Zweiter „Adoratio-Kongress“ im Kloster Neuzelle
Wie Beten das Leben verändert
Foto: Oliver Gierens
Nach dem gut angenommenen Start im vergangenen Jahr wollten sich die Zisterziensermönche im Kloster Neuzelle in diesem Jahr nochmals steigern: Statt einem Tag dauerte der „Adoratio-Kongress“ diesmal gleich ein ganzes Wochenende. „Adoratio“, das lateinische Wort für Anbetung, gab das Thema des Kongresses vor. Alles drehte sich um die Anbetung Christi im Allerheiligsten Altarsakrament, der konsekrierten Hostie. Und wie bei der Premiere im letzten Jahr war die barocke Stiftskirche wieder gut gefüllt.
Heilige Messe ist „Live-Veranstaltung“
Denn Anbetung und Eucharistie erfordern die persönliche Anwesenheit und Mitfeier, wie Bischof Wolfgang Ipolt in seiner Eingangspredigt deutlich machte. „Grundsätzlich ist die Eucharistiefeier eine Live-Veranstaltung“, sagte Ipolt. „Die kann man nicht woanders in der Ferne miterleben.“ Deswegen sei die persönliche Gegenwart die erste und wichtigste Voraussetzung. „So wie wir jetzt sind, sind wir jetzt hier“, so Ipolt weiter. Es sei nicht entscheidend, ob man wach oder ein wenig verschlafen sei. Die Anwesenheit in der Messfeier müsse der Lust und Laune entzogen sein – und auch der Frage, welcher Priester ihr gerade vorstehe.
Hinzu komme ein zweiter Punkt: Man könne zwar anwesend, aber zugleich teilnahmslos sein. „Actuosa participatio“, die tätige Teilnahme, sei aber ein Schlüsselbegriff des Zweiten Vatikanischen Konzils gewesen. Die Messfeier setze eine aktive Teilnahme der Gläubigen voraus, sie sei niemals „Theater“, bei dem man einfach zuschauen könne. „Teilnehmen heißt: Jeder bringt seinen Glauben, sein Leben mit“, machte der Bischof deutlich. Und einige Anwesende würden ihre Anliegen symbolisch auf den Altar legen. Das eigene Leben mit Freude und Leid könne dort verwandelt werden. „Jedes Gebet und jedes Lied, in das wir einstimmen, ist ein Zeichen, dass wir nicht nur Zuschauer sind.“
Und der Bischof nannte einen dritten Punkt, der für die Teilnahme an der Eucharistiefeier entscheidend sei: Die innere Haltung, ohne die die Eucharistiefeier leer bliebe. „Unser Leben ist die eigentliche und letzte Gabe, die wir immer haben.“ Dabei könnten wir dem einen Opfer Christi nichts hinzufügen. In seinem Sterben habe er ein für allemal das Entscheidende getan, einen größeren Einsatz könne es nicht geben. Wir könnten uns aber an ihn anschließen – mit unserer Bereitschaft, mit unserer Hingabe, zum Beispiel mit dem stillen Gebet „Jesus, dir leb‘ ich, Jesus, dir sterb‘ ich“. So gebe man sein Leben in die Hostienschale mit hinein. „Ich bin sicher, dass durch die Teilnahme an der Messfeier auch in unserem Leben Wandlung geschieht.“
Vom Manager zum Ordenspriester
Wie diese Wandlung geschehen kann, machte unter anderem ein Priester aus den Niederlanden deutlich. Pater Diederik Duzijn gehört zu den „Missionaren der Allerheiligsten Eucharistie“ in Frankreich. Das Ziel der Priestergemeinschaft ist nach eigener Darstellung, sich nicht nur selbst der ununterbrochenen Anbetung zu widmen, sondern auch ein „eucharistisches Apostolat“: Die Gemeinschaft zieht durch die Pfarreien in Frankreich und wirbt dort für regelmäßige Anbetungsstunden – und das offenbar durchaus mit Erfolg, wie Pater Duzijn berichtete.
In seinem Vortrag in der Neuzeller Stiftsbasilika erzählte er vor allem eine persönliche Geschichte. Seine Mutter war im Zweiten Weltkrieg in einem japanischen Konzentrationslager inhaftiert. Ein Priester, der dort ebenfalls gefangen war, habe ihr jeden Tag einen Krümel vom eucharistischen Brot abgegeben. „Ich habe den Krieg erlebt durch die Eucharistie“, habe seine Mutter einmal zu ihm gesagt. „Die Wahrheit des Lebens ist die Eucharistie“, habe sie ihm zudem mit auf den Weg gegeben.
Pater Duzijn wurde erst Manager, mit etwa 50 Jahren gab er sein altes Leben auf und begann eine Priesterausbildung. Eine tiefe Lebenskrise sei dieser Entscheidung vorausgegangen, persönlich, psychologisch und auch spirituell. Wer bin ich? Wer ist Christus? Was will er von mir? Was ist die Wahrheit? Diese Fragen habe er sich gestellt. Und er habe im Internet zum Stichwort „Eucharistische Anbetung“ gesucht – obwohl er die Anbetungspraxis vorher nicht erlebt habe. In einer kleinen Kapelle in Holland fand er sie – und habe eine Erfahrung gemacht, als sich zwischen dem Allerheiligsten Sakrament ein spürbares Band zu seinem Herzen entfaltet habe. Da habe er wirklich gespürt, dass Jesus persönlich anwesend sei – und sein Leben radikal geändert.
„Der Eucharistie habe ich alles zu verdanken: Das Leben mit Gott, das Leben in Gott, das Leben in Christus“, betonte Pater Diederik Duzijn.