger, zu sehen etwa bei vielen ihrer Christus- und Franziskus-Darstellungen. „Hinzuhören ist für sie ein Aspekt von Barmherzigkeit“, sagt Kästner. „Zugleich werden ihre Bilder immer heller und im Sinne der Frohen Botschaft vom Licht durchflutet.“
Von 1942 bis 1944 hatte die gebürtige Berlinerin auf der Staatlichen Schnitzschule in Empfertshausen (Rhön) die Kunst der Holzbildhauerei erlernt und später 1958/59 zwei Semester an der Düsseldorfer Kunstakademie studieren können. In dieser Zeit begann sie zu malen und Treibarbeiten in Kupfer anzufertigen. Seit 1960 endgültig in Erfurt lebend, wurde ihr Antrag auf Eintritt in den Verband Bildender Künstler 1963 abgelehnt. Entsprechend, so Kunsthistoriker Bornschein, blieb ihre „qualitativ sehr hochwertige Kunst“, die fast ausschließlich in Kirchen zu erleben war, auch unter Kollegen weitgehend unbekannt.
Meditative Texte und Melodien
Unbeirrt von äußeren Entwicklungen schuf Hendrichs ausdrucksstarke Skulpturen, Reliefs, Kupfertreibarbeiten und Malereien im Dienst der Botschaft Christi. Hendrichs sah ihre Aufgabe darin, durch ihre Werke Gott zu loben und das Evangelium zu verkünden.
In der zweiten Lebenshälfte schuf die Künstlerin ergänzend meditative Texte und komponierte Lieder und kleine Instrumentalstücke. Einige sind in der Ausstellung mittels Handy über QR-Codes abrufbar. „Damit bieten wir die Möglichkeit, die Künstlerin auch durch das Hören von Texten und Musik kennen und verstehen zu lernen“, so Kuratorin Kästner.
Beim Verlag Schnell & Steiner Regensburg ist ein von Falko Bornschein herausgegebenes Begleitbuch erschienen (ISBN 978-3-7954-3822-7). Öffnungszeiten: Erfurt, Schottenstraße 11, Montag bis Freitag, 11 bis 19 Uhr; Sonntag, 13 bis 19 Uhr; samstags geschlossen