Soziales Engagement
Mit Gleichaltrigen Gutes tun
Foto: Andrea von Fournier
Nach und nach füllen sich die Plätze im Pfarrsaal der Herz-Jesu-Gemeinde in Berlin Prenzlauer Berg. Gebeugte Menschen schlurfen herein, überwiegend Männer in abgetragen wirkender Kleidung und mit alten Reklamebeuteln in der Hand. Viele frösteln noch, denn draußen herrschen Minusgrade, es liegt Schnee. Die hier zum Aufwärmen kommen, Kaffee und Tee, ein warmes Essen und einen Austausch mit ihren Bekannten erwarten, sind arme Berliner und Obdachlose, die aus der Stadt und oft auch aus Osteuropa stammen.
Slava, Rentnerin aus der Ukraine, die eine Bleibe in Herz Jesu gefunden hat, wärmt sich an einer Kaffeetasse. Mancher hier hat ein Gefäß dabei, um sich etwas zu essen mitzunehmen. Heute sind Mandarinen da, ein Teller mit Schokolade bringt Augen zum Leuchten. Knut verteilt Getränke. Wer Milch oder Zucker in den Kaffee mag, weiß er von den meisten Besuchern schon.
In der kleinen Küche nebenan werkeln einige Helfer mit Messern, Rührlöffeln und Sieben. Es riecht nach Zwiebeln und Lauch. Young Caritas (YC) hat zu Volunteer Days (Freiwilligentage) gerufen, über Newsletter und soziale Medien. Junge Menschen können sich an verschiedenen Einsatzorten engagieren und feststellen, welches Ehrenamt für sie infrage käme.
Mehrmals im Jahr kommt Projektkoordinatorin Liza Ackermann (35) mit Helfern in diese Küche. Natalia, Alexa, Graham und die anderen schnippeln große Mengen Gemüse und Kräuter, sie rühren Dips, schälen Kartoffeln und waschen rote Linsen. Chili sin Carne mit Ofen-Kartoffelecken steht heute auf dem Plan – 40 Portionen.
Verlässlichkeit seit Jahrzehnten
Sie füllen den Kochtopf, der mehr als einen Wassereimer fasst und bereiten Zitronentopping und Schokopudding mit Banane vor. YC engagiert sich hier in einem Projekt, das seit mehr als einem Vierteljahrhundert in der Herz-Jesu-Gemeinde angesiedelt ist. Ehrenamtliche aus ganz Berlin, die wenigsten davon Mitglieder der Gemeinde oder überhaupt einer Kirche, kümmern sich ab Spätherbst zwei Tage in der Woche um Obdachlose und Bedürftige.
Seit Oktober hat „der Heimathafen“ geöffnet, bietet dienstagabends einen Platz zum Essen, Aufwärmen und Austauschen. Hinzu kommt das „Nachtcafé“, das hier von Montag auf Dienstag auch eine Übernachtungsgelegenheit bietet. Zahlreiche mitdenkende Köpfe, fleißige Hände, institutionelle Geldgeber und Spender sind nötig, damit die Hilfe jede Woche aufs Neue angeboten werden kann.
Ulrike und Knut teilen sich Leitung und Organisation, stellen Anträge, haben den Blick fürs Ganze und packen selbst mit an. Zwei Berliner Rotarier-Clubs unterstützen die Hilfe für Obdachlose und Bedürftige seit Jahren, ein Biobäcker bringt seit kurzem übrig gebliebenes Brot, mancher klopft privat an die Tür, um etwas abzugeben. „Viel kaufen wir auch selbst“, erzählt Ulrike. Liza Ackermann muss an diesem Abend los, um Zucker für den Pudding zu holen. Man hätte die Schokolade dafür verwenden können, aber wie alle Helfer sehen, ist die bei den Gästen zum Sofortnaschen begehrt.
Momente der Ruhe, Sicherheit und Wärme
Alexa (23), Studentin aus Moabit, schält Kartoffeln. Sie kommt regelmäßig zu YC-Aktionen. Vor zwei Jahren war sie am Laden der Organisation vorbeigelaufen und hatte im Schaufenster eine Werbung um Ehrenamtliche entdeckt. „Ich hatte Lust, etwas Neues zu tun und meldete mich für den Newsletter an“, sagt sie. Sie ist dabeigeblieben, sucht sich bei den zahlreichen Angeboten mindestens einmal monatlich eines aus, das von Zeit und Inhalt für sie passt. Sich mit Gleichgesinnten für eine gute Sache zu engagieren, eigene Ideen einzubringen, findet sie richtig gut.
Das sehen auch Graham (32) und seine Frau Lena (29) aus Tempelhof so. Dass YC hilft, Bedürftigen in den Kirchenräumen Momente der Ruhe, Sicherheit und Wärme sowie Essen zu ermöglichen, sehen sie als wunderbares Zeichen der Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft.
Young Caritas Berlin hat 2023 zu 88 Veranstaltungen aufgerufen und dafür etwa 3000 junge Helfer gefunden. Infos: youngcaritas.de/berlin